Fußballfans trafen sich im Vorfeld der WM
Knapp 140 Teilnehmer aus 15 Ländern trafen sich bei einem zweitägigen Kongress der Friedrich-
Ebert-Stiftung, um unter dem Motto: »Fans for Football«
insbesondere Themen zu diskutieren,
die im Vorfeld der Fußball-WM in Deutschland Fans interessieren.
Auch sechs Chemiker hatten sich auf den weiten Weg nach Bonn gemacht, um ihre Erfahrungen aus
dem 4. Ligaalltag mit einzubringen. Die Themenpalette reichte von Rassismus im Fußball,
Kommerzialisierung des Sports bis zu Fanaktivitäten während der WM. Die Hauptauseinandersetzung fand
allerdings zu Sicherheitsfragen statt. Fans als Sicherheitsrisiko oder zu Gast bei Freunden?! Der dazu
entsprechend stattfindende Workshop fand dabei auch das größte Interesse der Teilnehmer. Hier
klagten vor allem die deutschen Teilnehmer, die sich der aktiven Fußballfanszene zuordnen, über
eine Zunahme von Polizeirepression in den letzten Monaten.
Brennpunkte seien hier die Auswärtsspiele des jeweiligen Klubs. Eingepfercht in Bussen oder Zügen,
keine Bewegungsfreiheit am Spielort und martialisch gekleidete Polizisten bilden immer wieder
dasselbe Rahmenprogramm. »Damit wird natürlich die Stimmung schon im voraus negativ aufgeheizt«
, so ein Teilnehmer aus Leipzig. Eine junge Frau aus Hamburg bringt ihren Frust auf den Punkt, in
dem sie sagt: »Wir bekommen die Sicherheitskonzepte der WM jedes Wochenende zu spüren.«
Das bestätigt Thomas Schneider von der Koordinationsstelle Fanprojekte.
Es gebe eine Art »gefühltes Stadionverbot.«
Das Verhältnis zu den Sicherheitskräften im Ligaalltag
sei angespannt. Dafür spricht auch, dass im letzten Jahr die Anzahl der Stadionverbote und Einträge
in die bundesweite angelegte Datei »Gewalttäter Sport«
angestiegen sind. Jörg Radek von der
Gewerkschaft der Polizei zeigt gewisses Verständnis für den Ärger der Fans. Auch ihm missfällt die
Sicherheitshysterie vor der WM.
»Mir passt es nicht, wenn bestimmte politische Kreise über den Einsatz der Bundeswehr während
der WM schwadronieren.«
Er möchte nicht, dass die Polizei zum Spielverderber der WM wird.
Teilnehmer aus Italien und den Niederlanden haben ganz praktische Fragen. Wie werden die
Grenzkontrollen stattfinden? Wer kann aus welchen Gründen abgewiesen werden? Wie werden die
Bedingungen bei den Großveranstaltungen auf Marktplätzen sein, bei denen Fans, die keine Karten
erhalten haben, die Spiele auf Großleinwänden verfolgen? Letzteres interessierte vorrangig, denn
tausende ausländische Fans werden kein Ticket für das Spiel ihres Teams erhalten. So stehen für die
normalen Fans aus Tschechien nur 1.000 Tickets pro Spiel zur Verfügung.
Zwei Drittel des Kartenkontingents hat der tschechische Fußballverband an Sponsoren oder sich selbst
vergeben.
Allerdings ist jetzt schon abzusehen, dass in den 12 WM-Spielorten unterschiedlich mit den so
genannten »Public-Viewing-Veranstaltungen «
verfahren wird. Vorauszusehen ist, dass es sich um
umzäunte Orte handeln wird, bei denen mit Einlasskontrollen zu rechnen ist. Bei bestimmten »Risikospielen
«
wird es ein Alkoholverbot geben. Optimismus will bei der abschließenden Podiumsdiskussion
Willy Kösling vom Stab Sicherheit WM 2006 im Bundesinnenministerium verbreiten. Im Bezug auf die
Polizei erläutert er die Devise des Ministeriums. »Die Polizisten müssen das Schmunzeln lernen.«
Nur
so könne man das Motto »Zu Gast bei Freunden«
in die Tat umsetzen.
Kösling versichert: »Die Vollzugsbeamten freuen sich auf die WM.«
Das lässt Kevin Miles aus England hoffen, der zum Auftaktspiel der Engländer in Frankfurt 40.000 Fans
von der Insel erwartet. »Hauptsache ist, dass wir freundlich von der Polizei empfangen werden.«
Für die angereisten Leipziger Fans bleibt als Fazit zu hoffen, dass die »Schmunzeloffensive«
der Polizei
auch über die WM hinweg fortgesetzt wird. Der Ligaalltag hat hier bislang eine andere Praxis gezeigt.
Matthias Gärtner