»Wir wollen die Menschen zusammenbringen«
Single-Freizeittreff in Grünau gegründet
Donnerstag in einer Erdgeschosswohnung im Andromedaweg 20: In einem Zimmer der Gutburgbibliothek sitzen Ursel Szanto und Margit Franke und warten auf den Rest ihrer Gruppe. Wenig später trifft dieser peu-à-peu ein. Sieben sind es an jenem späten Nachmittag - darunter auch zwei Männer. Die Hähne im Korb.
Im Sommer kam Margit Franke die Idee, einen Singletreff ins Leben zu rufen. Warum? Die Antwort ist einfach: »Ich bin selbst allein stehend und
habe Vieles ausprobiert, um mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Dabei hat es unsere Altersgruppe besonders schwer«
, erzählt die
sympathische Frau geradeheraus.
Mit »ihrer Altersgruppe«
meint sie 40- bis 60-jährige, für die es ihres Erachtens zu wenige Angebote gebe. Junge Leute bräuchten
keine speziellen Anlaufstellen und für die Generation 65 plus gebe es schon ausreichend. Allein, wie sie oft war, vertrieb sich die 61-Jährige oft einsame
Abendstunden am Computer, chattete mit Leuten, denen es ähnlich ging und stellte erstaunt fest: »Viele von denen wohnen gleich um die Ecke - in
Grünau«
.
Dass dies nicht nur eine subjektive Wahrnehmung ist, beweist ein Blick in das statistische Jahrbuch der Stadt Leipzig. So kann man dort unter anderem erfahren, dass rund die Hälfte aller Grünauer Haushalte von nur einer Person bewohnt wird. Sage und schreibe 12.990 Singlehaushalte gab es 2011 im Stadtteil. Tendenz steigend. Zwar sind nicht alle der erfassten Personen gleich Singles und erst recht nicht alle einsam, aber es gibt sie: Die Menschen, die durch widrige Lebensumstände kaum noch Kontakt zur Außenwelt haben, Niemanden kennen, mit dem sie etwas unternehmen, mit dem sie sich austauschen, Kummer und Freude teilen können.
Niemanden, den man einfach mal anrufen und mit ihm quatschen kann. Ursel Szanto, eine kleine Frau mit ungeheuer ansteckendem Lachen kennt die Isolation,
wenngleich aus anderen Gründen. Vor einem Jahr kam sie nach Grünau, kannte keinen und das machte der lebenslustigen Endfünfzigerin wirklich zu schaffen.
Die Idee ihrer Nachbarin hat sie sofort begeistert und sie konnte etwas beisteuern: Erfahrung. »In Grimma, wo ich früher wohnte, hatte ich selbst
den Versuch unternommen, einen derartigen Treff zu gründen. Das ging damals leider schief«
, sagt sie bedauernd. Aber sie habe aus den Fehlern
gelernt.
Die beiden Frauen wissen, was sie wollen und was nicht: Pärchen beispielsweise. Wir wollen natürlich Niemanden ausschließen, aber die Erfahrung hat uns gezeigt, dass Paare sich bei gemeinsamen Aktivitäten eher absondern und das ist ja nicht der Sinn unserer Gruppe. Wir möchten Leute mit gleichen Interessen zusammenbringen, die Kommunikation fördern, die Kontaktpflege erleichtern und die Menschen damit aus ihrer Einsamkeit herausholen. Wie gut das funktioniert und wie einfach man Menschen aus ihrem Schneckenhaus locken kann, stellten die beiden Frauen bei einem gemeinsamen Ausflug um den Kulki fest.
»Das war unglaublich«
, schwärmt Margit Franke mit leuchtenden Augen und meint damit die sagenhafte Verwandlung eines Mitgliedes ihrer
fünfköpfigen Wandergruppe. Nie hätte sie zuvor geglaubt, dass das so ein witziger und unterhaltsamer Mensch sei. Ursel Szanto nickt zustimmend: Es sei
eigentlich so leicht, Kontakte zu knüpfen. Man müsse eben nur den ersten Schritt wagen und dafür gebe es den Treff. Dieser, so betonen beide Frauen
unisono, sei aber kein Verein oder dergleichen. »Wir sind eher so ein loser Zusammenschluss«
, erklärt die Gründerin. »Wer
einmal da war, muss also nicht immer dabei sein. Kann aber.«
Normalerweise treffen sich fünf bis sieben Leute aller 14 Tage, um 17 Uhr in der GUBI im WK 7. Dabei werden vor allem die nächsten Aktivitäten
besprochen. Wandern, Rad fahren, Tanzen, Bowlen, aber auch Kunst und Kultur stehen auf dem Programm der unternehmungslustigen Singles. Ursel Szanto und
Margit Franke sind informiert, was in ihrem Stadtteil so los ist, haben Angebote parat, informieren via Flyer, was die Gruppe erwartet.
»Dabei«
, so wirft die ältere der beiden Frauen ein, »muss man auch schauen, dass es finanziell passt. Die meisten haben nur ein
sehr geringes monatliches Budget, könnten beispielsweise nicht jede Woche ins Ring-Café gehen«
. Und man müsse ja auch nicht alles mitmachen.
Zwanglos eben. Jeder sei willkommen, jeder gut angenommen. Aber den Weg zum Treff müsste jeder zunächst alleine gehen...