300 Meter Sicherheit - Wie lange noch?
Der Sommer naht nun doch endlich und für die 30 »Baywatcher«
am Kulkwitzer See beginnt mit den ersten
warmen Tagen die Saison. »Genau genommen geht es am letzten Maiwochenende los und endet am letzten
Augustwochenende. In den Sommerferien sind wir bei Badewetter täglich zwischen 10 und 18 Uhr, ansonsten am Wochenende in
dieser Zeitspanne vor Ort«
, erzählt Marcel Knabe. Er ist Ortsgruppenleiter der Wasserwacht des DRK Leipziger
Land, Ortsgruppe Kulkwitzer See - kurz gesagt der Chef der Rettungsschwimmer, die alljährlich für die Sicherheit am Kulki-
Strand sorgen.
Derzeit bewachen sie die 300 Meter Ufergebiet rund um den Wachturm. »Als ich 1994 anfing, waren wir noch 130
Leute. Damals hatten wir auch noch die Aufsicht am Lausener Strand«
, weiß Marcel Knabe zu berichten. Und lachend
fügt er hinzu: »Wir haben uns regelrecht darum gekloppt, wer im Turm sitzen darf.«
35.000 DM standen den
Rettern im Jahr zur Verfügung. Heute ist das Budget auf gerade einmal 6.000 Euro zusammengeschrumpft und gekämpft wird
nicht mehr um den Platz im Turm, sondern mit Geldmangel, Nachwuchsproblemen und der Frage, wie und ob überhaupt es im
nächsten Jahr weitergeht.
Der Strandabschnitt in Lausen gehört schon seit längerem nicht mehr zum bewachten Terrain. Hier verkündet ein Schild:
Baden auf eigene Gefahr! »Das könnte bald überall so sein. Durch die Privatisierung einzelner kleiner
Strandabschnitte, für die die Betreiber zu sorgen haben, könnte das bewachte Areal immer kleiner werden«
,
befürchtet der Bereitschaftsleiter. Allein beim Blick auf den stark in Mitleidenschaft gezogenen Turm, an dem schon seit
Jahren nichts mehr getan wurde, kann man seine Bedenken verstehen.
»Der Turm fällt regelrecht auseinander, die Scheiben sind zerschossen, der Putz bröckelt ab und durch den
steigenden Wasserspiegel des Sees ist der untere Bereich total nass. Wir wollten schon selbst einige Dinge reparieren,
durften aber aus versicherungsrelevanten Gründen nicht, weil uns das Gebäude nicht gehört.«
So verkommt der Turm,
der eigentlich Sicherheit bieten soll, selbst immer mehr zum Sicherheitsrisiko.
Dabei sind die Rettungsschwimmer keineswegs überflüssig geworden. Für viele Eltern, deren Kinder in den Ferien allein
baden gehen, ist es beruhigend, zu wissen, dass Jemand aufpasst. »70 Vorkommnisse sind es im Jahr
durchschnittlich. Oft sind es kleinere Kinder oder Jugendliche, denen geholfen werden muss. Das reicht von kleineren
Verletzungen bis hin zu Platzwunden. Der letzte tödliche Unfall unter unserer Aufsicht liegt glücklicherweise schon acht
Jahre zurück«
, berichtet Marcel Knabe, der eigentlich Geografie-Student und wie alle anderen auch ehrenamtlich
tätig ist, also seine Freizeit »opfert«
, ohne dafür Geld zu bekommen.
Das wäre auch gar nicht möglich, denn: »Von dem Geld, welches uns zur Verfügung steht, haben wir alle Unkosten
zu tragen. Dafür muss beispielsweise aller zwei Jahre der TÜV für Rettungswesten erneuert oder Material für den
Sanitätsraum gekauft werden.«
Zu schaffen macht den engagierten Leuten außerdem der zunehmende Vandalismus.
»Es gibt Taucher, die es sich einfach nicht nehmen lassen, die Bojen entweder ganz zu versenken, oder deren Seile zu
kappen. Das sind Dinge, die uns zusätzlich jedes Jahr viel Geld kosten und eigentlich nicht sein müssen«
, ärgert
sich der junge Mann über die Gedankenlosigkeit einiger Leute.
Es gibt jedoch nicht nur Negatives, auch wenn das auf den ersten Blick so scheinen mag. So hat es die Ortsgruppe
Kulkwitzer See beispielsweise geschafft, ihr Rettungsboot mit einem Viertaktmotor auszustatten, wie es ihnen gesetzlich
vorgeschrieben wurde. »Das war im letzten Jahr ein echtes Problem«
, erinnert sich Knabe. »Wir
hatten bislang nur ein altes Zwei-Takt-Boot, Baujahr ’75 und bedurften einer Ausnahmegenehmigung. Ohne die hätten wir
das Boot im Naturschutzgebiet nicht mehr einsetzen dürfen. Seit Ende Juni 2004 ist zumindest dieses Problem
gelöst.«
Pünktlich zum Ferienbeginn, am 16. Juli rücken die Sorgen erst einmal in den Hintergrund. Denn dann werden die 30
Wasserwächter um Marcel Knabe nicht nur den ganz normalen Badealltag zu bewältigen haben, sondern den mittlerweile
traditionellen »Kulkwitz Cup«
ausrichten. »Das ist ein Langstrecken-Schwimmwettbewerb, bei dem
Jeder mitmachen kann. Im Schnitt nehmen zwischen 30 und 60 Leute teil. Die Jüngsten sind etwa 14 Jahre, der Älteste, den
wir mal im Feld hatten, war bereits 84«
, belegt Knabe den Charakter der bunten Veranstaltung. Der Startschuss für
den Massenstart wird 13 Uhr am Rettungsturm fallen.
Die Strecke verläuft im Karree und misst jeweils 250 Meter. Je nach Leistungsvermögen können die Schwimmer 500, 1000
oder 3000 Meter zurücklegen. »Gewertet wird nach Geschlecht und Altersklasse. Die ersten drei Sieger erwartet ein
Pokal, alle anderen Teilnehmer erhalten am Ende eine Urkunde. Es wird also Keiner leer ausgehen«
, beruhigt Knabe,
weist jedoch darauf hin, dass Jugendliche unter 18 Jahren eine Starterlaubnis von den Eltern benötigen.
Bleibt zu wünschen, dass das Wetter am 16. Juli, wie den restlichen Sommer mitspielt und den Grünauern sowie ihren
Gästen die Rettungsschwimmer noch einige Zeit erhalten bleiben.
kmn