Ökumenische Kinder- und Jugendchor eröffnet traditionell Grünauer Kultursommer:
Kinderoper »Brundibár«
in der Pauluskirche
Am 23. Juni wird der 17. Grünauer Kultursommer zum zehnten Mal in der Pauluskirche eröffnet - der Ökumenische Kinder- und Jugendchor der Grünauer
Kirchgemeinden Paulus und St. Martin spielt die Kinderoper »Brundibár«
.
Im Laufe der Jahre sind wir ein großes ökumenisches Theaterteam in der Pauluskirche geworden: 70 Kinder, Jugendliche und Erwachsene stehen vor und
hinter den Kulissen. Mit viel Begeisterung, Lust und Liebe wird Musiktheater gespielt. Warum spielt der Chor nun schon zum dritten Mal innerhalb von zehn
Jahren »Brundibár«
?
2003 führten wir das Stück zum ersten Mal zum Grünauer Kultursommer auf. 2005 gingen wir auf Tournee nach Oswiecim/Auschwitz in Polen und spielten dort
im Kulturzentrum für Überlebende des Lagers Auschwitz und für mehrere hundert Schüler. Im März diesen Jahres nun zeigten wir die kleine Oper in der Alten
Börse in der Leipziger Innenstadt innerhalb des Rahmenprogramms »60 Jahre Woche der Brüderlichkeit«
, die zentrale Eröffnungsfeier fand
in Leipzig statt.
Das Motto der Woche: »In Verantwortung für den Anderen«
. Seit 60 Jahren steht die Woche der Brüderlichkeit für das Aufeinanderzugehen
von Juden und Christen in Deutschland, für das Beseitigen von Vorurteilen, für gewagte Versöhnung in unserem Land. Da passte nun
»Brundibár«
gut hinein, schließlich geht es in der Oper um verantwortliches Handeln: Die Kinder Aninka und Pepicek wollen ihrer kranken
Mutter helfen. Aber sie sind nicht stark genug - auf dem Marktplatz lässt der Leierkastenmann Brundibár nicht zu, dass die Kinder singen und sich Geld
verdienen. Schließlich helfen drei ganz gewöhnliche Straßentiere und viele Schulkinder, aber wie, das verraten wir hier noch nicht.
Es gibt aber neben der Handlung noch eine zweite Geschichte - die Geschichte der Oper selbst. »Brundibár«
entstand im Jahr 1938 als
Beitrag zu einem Wettbewerb des tschechischen Bildungsministeriums. Der jüdische Komponist Hans Krása schrieb die Musik zum Text von Adolf Hoffmeister. Die
heimliche Uraufführung in einem jüdischen Waisenhaus in Prag konnte Krása nicht erleben, denn zu diesem Zeitpunkt war er schon im Ghetto Theresienstadt
inhaftiert. Er überarbeitete den ins Ghetto geschmuggelten Klavierauszug und bereitete die Premiere mit namhaften jüdischen Musikern und den deportierten
Kindern des Waisenhauses am 23.09.1943 vor.
»Brundibár«
wurde von 1943 bis zum Herbst 1944 im Ghetto 55 mal offiziell aufgeführt. Zusätzlich fanden unzählige illegale
Aufführungen statt. Die Oper half den Spielern und Zuschauern, Not und Entbehrungen im Ghetto-Alltag kurzzeitig zu vergessen, die Hoffnung auf eine
gerechte Welt und die Kraft zum Weiterleben zu bewahren. 15.000 Kinder und Jugendliche lebten in Theresienstadt als Durchgangsstation für die
Vernichtungslager - nur etwa 100 von ihnen haben überlebt. Hans Krása und die meisten der Mitwirkenden starben im KZ Auschwitz.
Noch ein weiterer Blick in die Geschichte: Am 21. Januar 1942, einen Tag nach der »Wannsee-Konferenz«
in Berlin zur Koordinierung der
Maßnahmen zur Vernichtung der europäischen Juden, wurde ein erster Transport von Juden aus Leipzig nach Riga durchgeführt. Insgesamt gab es bis 1945 elf
Transporte von 1183 jüdischen Bürgern aus Leipzig nach Theresienstadt, Auschwitz, Riga und Belzyce. Im Jahr 2012 jährte sich das Erinnern an den ersten
Transport aus Leipzig zum 70. Mal. Die Werkgeschichte von »Brundibár«
verlangt, sich mit der deutschen Geschichte der
Nationalsozialisten in den Jahren 1933 bis 1945 auseinanderzusetzen. Auch heute, auch in Sachsen gibt es immer noch nationalsozialistische Tendenzen und
Geschichtsverfälschung.
Die Handlung der Oper gibt Raum zum Nachdenken über soziale Fähigkeiten wie Solidarität, Fürsorge, Gemeinschaft, Zivilcourage und Verantwortungsbewusstsein. Für jede Kindergeneration stellt sich die Aufgabe neu, zu erinnern und waches gesellschaftliches und politisch verantwortungsvolles Denken zu erlernen. Menschlich handeln - in Verantwortung für den Anderen.
Wir freuen uns, wenn Sie zahlreich zur Eröffnung des 17. Grünauer Kultursommers in die Pauluskirche kommen: 23.06., 17 Uhr. Im Anschluss sind alle
eingeladen, im Kirchgarten zu feiern. Es gibt frische Gipsy-Swing-Musik mit »Djangophon«
und viel Raum für Begegnung und Unterhaltung
für die Grünauer und ihre Gäste.