Ort mit Geschichte, aber kaum Erinnerung
Gedenken an Opfer der Todesmärsche / Neue Tafel wird enthüllt
Alljährlich veranstaltet der Bund der Antifaschisten (BdA) am ersten Sonntag im Mai einen Gedenkmarsch, der an das Schicksal der vielen tausend Menschen erinnern soll, die zu Kriegsende aus den unzähligen Internierungs- und Konzentrationslagern auf so genannte Todesmärschen quer durch das gesamte Land getrieben wurden.
2013 fand der Auftakt dieser Veranstaltung zum ersten Male an der Parkallee statt - dem Ort im Stadtteil, der wie kein zweiter in Grünau eine grausame und dennoch weitestgehend unbekannte Geschichte hat.
Hier befand sich kurzzeitig eine Außenstelle des KZ Buchenwald, in dem 500 jüdische Ungarinnen gefangen gehalten und zur Arbeit in nahe gelegenen Fabriken gezwungen wurden (»Grün-As«
berichtete mehrfach darüber).
An sie explizit soll auch eine Gedenktafel im Eingangsbereich der heute beliebten Allee erinnern und darüber hinaus auch auf die einstigen Geschehnisse an diesem Ort aufmerksam machen. Initiiert und gefertigt wurde die Tafel vor nunmehr zwei Jahren von der nahe gelegenen Freien Schule Leipzig, die sich im Rahmen einer Projektwoche mit der Geschichte des Lagers befasste.
Nach Schmierereien musste das Schild jedoch schon nach kurzer Zeit wieder entfernt und aufwendig gesäubert werden, bevor es anlässlich der Gedenkveranstaltung im vergangenen Jahr feierlich übergeben wurde. Lange hat es allerdings nicht gedauert bis sich erneut die ersten bunten Schnörkel und Aufkleber auf der neuen alten Tafel fanden.
Ob nun politisch motiviert, aus reinem Desinteresse, Blödheit oder Zerstörungswut: Zwei Monate nach der Enthüllung war die eindringliche Botschaft auf dem gut ein Meter mal ein Meter großen Schild nicht mehr zu entziffern. Ein Zustand, der nicht nur zahlreiche Grünauer betroffen macht.
In den letzten Monaten konnte der BdA die Fläche, auf der sich die Halterung der Tafel befindet sowie die Halterung selbst von der Stadt Leipzig übernehmen. Die Aktiven der AG »Grünau hat
Geschichte«
, die sich um die Erinnerungskultur an der Parkallee bemühen, kümmerten sich zudem um eine neue, beständigere Variante des Schildes - gemeinsam mit der Freien Schule und dem BdA.
Zum diesjährigen Gedenkmarsch am 4. Mai, der abermals in Grünau gestartet wurde, ist es erneut im Herzen Grünaus installiert und im Rahmen einer halbstündigen Veranstaltung feierlich übergeben worden.
Klaudia Naceur