Nachtrag
Der von Dr. Leonhard Kasek auf der vorherigen Seite erwähnte Einspruch gegen den B-Plan »Kulkwitzer
See«
ist, aus Platzgründen, bisher nicht von uns veröffentlicht worden. Wir reichen das Schreiben, daß fast
700 Bürger unterschrieben haben, hiermit nach. Die Redaktion
Einsprüche zum Bebauungsplan Nr. 232 »Erholungsgebiete Kulkwitzer See«
(im Ergebnis der Veranstaltung des »Interessengemeinschaft See«
am 02.02.05)
Vorbemerkung:
Das Gebiet des Bebauungsplanes wird durch einen Interessenkonflikt bestimmt: Einerseits ist es
wichtiges Naherholungsgebiet für die Leipziger und wird auch für den Freizeitsport genutzt, andererseits soll der Tourismus
gefördert und das Gebiet dazu für Gäste aufgewertet werden, die übernachten und durch ihre Nachfrage einen möglichst hohen
Umsatz verursachen. Pacht und direkte Einnahmen (Parkplätze, Übernachtungen u.ä.) sollen künftig sicher stellen, dass der
See künftig ohne Zuschüsse der Stadt betrieben werden kann. Das Problem ist aber, dass die Flächen für umsatzstarke
Touristen den Anwohnern entzogen werden. Dazu kommt, dass die Gäste natürlich Ansprüche haben: Ruhe, vandalismusfreie
Erholungsgebiete, Schutz des Eigentums und gepflegte Badestrände. Diese Ansprüche müssen befriedigt werden, wenn sie kommen
sollen. Damit werden den »normalen«
Leipziger Besuchern weitere Flächen entzogen. Der Bebauungsplan
begünstigt eindeutig den Tourismus zu Lasten der Leipziger. Konflikte auf Grund schon jetzt zu wenig Fläche, vor allem im
Strandbereich, werden mit Sicherheit verschärft, wenn der Bebauungsplan, so wie im vorliegenden Entwurf dargestellt,
beschlossen und umgesetzt wird. Das würde vor allem den Grünauern wichtige Naherholungsmöglichkeiten nehmen und damit die
Lebensqualität in Grünau vermindern.
Das Ziel des Bebauungsplanes ist es, wie Vertreter der Stadtverwaltung mehrfach öffentlich betont haben, den See attraktiver zu machen. Fragt sich nur, attraktiver für wen? Wir treten klar für die Interessen der Anwohner, der Vereine und Freizeitsportler ein. Es gibt keinen Grund, den Leipzigern ausgerechnet große Teile des Uferbereiches des stadtnächsten Sees zu entziehen. Viele Leipziger kommen zum See zu Fuß, per Rad oder ÖPNV, die zahlenden Touristen per Pkw. Werden die Leipziger durch die Autotouristen verdrängt, müssen auch sie ins Auto steigen, um an anderen Seen Uferbereiche zu finden, die genügend Platz und Ruhe bieten. Damit wird das Freizeitverkehrsaufkommen erhöht. Mit einer nachhaltigen Stadtentwicklung, die auf kurze, ohne Pkw zu bewältigende Wege setzt, um Verkehr zu vermeiden, hat das nichts zu tun. Eine Realisierung des vorliegenden Entwurfes würde ein vorhandenes Potenzial für nachhaltige Stadtentwicklung regelrecht zu betonieren. Aus diesem Grund treten wir dafür ein, den Kulkwitzer See vorrangig für die Anwohner offen zu halten und neue Einrichtungen für Gäste, die übernachten wollen und mit Pkw anreisen, an anderen Seen um Leipzig zu schaffen, die ohne Pkw nur schwer zu erreichen sind. Solche Seen gibt es um Leipzig herum reichlich. Die folgenden Einsprüche sind diesem Ziel verpflichtet.
- Zwischen dem Zschampert und dem Ufer des Kulkwitzer Sees sollten alle bestehenden Anlagen und Bauwerke
Bestandsschutz erhalten und grundsätzlich keine neuen Anlagen für übernachtende Gäste gebaut werden. Sollten bestehende
Übernachtungsmöglichkeiten sowie der Campingplatz in diesem Gebiet irgendwann in Zukunft nicht mehr genutzt werden können,
sollten diese Anlagen nicht erneuert, sondern aufgegeben und hinter den Zschampert verlegt werden.
