Grün-As

Dreimal Neubau - zweimal Abriss

WG Lipsia plant Stadtvillen im WK 8 / Mietergärten müssen weichen

Das war schon eine kleine Sensation, die LIPSIA-Vorstand Wilhelm Grewatsch Ende März vor den Mietern des Sechsgeschossers Zschampertaue 54-60 verkündete: Man wolle den »technisch verschlissenen« Block Anfang kommenden Jahres abreißen und dafür drei neue Häuser errichten.

Der Abbruch ist zwar weniger sensationell im, sich stetig wandelnden Stadtteil, dafür aber der Neubau der Stadtvillen. Denn damit wird erstmals wieder mehrgeschossig gebaut in Grünau - unter anderem auf einer Fläche, die zehn Jahre lang eine so genannte Spekulationszeit überstehen musste und darum brach lag. Wobei brach nicht ganz richtig ist. Denn auf dem Arial, das einst mit Fördergeldern von seinen Beständen befreit wurde, entstanden in den letzten acht Jahren 13 Mietergärten - ein beispielloses Vorzeigeprojekt für die Nachnutzung von Abrissflächen.

Dementsprechend enttäuscht sind die Pächter der kleinen Parzellen, die sich inmitten hoher Bebauung idyllisch wie eine kleine grüne Oase ausnehmen. Viel Liebe, Herzblut und den ein oder anderen Euro haben die Kleinstgärtner in ihren ganz privaten Rückzugsraum gesteckt. Damit, dass ihr grünes Reich einmal wird weichen müssen, haben wohl die wenigsten gerechnet, als sie sich für einen der Gärten entschieden haben.

Bedauerlich findet dies zwar auch Wilhelm Grewatsch, aber: »Dass die Mietergärten so gut angenommen werden, haben wir nicht geahnt. Für uns stand von Anfang an fest, dass dies nur eine Zwischennutzung sein kann und das haben wir vertraglich auch so geregelt.« Für die Wohnungsgenossenschaft stehe das Gemeinwohl an erster Stelle und das hieße im konkreten Fall: Ein Maximum an Aufwertung für den Standort WK 8, wovon alle profitieren.

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WG Lipsia plant Stadtvillen im WK 8

Aufwertung bedeutet das Vorhaben ohne Frage. Der einzig verbliebene unsanierte Block mit 72 Wohneinheiten, der laut Grewatsch einer Investitionssumme von 3,2 bis fünf Millionen Euro bedurft hätte, um ihn gut vermieten zu können, macht Platz für innovative Wohnformen, die nicht nur recht ansehnlich daherkommen. Die Gebäude mit jeweils 17 Appartements von 60 bis 130 Quadratmeter Wohnfläche, Grünanlagen, Balkonen und Terrassen mit Blick auf den Kulkwitzer See, Fahr stühlen und Solarthermen für Wasser und Fernwärme, bieten künftig Wohnkomfort für ein Mieterklientel, wie es der Stadtteil benötigt, um sich dauerhaft zu stabilisieren.

Das sieht auch das ASW so: »Das Vorhaben trägt aus Sicht der Stadt zur gewünschten Diversifizierung (Vielfalt) des Wohnungsangebotes bei«, heißt es in einem Antwortschreiben vom zuständigen Abteilungsleiter Stefan Geiss. Auch Wilhelm Grewatsch bestätigt den Bedarf an hochwertiger Bebauung: »Kurz nachdem wir unser Vorhaben publik gemacht haben, hatten wir bereits über 100 Interessenten für die Wohnungen.« Viele von ihnen kämen nicht aus Grünau, hätten mit dem Stadtteil bislang noch nichts zu tun gehabt.

Damit würde es gelingen, was im Zuge der Stadtteilentwicklung immer herbeigesehnt wurde: Neue, bestenfalls junge Leute und Familien nach Grünau zu locken. Mit diesem Argument sei man sogar bei den von der Freilenkung betroffenen Mietern auf Verständnis gestoßen. Einige von ihnen haben selbst Interesse am Umzug in eines der neuen Häuser und erhalten trotz Warteliste den Vorzug. Ein Vermietungsbüro wurde bereits eingerichtet, Umzugshilfen plus 100 Euro Ummeldepauschale werden von der WG Lipsia nach den Vereinbarungen des Paktes der Vernunft gewährleistet. Bis Ende des Jahres soll der Block leer gezogen sein, bevor er sofort im Anschluss mit Eigenmitteln abgerissen wird und der Neubau der ersten zwei Objekte beginnen kann. 5,6 Millionen Euro kosten diese beiden Häuser, die Bauzeit wird 14 Monate beanspruchen.

Für das dritte Gebäude, eben jenes, für das die Mietergärten weichen müssen, sei zunächst eine Genehmigung beantragt und seitens der Stadt auch wohlwollend reagiert worden. Man wolle, so Grewatsch, dass das alles seinen korrekten Gang ginge. Für die Pächter der Mietergärten kommt am 8. Mai der Tag der Wahrheit. Dann nämlich werden sie in einem Vor-Ort-Gespräch darüber informiert, wie es für sie konkret weiter gehen könnte.

Ob es eine Neuauflage des Nachnutzungskonzeptes an anderer Stelle geben wird, konnte Genossenschaftsvorstand Wilhelm Grewatsch noch nicht in Aussicht stellen, aber man sei in Verhandlung mit dem städtischen Liegenschaftsamt über den Kauf der unmittelbar angrenzenden Freifläche. Dort befindet sich derzeit eine Bolzplatz-Anlage, die allerdings schon längst nicht mehr als solche genutzt wird. Interessant wäre hierbei jedoch, mit welcher Nutzungsauflage das Areal im Bebauungsplan aufgeführt ist. Sollte es sich um eine Fläche handeln, die lediglich begrünt werden darf, dürfte sich das Interesse anderer potenzieller Käufer in Grenzen halten und eine öffentliche Ausschreibung, wie in solchen Fällen erforderlich, zu Gunsten der Lipsia ausgehen.

Während Stefan Geiss zuversichtlich ist, dass an jener Stelle neue Mietergärten entstehen können, bleibt Grewatsch vage: »Noch haben wir die Fläche nicht. Und wenn es dann so weit ist, müssen wir überlegen, was damit geschieht.« Vorstellbar sei beispielsweise auch eine Grünanlage für alle Bewohner.

Klaudia Naceur
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