Ein Tag der Freude
S1 rollt seit 15. Dezember wieder durch Grünau
Der 14. Dezember 2013 ist sein Tag. Die Freude über die Rückkehr der Grünauer S-Bahnlinie ist Klaus Wagner, dem Sprecher der Bürgerinitiative zum Erhalt der S1, förmlich ins Gesicht geschrieben. Umringt von Mitstreitern der vergangenen zwei Jahre und mit einem breiten Dauerlächeln auf den Lippen, genießt er den sprichwörtlich großen Bahnhof an der Endstelle der S-Bahn Miltitzer Allee, wo sich unter strahlend blauem Winterhimmel neben lokaler Politprominenz und Verantwortlichen der Bahn AG vor allem jene zusammengefunden haben, denen die Wiederbelebung des Grünauer Rückgrades ein echtes Anliegen war.
Bevor sich der Tross von reichlich 100 geladenen Gästen - allesamt neongrün bebändelt - zum wartenden Zug in schicker neuer Optik begibt, tritt Klaus Wagner zum ersten Mal an diesem Tage ans Rednerpult:
»Wir haben unsere S-Bahn wieder! Endlich!«
, spricht er den Anwesenden aus den Herzen. Als hätte er nie etwas anderes getan, als Reden zu halten, berichtet er über seine ganz subjektiven
Empfindungen, als die Bahn erstmals durch Grünau rollte - das war 1978 - und als sie zum Erschrecken vieler plötzlich eingestellt werden sollte - beinah auf den Tag genau 33 Jahre später.
Klaus Wagner erinnert an die zurückliegenden zweieinhalb Jahre zwischen Hoffen und Bangen. Wird sie jemals wiederkommen? Versprechungen gab es viele. Wohl auch, weil man merkte, dass sich die leidgeprüften Grünauer für ihre S1 stark machen und so schnell nicht aufgeben. Aber es gab auch Dämpfer, so wie die kolportierten neuerlichen Mittelstreichungen seitens der Sächsischen Landesregierung. Es sollte zum Glück nicht so weit kommen und so ist am 14. Dezember vom tief sitzenden Argwohn vieler Skeptiker nichts mehr zu spüren.
Silbrig glänzen die Wagen in der winterlichen Sonne und laden ein zur allerersten Fahrt mit Zwischenstopp durch den Stadtteil, durch Leipzig, durch den neuen City-Tunnel bis hin zum Hauptbahnhof, wo aus allen Richtungen S-Bahnen eintrudeln. Die Sternfahrt - eine wirklich gelungene Idee der Veranstalter - geriert zum Happening.
Wie beim ersten Schulausflug, nehmen die Fahrgäste die Waggons in Beschlag, streiten sich beinah um die Fensterplätze, plaudern auf- und angeregt, vertilgen von den Servicekräften verteilte Muffins,
»weihen«
die Zugtoilette ein und quittieren das leise schnurrende Fahrgeräusch mit etlichen Ahs und Ohs. Klaus Wagner ist immer mittendrin und strahlt. Selbst der Anblick der leider bis zum
heutigen Tage nicht fertig gestellten Haltepunkte, vermag seine Stimmung nicht zu trüben.
Fröhlich entsteigt er am Allee-Center der Bahn und marschiert gemeinsam mit allen anderen Fahrgästen über die bedenklich volle Brücke zur Rotunde des Einkaufstempels. Dort wird Wagner seine zweite Rede halten und er tut dies abermals mit Bravour. Die vielen Zuhörer schrecken ihn nicht - es ist sein Tag.
Klaudia Naceur