Ente Billy am Roten Haus
Hallo liebe Leserinnen und Leser!
Meine Oma hatte Kopfschmerzen und ich bin froh, kein
Menschenkind zu sein. Aber immer der Reihe nach.
Es war einer jener heißen Sommernächte im Juni. Meine Oma und ich, wir konnten beide nicht schlafen vor Hitze. Kurzerhand beschloss meine Oma, dass wir uns doch noch einmal abkühlen könnten, was wir auch taten. So tauchten wir noch einmal in das angenehm kühle Wasser des Kulkis. Wir schwammen dann noch ein Stück, als wir laute Musik und Stimmen hörten. Sofort änderte meine neugierige Oma den Kurs und steuerte direkt auf den Lärm zu.
Ergeben folgte ich ihr wieder, wenn auch ungern, aber ich wusste, dass jegliche Diskussion
sinnlos war. Der Lärm kam direkt vom »Roten Haus«
, das fanden wir sehr schnell heraus. Oma
watschelte unbeirrt aus dem Wasser und lugte neugierig um die Ecke. In der Dunkelheit konnten
wir, dank unserer guten Entenaugen, ein größeres Auto stehen sehen, aus dem ohrenbetäubende
Musik erklang.
Davor stand ein Mann, der mit jungen Menschen redete oder auch nicht. Vorsichtig schlichen
wir näher. »Bestimmt eine Menschenparty«
, flüsterte meine Oma mit schnarrender Stimme. Wir
wurden sofort aufgeklärt, denn ein Pärchen näherte sich ebenfalls diesem Mann vor dem Auto mit
der lauten Musik.
»Was ist denn hier für eine Party?«
, fragte die Frau neugierig, während ihr Freund im
Hintergrund blieb.»Keine Party, ich arbeite hier«
, erwiderte der Mann.
»Wie, sie arbeiten hier?«
, fragte die Frau ungläubig.»Ich bin Streetworker.«
»Und das bedeutet?«
»Ich bin jeden Freitag ab zwanzig Uhr hier, um jungen Menschen zu
helfen, wenn sie Rat oder Hilfe brauchen.«
Die Frau musste lachen. »Meinen Sie vielleicht Hilfe und Rat bei Alkoholproblemen?«
»Möchte Sie einen Tee?«
, sagte der Mann statt einer Antwort.
»Da ich offensichtlich die einzige bin, die davon Gebrauch macht, gern.«
Er brachte den Tee.
»Verteilen Sie auch das Bier, das die Jugendlichen hier trinken?«
,fragte sie unbarmherzig
weiter.»Natürlich nicht«
, antwortete er kurz und knapp.
»Die haben also fast alle Bierflaschen in der Hand«
, meinte meine Oma leise zu mir.
»Wissen Sie, ich finde es gut, wenn den Jugendlichen geholfen werden kann, aber mir scheint,
die Hilfe geht zum größten Teil nach hinten los«
, kritisierte die Frau, die uns immer
sympathischer wurde. »Morgen liegen wieder Unmengen an Glas, Kippen und Müll auf dem Weg und
was das Schlimmste ist, auch auf der ›Krake‹, dem Spielplatz, den vorwiegend Kleinstkinder
benutzen. Ich finde das Sch…, können Sie in dieser Richtung nicht irgendwie Einfluss
nehmen?«
Der Mann versuchte die vielen jungen Leute, mit Bier oder ähnlichen Getränken zu überblicken und zuckte hilflos mit den Schultern. Die Frau lief resignierend zu ihrem wartenden Freund und sie gingen.
Wir gingen auch. Meiner Oma schmerzten von der lauten Musik die Ohren und ich bin froh, kein
Menschenkind zu sein, das auf einem Spielplatz in Glasscherben tritt oder Kippen lutscht, wenn
die Eltern nicht schnell genug reagieren oder klugerweise den Platz sogar meiden.
Ente Billy