Editorial
Liebe Leserinnen und Leser, eigentlich wollte ich Ihnen an dieser Stelle wie gewohnt ein gesundes und in jeglicher Hinsicht gutes neues Jahr wünschen. Doch nun gesellt sich ein weiterer Wunsch hinzu. Er drängt sich angesichts der jüngsten Ereignisse in Paris förmlich auf: Friedlich soll es werden.
Für ausnahmslos Jeden. Terror, Gewalt, Kriege, Not und Elend weltweit. Im eigenen Land - quasi vor der eigenen Haustür - droht eine Gesellschaft sich zu spalten, bricht sich laut und energisch Frust Bahn, treten Spannungen offen zu Tage, die man allenfalls geahnt, aber in dieser Dimension kaum für möglich gehalten hätte.
Leipzig hat in Reaktion auf den ersten Auftritt des lokalen PEGIDA-Ablegers am Abend des 12. Januars zig-tausendfach Gesicht gezeigt und sich für eine tolerante und offene Stadt stark gemacht. Das war eindrucksvoll, gut so und unbedingt nötig. Nicht in erster Linie, um das Ansehen Leipzigs zu wahren. Vielmehr war der Wind, der den Islamgegnern an diesem Montagabend wortwörtlich so kräftig entgegen blies, ein beachtliches und auch beachtetes Signal für all jene, um die es eigentlich geht: Flüchtlinge, hier lebende Ausländer und Deutsche mit fremden Wurzeln.
Zwar protestieren PEGIDA-Bewegte mittlerweile gegen alles Mögliche, beispielsweise gegen Autobahn- und GEZ-Gebühren, aber nicht zuletzt der zumindest unreflektierte Umgang mit den Veranstaltungs-Organisatoren verunsichert gerade die Menschen, die ohnehin auf wenig Sicherheiten in ihrer Lebenssituation zurückgreifen können. Umso mehr gilt es, ihnen den Rücken zu stärken und sie willkommen zu heißen.
Das geschieht in Leipzig bereits in vielfältiger und meist leiser Form. Ganz praktisch durch die Übernahme von Patenschaften für Flüchtlinge, manchmal mit der Spende von warmer Kleidung und Spielsachen oder solidarisch mit einer Petition gegen Abschiebungen im Winter oder ganz simpel im Widersprechen alltäglicher Rassismen.
Letzteres ist anstrengend und wird vom Gegenüber meist mit einem blöden Spruch belohnt, die Diskussionen sorgen selbst mit engsten Freunden und im Familienkreis nicht selten für Ärger, genauso oft wird
einem schnell politische Überkorrektheit vorgeworfen. Aber es kann auch einiges bewirken, wenn man mit dem eigenen Sprachgebrauch konfrontiert wird. Fidschies, Asylanten, Zigeuner, »stark
Pigmentierte«
, Vermummte (verschleierte Muslime) ... Die Liste der oft unbedacht geäußerten Diffamierungen ist leider lang, die verbale Herabwürdigung anderer Menschen erschreckend alltäglich.
Dabei ist ein gleichberechtigtes Nebeneinander doch Grundvoraussetzung für ein harmonisches Miteinander. Das zumindest ist meine Idealvorstellung für dieses Land, diese Stadt und dieses Viertel. Ich wünsche ich Ihnen ein friedliches Jahr 2015!
Ihre Klaudia Naceur