Editorial
Liebe Leserinnen und Leser, Deutschland befindet sich einmal mehr in einem Superwahljahr. Den Anfang machte am 20. Februar der Stadtstaat Hamburg - weiter geht's genau einen Monat später in Sachsen-Anhalt. Aber Moment mal - da war doch noch was?! Richtig - auch hierzulande wurde vor Kurzem gewählt.
Keine Bange: Sie haben es nicht verpasst, unsere parlamentarischen Vertreter der nächsten Jahre zu küren. Nicht alle Sachsen noch nicht einmal jeder Leipziger war stimmberechtigt. Die Qual der Wahl hatten nämlich nur die Grünauer und von diesen nur jene, die am 24. Februar den Weg ins neue Theatrium zum Forum Grünau fanden. In dessen Rahmen fand nämlich die 2. Quartierratswahl statt.
Das 20-köpfige Gremium, das sich seit 2007 um Stadtteil relevante Themen bemüht, setzt sich aus verschiedenen Akteuren
zusammen, von denen einige Institutionen, Gruppierungen oder wichtige Vereine und Initiativen vertreten. Der größere und
meines Erachtens wichtigere Teil des Quartiersrates wird von ganz normalen Bürgern besetzt. Wurden diese für die erste
zweijährige Legislaturperiode kurzerhand vom Quartiersmanagement (dieses hatte den QR einst initiiert) angefragt und
»eingesetzt«
, fand 2009 die erste richtige Abstimmung statt, bei der sich Stadtteilbewohner als
Bürgerkandidaten aufstellen und wählen ließen. Damals war dies zwar nicht mehr, als ein Abnicken der Kandidaten, da genauso
viele von jenen vorhanden waren, wie es Sitze zu verteilen galt. In diesem Jahr kann man nun endlich von einer echten Wahl
reden. Der Konkurrenzkampf war hart: Sieben Anwärter, fünf Sitze, zirka 100 Wähler mit jeweils drei Bällen, sprich:
Stimmen.
Es liegt auf der Hand, dass es dabei Gewinner und Verlierer gab. »Schmerzhafte Stunden«
, wie
Christoph Ahlhaus sie in Hamburg erlebte, gab es für zwei ehemalige Quartiersratmitglieder: Helga Tröger und Hartmuth
Schneider. Max Neumann, als dritter »Altrat«
, verzichtete auf eine weitere Kandidatur. Sie werden durch
Klaus Wagner, der sich in jüngster Vergangenheit in der Bürgerinitiative zur Rettung der S-Bahn-Linie einsetzte, Mario
Klömich und Ursula Beutler ersetzt. Letztere war, um den Faden zur Hamburg-Wahl nicht zu verlieren, der Olaf Scholz des
Abends. Wer weiß, was sie gesagt hätte, wenn ihr ein Mikro unter die Nase gehalten worden wäre.
Zurück zur Politik: Zwei Jahre liegen nun vor den neuen und alten Räten, die die Geschicke ihres Stadtteils mitgestalten möchten. An mehr oder weniger erfolgreichen Verhandlungen oder Bestrebungen kann oder wahlweise muss sich das Gremium fortan messen lassen. Denn bei aller Euphorie über die Einzigartigkeit der Bürgerbeteiligung, die an dieser Stelle überhaupt nicht diskreditiert werden soll - im Gegenteil: Es ist lobenswert, dass es den Versuch der direkten Basisdemokratie gibt und dass dieser nach anfänglichen Akzeptanzschwierigkeiten nun auch im Stadtteil angekommen ist - der nächste Kanzlerkandidat kommt nicht aus den Reihen des Quartiersrates.
Ihre Klaudia Naceur mit einem Augenzwinkern