Begründung: Es kommt schon jetzt zu Interessenkonflikten zwischen Anwohnern und Touristen, eine weitere Einengung der Uferbereiche würde diese Konflikte verschärfen. Eine Abdrängung der Erholung suchenden Leipziger zu anderen Seen widerspricht dem Prinzip der nachhaltigen Stadtentwicklung, da sie zusätzlichen Freizeitverkehr provoziert. - Der letzte große Spiel- und Sportplatz am Ostufer des Sees, der kleine
»Betonspielplatz«
mit Krake und Fisch an der Tauschule Delphin, im Bebaungsplan SO 11 genannt, soll durch 80 Ferienhäuser und 1 Hotel ersetzt werden. Insgesamt soll diese neue Ferienhaussiedlung eine Fläche von 4800 m2 einnehmen, fast ein halber Hektar. Durch das neue Ferienhausgebiet SO 11 entfällt eine wertvolle Naherholungsfläche mit Sport- und Spielplatz. Insbesondere für Kinder ist dies eine erhebliche Einschränkung, die in der sogenannten Kinderfreundlichkeitsprüfung nicht gebührend berücksichtigt wurde. Wir fordern daher den Erhalt der vorhandenen Sport- und Spielplätze und den Verzicht, im Gebiet SO 11 neue Ferienhäuser und ein Hotel zu bauen. Ein Ferienhaushausgebiet mit Hotel soll, wenn überhaupt, im Anschluss an Lausen zwischen Zschampert und Straße am See ausgewiesen werden.
Begründung: Ein Ferienhausgebiet in SO 11 würde das wichtigste Spiel- und Sportgebiet für Kinder auf der Leipziger Seite des Sees beseitigen und zusätzlich die Freiräume für Spaziergänger und Badegäste aus Leipzig erheblich einschränken. Seit über 20 Jahren findet auf diesem Gelände der Leipziger LVB -Triathlon statt. Nach Errichtung einer Ferienhaussiedlung auf SO 11 dürfte das nicht mehr möglich sein, der Wechselgarten von einer Sportart zur anderen ist dann mit Häusern bebaut und einer Hecke umrahmt. Und die Strecke für die Kindertriathleten durch ein Ferienhausgebiet kann man sich auch nur schwer vorstellen. Eine Ferienhauskolonie an der Straße am See würde zu dem sichern, dass Pkw-Verkehr nicht unnötig in sensible Bereiche des Naherholungsgebietes hineingezogen würde. Am Ortsrand von Lausen wären Hotel und Ferienhäuser auch sehr gut an das ÖPNV-Netz angebunden. Der sich ergebende Weg zum Ufer von 3 bis 5 Minuten ist zumutbar. - Ein planungsfreier Raum inmitten des B-Planes ist mit der ehemaligen LPG-Anlage gegeben. Dieser Bereich ist stark
vermüllt und wird als Altlastenverdachtsfläche eingestuft. Das kann für ein Naherholungsgebiet nicht hingenommen werden.
Wir fordern, diese Fläche voll in den Bebauungsplan einzubeziehen.
Begründung: Zu dieser Fläche, die gegenwärtig ein Schandfleck ist, gibt es dringenden Handlungsbedarf. Das gegenwärtige Öffentlichkeitsverfahren bei der Erstellung des B- Planes bietet darüber hinaus sehr gute Möglichkeiten die Bevölkerung in die Diskussion einzubeziehen. Bei später ohne Bebauungsplan erteilten Genehmigungen zu diesem Gebiet, besteht die Gefahr, dass dies die Öffentlichkeit zu wenig wahrnimmt und dann später Konflikte aufbrechen. Die Fläche sollte als parkartige Grünfläche, ev. mit Sport- und Spielmöglichkeiten bzw. als Wiese für Feste und Events am See geplant werden, jedenfalls nicht versiegelt bzw. mit Gebäuden bebaut werden. - Die in der Vergangenheit angelegten Anpflanzungen am Rodelberg dürfen jetzt nicht in die ökologische Bilanz einfließen.
Wir fordern zusätzliche Ersatzmaßnahmen auf anderen Flächen in Seenähe.
