Die große Explosion
Am 24. September 1982 - also vor genau 30 Jahren - geschah etwas im noch jungen Stadtteil Grünau, das noch am selben Tag sogar dem Deutschlandfunk einen Bericht wert war.
10.10 Uhr erschütterte eine gewaltige Explosion die nähre Umgebung. Aus den Garagen der Kaserne, direkt an der Lützener Straße, stiegen Flammen auf und Splitter von Granathülsen flogen bis zu 300 Meter weit durch die Luft. Bereits zehn Minuten später war die Feuerwehr am Brandort, die F 87 wurde ab Höhe Tankstelle abgesperrt, die 91., 92 und 93. Polytechnische Oberschule sowie in der Nähe befindliche Kindertagesstätten wurden geräumt, die Eisenbahn- und die Straßenbahnlinie wurden stillgelegt, die Gaszufuhr gestoppt und weitere Sicherheitsmaßnahmen eingeleitet.
Die Kunde verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt und wenig später meldete bereits der Deutschlandfunk das Ereignis. Was war geschehen? Das sowjetische MotSchützen-Regiment hatte in den Garagen entlang der Lützener Straße seine gefechtsbereite Artillerie untergebracht, schwere LKW mit angehängten Haubitzen, beladen mit Teilen des Kampfsatzes, Geschosshülsen und Granaten getrennt. In diesem Gefechtspark brach aus unbekannten Ursachen ein Feuer aus, das bald 18 Garagen erfasste und acht davon mitsamt der Technik und der Munition völlig zerstörte.
Die brennende Munition rief eine Kettenreaktion hervor, die explodierenden Granathülsen schleuderten andere durch die Luft, die nun ihrerseits explodierten. Der Einsatz der sowjetischen Soldaten und der Feuerwehr verhinderte eine größere Katastrophe. Bereits 12.30 Uhr war der ganze Spuk beendet. 15 Uhr konnten alle Sperrmaßnahmen aufgehoben werden. Außer einigen Fensterscheiben hatte es für die Grünauer keine Verluste gegeben (Bericht vom Militärhistoriker Dr. Dieter Kürschner).
Soviel war zumindest den offiziellen Quellen zu entnehmen. Wie groß der Schaden innerhalb der Kasernenmauern war und ob es in den Reihen der dort
stationierten Soldaten Verletzte gegeben hat - darüber wurde allenfalls gemunkelt. Tatsächlich gab es wohl keinen Stadtteilbewohner, dem dieses Ereignis
nicht zu Ohren gekommen wäre. Offizielle Untersuchungen seitens der Volkspolizei und der Staatssicherheit gab es angeblich nicht - obwohl es
unwahrscheinlich anmutet, dass der sonst so rührige DDR-Geheimdienst nicht wenigstens einen »Vorgang angelegt«
hat.
Der ehemalige Grünauer Toralf Gabriel, der die Geschehnisse aus dem 4. Stock in der nahe gelegenen Straße der Bauarbeiter beobachtet und fotografiert hat, berichtet jedenfalls von Besuchen der Staatssicherheit am darauf folgenden Tag. Allerdings habe man - bislang zumindest - keinerlei Unterlagen zu den Ereignissen gefunden, so die Auskunft der Leipziger Außenstelle zur Aufarbeitung der Staatssicherheitsunterlagen (BStU). Was nichts bedeuten muss. Denn zum einen, ist längst nicht alles Material gesichtet.
Vorstellbar sei auch, dass eine solche Begebenheit an zentraler Stelle - also in Berlin - bearbeitet wurde und Unterlagen dementsprechend auch dort zu finden sind. Gerne hätten wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, bereits in dieser Ausgabe ein eventuelles Ergebnis präsentiert. Die Anfrage ist gestellt - die Auskunft lässt leider auf sich warten. Wir bleiben dran.
kmn