Martin Luther und die Reformation
Vor fast fünfhundert Jahren - genauer am 31. Oktober 1517 - schlich der Universitätsprofessor Martin Luther nachts in Wittenberg zur Schloßkirche und nagelte eine Schrift an die Kirchentür: 95 Thesen gegen den Ablasshandel des damaligen Papstes. Vorsichtshalber schickte er sie auch nochmal per Brief an den Erzbischof in Mainz. Das Thesenpapier, welches eigentlich nur als Diskussionsgrundlage dienen sollte, wurde begeistert aufgenommen und zeigte eine ungeheuere Wirkung, die Martin Luther so garnicht gewollt hatte.
Heute schleichen zum 31. Oktober nur Kinder durch die Nacht, die von harmlosen Erwachsenen Süßigkeiten erpressen. Die von den heidnischen Bräuchen überforderten Erwachsenen verschenken inzwischen Reformationsbrötchen an die Kinder. Leider kann man kaum noch welche bekommen, während die Supermarktregale vor Kürbissen zusammenbrechen. Da wurden extra nochmal die Weinachtsmänner, die seit Sommer in den Regalen stehen, ins Lager gekarrt.
Etwas später legte Martin Luther nochmal nach: zuerst bestritt er die Unfehlbarkeit des Papstes, dann rief er dazu auf, den Zölibat abzuschaffen und erklärte abschließend den ganzen Kirchenstaat für überflüssig. Der Papst fand das nicht so lustig und schickte Luther den Kardinal Cajetan auf den Hals. Nach Voruntersuchung und Verhör entging Luther nur durch Kurfürst Friedrich der Auslieferung nach Rom. Später folgte Kirchenbann, die Exkommunikation und die Verhängung der Reichsacht. Luther musste sich zwei Jahre auf der Wartburg in Eisenach verstecken.
Zurück in Wittenberg übersetzte Martin Luther das Neue und das Alte Testament in allgemeinverständlichen Worten in die deutsche Sprache. Die Reformation breitete sich unterdessen weiter aus und führte zu Religionskriegen: vom Schmalkaldischer Krieg bis zum Dreißigjährigen Krieg. 1648, mit dem Westfälischen Frieden, wurden katholische, lutherische und reformierte Konfession gleichberechtigt anerkannt und diese Übereinkunft Bestandteil der Verfassungsordnung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Die Lutherstadt Wittenberg - für 12.20 Euro ab Hauptbahnhof Leipzig mit der Bahn zu erreichen - ist übrigens einen Besuch wert. Man kann das Lutherhaus besichtigen, mit zahlreichen Exponaten aus Luthers Zeit und einer Bibliothek seiner zahlreichen Schriften. Auch die Kirchentür, an die Luther sein Thesenpapier genagelt haben soll, kann dort besichtigt werden.
Lutz Rodenhauser