Begründung: Die Anpflanzungen am Rodelberg müssen zwar dringend ergänzt und saniert werden, aber eine Aufwertung für die Natur wäre das nicht. Der Rodelberg hat bereits einen naturnahen Charakter. Damit kann mit Ersatzpflanzungen am Rodelberg der Zweck einer Ausgleichsmaßnahme nicht erfüllt werden: neue für die Natur wertvolle Lebensräume als Ersatz für verloren gegangene Lebensräume zu schaffen. Als Flächen für Ausgleichsmaßnahmen wären u.E. geeignet: die jetzt noch nicht beplante ehemalige Landwirtschaftsanlage, die Ödlandflächen längs der Straße am See oder jetzt als Feld genutzte Flächen längs des Weges von Lausen nach Göhrenz. - Zur Sauberkeit und Ordnung am See sind frei zugängliche Sanitäranlagen in entsprechenden Abständen notwendig. Wir
fordern, dass solche Flächen im B-Plan ausgewiesen werden.
Begründung: Gegenwärtig gelangen größere Mengen von Stickstoff durch beim Baden ins Wasser urinierende Badegäste ins Wasser. Langfristig wird durch diesen Nährstoffeintrag die Qualität des Wassers im See gefährdet. Eine wichtige Voraussetzung um das Urinieren in den See wenigstens einzudämmen ist, dass es in der Nähe aller Strände, an denen gebadet wird, ausreichend öffentlich zugängliche Toiletten gibt. - Der ökologische Wert des Gewässers
»Zschampert«
ist unter den derzeitigen Feuchteverhältnissen stark infrage gestellt. Wir fordern in den Bebauungsplan Maßnahmen mit aufzunehmen, die eine kontinuierliche Wasserversorgung des Zschampert von Göhrenz bis zur geplanten Einmündung der vorgesehenen Freispiegelleitung in Miltitz gewährleisten.
Begründung: Der Bach hat eine wichtige Funktion bei der Vernetzung von Biotopen: Er verbindet Auwald, Elster-Saale- Kanal, Bienitz und Kulkwitzer See miteinander und gestattet Tieren eine gefahrlose Wanderung. In vollem Umfang kann er dieser Funktion nur gerecht werden, wenn kontinuierlich Wasser fließt. Dazu kommt, dass der Bach eine wichtige Gestaltungsfunktion im Naherholungsgebiet hat und das Gebiet für Besucher deutlich aufwertet, allerdings nur mit Wasser. Ein mit hohen Wildstauden zugewucherter Graben wird von der Bevölkerung dagegen als Schandfleck empfunden und lädt zur illegalen Müllbeseitigung geradezu ein. Wir erinnern auch daran, dass das Bett des Zschampert in den letzten Jahren für viel Geld mit Ton abgedichtet worden ist. Ohne Wasser wird diese Tonlage mit der Zeit rissig und von den Pfahlwurzeln der dann wachsenden Steppenstauden durchzogen, damit wird die Tonabdichtung wieder durchlässig. Das in die Abdichtung investierte Geld wäre verschwendet. - Der motorisierte individuale Fremdverkehr im Planungsgebiet soll zurückgeführt werden. Wir fordern dazu, eventuell
nötige neue Parkplätze nur direkt an der Straße am See zuzulassen. Darüber hinaus müssen Wege mit mechanischen
Schutzvorrichtungen ausgerüstet werden, um Unbefugten das Befahren unmöglich zu machen. Das gilt auch für die
Uferbereiche.
Begründung: Illegale KFZ-Touren richten schwere Schäden am See an und stören die erholungssuchenden Spaziergänger erheblich. Ab und zu wird mit dem Fahrzeug bis ans Ufer gefahren und manchmal sogar dort gewaschen. Das stellt eine erhebliche Gefährdung für die Wasserqualität dar. Öl und Kraftstoff kann auch bei Unfällen austreten und ins Wasser gelangen. Um solche Gefahren zu vermeiden, müssen alle Mittel genutzt werden, KFZ-Fahrten am See auf ein absolut nötiges Minimum zu begrenzen und Parkplätze weit ab von Wasser und Erholungsflächen anzulegen, 5 bis 10 Minuten Fußweg vom Parkplatz bis zum Ziel am See sind zumutbar. - Der geplante Festplatz darf nicht versiegelt werden. Es soll eine unversiegelte Festwiese ohne Einzäunungen geplant
werden.
Begründung: Die Festwiese liegt in einem für Naherholung und Spaziergänger wichtigen Gebiet. Wird die Fläche nicht versiegelt und nur bei Bedarf gemäht, kann sich eine artenreiche Blumenwiese entwickeln, die auch außerhalb der Saison, vor allem im Frühjahr, das Gebiet für Besucher aufwertet. Ein nicht genutzter versiegelter Platz wäre eine tote Fläche, die den Charakter des Gebietes stört und Gästen außerhalb der Saison unnötig Raum entzieht. - Bezeichnung
»Private Grünfläche-Badestrand«
auf der Halbinsel in»öffentlich«
umbenennen.
