Kantorin Elke Bestehorn
kreativer, lebendiger Teil der Paulusgemeinde
November. Niesel. Halbdunkel. Nicht gerade Jedermanns Lieblingswetter. Dennoch, eifrig kommen sie angeradelt - die Mitglieder des Kinderchores der Paulusgemeinde. Bringen Mutti oder Vati mit. Brennen voller Ungeduld: Gleich gibt's die erste Probe für das diesjährige Krippenspiel. Freuen sich auf Elke Bestehorn, die Kantorin.
Auch ich habe sie gerade für eine knappe Stunde ganz persönlich kennengelernt und kann die Kids gut verstehen. Vor mir sitzt eine kleine Frau, kaum größer als die Kids, die sie gleich begrüßen wird. Das Haar streng gescheitelt, kaum Schminke, nur geschmückt durch einen auffälligen Ohrring. Understatement? Vielleicht ein bisschen. Man schaut ihr sowieso zuerst ins Gesicht. Sieht die großen interessierten Augen. Spürt die Herzlichkeit, die von ihr ausgeht. Aufmerksam öffnet sie sich dem Gespräch. Berichtet zunächst von ihren Anfängen.
Seit 1997 gehört sie zur Paulusgemeinde. Wuchs hinein in die Aufgaben. Da galt es zunächst, regelmäßig die Gottesdienste zu begleiten. Die Kirchenfeste auszugestalten. Administrative Arbeiten zu erledigen. Planen. Organisieren. Finanzen verwalten. Elke Bestehorn hat Musik studiert. Zunächst Korrepetition, später noch einmal speziell Kirchenmusik. Spielt begeistert Orgel.
Nach dem ersten Studium zieht es sie erst einmal hinaus. Drei Jahre verbringt sie am Theater Halberstadt. Schnuppert Theaterluft. Hat Teil am Entstehen
einer Geschichte. Am Ringen um Text und Intention, am Zusammenspiel. Diese Begeisterung bringt sie mit in ihre Gemeinde. Schon 1998 hat sie die Idee für
eine kirchenmusikalische Neuerung: »Klang - Stille - Raum«
. Die seither fast monatliche Einladung, auch in die Kirche Schönau am Park,
geht nun ins 15. Jahr. Kleine kammermusikalische Kostbarkeiten. Verbunden mit Meditation, die sich nicht nur kirchlicher Themen annimmt.
Lebensthemen werden angeboten, weit über den unmittelbaren Rahmen des Glaubens hinaus. Eine Intention, der sich auch der aktuelle Tag der Stadtgeschichte 2012 widmete: Vom 15. bis 18. November gab eine wissenschaftliche Tagung in Leipzig, sowie Führungen und Exkursionen, Einblicke in die historischen Aspekte und in die Pluralität der religiösen Angebote der modernen Großstadt. Die Evangelisch-Lutherische Pauluskirchgemeinde Leipzig-Grünau wurde im Jahr 1978 gegründet. Sie wuchs in den letzten 30 Jahren mit dem Neubaugebiet und wurde zu einer der größten und vielseitigsten Kirchgemeinden in Sachsen.
Seit 1983 gibt es das Gemeindezentrum in der Alten Salzstraße. Das Gebäude verkörpert in Anlehnung an Worte aus Jeremia 35 die Idee, ein Zelt für das
wandernde Gottesvolk zu sein. Wanderndes Gottesvolk meint: Als Christen und als Kirchgemeinde in Bewegung bleiben, sich nicht verfestigen, auf die Menschen
zugehen. Für die Gemeinde typisch ist die enge Nachbarschaft zur Römisch-Katholischen St. Martinsgemeinde. Von Anfang an war kirchliche Arbeit in Grünau
ökumenisch. »Christen in Grünau«
war und ist das Motto.
Und so war es eigentlich nur folgerichtig, dass auch in der Didaktik und Methodik moderner Kirchenarbeit die Dinge in Bewegung kamen. »Als ich
2001 den Kinderchor gründete, hatte ich sozusagen meine Theaterzeit noch im Blut«
, erinnert sich Elke Bestehorn. Es schien ihr damals unmöglich,
die quicklebendigen Kids im ehrfürchtigen Halbkreis zu drapieren. »Kinder sollen sich bewegen!«
Und so entwickelten sich erste
Spielszenen, kleine szenische Versuche, Gesungenes zu untermalen, lebendiger werden zu lassen.
Inzwischen hat sich diesem Tun Livemusik zugesellt. Ein richtiges Orchester. Muttis nähen begeistert Kostüme. Väter engagieren sich als Beleuchter. Über
die Jahre ist über diese engagierten Ehrenamtler ein gewaltiger Fundus entstanden, Kostüme, Requisiten, Bühnenbilder. Diese Begeisterung ist ein Schatz,
der Elke Bestehorn antreibt, immer wieder ihr Bestes zu geben, neue Ideen zu entwickeln. Das Musical »I have a dream«
und die Kinderoper
»Bundibár«
entstanden - vielgelobt und auch außerhalb des Gemeindezentrums gezeigt.
Seit 2003 eröffnet das Gemeindeteam den jährlichen Grünauer Kultursommer. Der Ritterschlag. Der am Anfang auch mit Ängsten verbunden war - sind wir wirklich gut genug für eine solche Aufgabe? Der aber auch dringend benötigte Aufmerksamkeit und finanzielle Förderung mit sich brachte. Immerhin, OBM Tiefensee und später OBM Jung waren zu Gast. Die enorme Resonanz wiederum beflügelt die großen und kleinen Akteure. Lässt sie immer wieder neuen Ideen entgegenfiebern. Treibt die Kantorin an, weiterhin engagiert mitzutun.
Ist da eigentlich Zeit für Selbstbesinnung, zum Kraftschöpfen? »Ich liebe lange Wanderungen oder ruhige Strände im Urlaub mit meinem
Mann.«
Der promovierte Rechtsanwalt ist selbst begeisterter Musiker, liebt Jazz und Gipsy-Swing. Und wird von seiner quirligen Frau oft genug
eingespannt. Ganz zu sich selbst kommt Elke Bestehorn beim Orgelspiel. »Das mache ich nur für mich«
, genießt sie. Kein Kümmern. Kein
Beüben. Reine Besinnung auf die Musik. Aber spätestens seit der vielgelobten Adaption von Mozarts »Zauberflöte«
im Sommer vergangenen
Jahres wächst da eine Idee. »Anatevka - das wäre noch so ein Traum ...«