Begründung: Private Badestrände und Grünflächen sollten am See grundsätzlich nicht zugelassen werden. Umzäunungen oder Betretungsverbote sind nur zulässig, um Anlagen und Ausrüstungen zu schützen und auf ein absolut nötiges Minimum zu begrenzen. Das betrifft im Gebiet des B-Planes z.B. die Wasserski-Anlage, Bootsausleihe und die Station der Taucher. Nachtsüber auch den Campingplatz. Davon abgesehen sollte das im Bebaungsplan ausdrücklich vorgesehene allgemeine Begehungsrecht zumindest tagsüber nicht aufgeweicht werden, um den erholungssuchenden Bürgern möglichst viel Raum offenzuhalten und Konflikte zu vermeiden. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich Zugangsbeschränkungen für die Öffentlichkeit ausweiten. Man kann schlecht dem einen verwehren, was dem anderen gewährt worden ist. Auch aus wirtschaftlichen Gründen kann Druck in Richtung Zugangsbeschränkungen für die breite, keine großen Umsätze verursachende Öffentlichkeit entstehen. Die kommerziellen Tourismusanlagen am See stehen in wachsender Standortkonkurrenz mit den entstehenden anderen Bergbauseen um Leipzig (allein im Südraum werden in wenigen Jahren 60 qkm Wasserfläche vorhanden sein, insgesamt rund um Leipzig etwa 200 qkm). Die Gefahr ist real, dass dann den zahlungskräftigen Gästen am See zu Lasten der in der Nähe wohnenden Besucher, die am See wenig ausgeben, immer größere Zugeständnisse gemacht werden, inklusive nur für umsatzstarke Gäste nutzbarer Flächen und Uferbereiche. Solche Exklusivrechte sollten von Anfang konsequent unterbunden werden, auch um zu vermeiden, dass sich potenzielle Investoren Hoffnungen machen, aus denen dann massiver Lobbydruck entsteht, um um jeden Preis zahlende Gäste zu gewinnen, damit sich Investitionen auch unter zunehmendem Konkurrenzdruck amortisieren. Sichere, sich rentierende Investitionen sind vor allem die, die auf die Leipziger Bürger zielen, die nicht am See übernachten, sondern dort»nur«
spazieren gehen, baden, Sport treiben und sich erholen wollen. - Freie Zugänglichkeit des gesamten Uferbereiches für Mitglieder des Anglerverbandes.
Begründung: Da der Anglerverband den See vertraglich als Fischwirt nutzt, haben dessen Mitglieder ein gesetzliches verbrieftes Recht, einen 1 m breiten Uferstreifen überall betreten zu dürfen, auch nachts. Ausnahmen für kurze Uferbereiche, die zum Schutz von Anlagen eingezäunt sind, werden sich mit dem Anglerverband sicher vertraglich regeln lassen. Werden größere Uferbereiche auch gegen die Angler abgesperrt können diese vor Gericht den Zugang erzwingen. - Weitere Forderungen und Spezifizierungen:
- Bestandsschutz für alte Wege und Gebäude (im Uferbereich)
-
Bestandsschutz für Gaststätte
»Seeblick«
, Kiosk»Strandhütte«
u. Minigolfplatz - Erhalt der Wasserrettungseinrichtungen und der Funktion als solcher
- Direkte Festschreibung der Öffnungszeiten der Wegetore am Campingplatz
Begründung: Da viele für die Besucher wichtige Einrichtungen im Bebauungsplan nicht extra erwähnt worden sind, hat das viel Unsicherheit unter den Anwohnern und Nutzern ausgelöst. Deshalb sollte im Bebauungsplan der Bestandsschutz für die oben genannten Einrichtungen noch einmal expressis verbis erwähnt werden. Die Festschreibung der Öffnungszeiten an den Toren schafft für Spaziergänger Sicherheit, sie müssen dann nicht fürchten eingeschlossen zu werden oder vor verschlossenen Toren zu stehen, wenn sie sich an die festgelegten Zeiten halten.
Nach der Beratung der »IG See«
am 2.2.05 zusammengestellt von Frank Albrecht und
Leonhard Kasek