Grünau zeigt Flagge
Grünau liegt am Rande Leipzigs, Leipzig am Rande Sachsens und Sachsen im Herzen Deutschlands. Nie trat dieser Umstand deutlicher hervor als derzeit in den Tagen der Weltmeisterschaft. Gleich wenn man in den Stadtteil hinein fährt begrüßt ein freundliches Banner - in den Farben schwarz, rot und gold gehalten - strategisch günstig an den oberen Etagen eines Hochhauses angebracht, Grünaus Gäste und kündet davon, dass hier Fußball geschaut wird. Am liebsten die Spiele der Deutschen. Zugegeben: Früher wurde am 1. Mai oder am 7. Oktober flächendeckender geflaggt, aber Nationalfähnchen am Auto - oft doppelt und dreifach - das hätte man in der DDR zwar schon gern gesehen, jedoch nie erreicht.
Anblick ist zunächst etwas seltsam und ungewohnt. Dieser zur Schau getragene Patriotismus war bei den Deutschen bisher nicht denkbar. Von anderen Nationen kennen wir solche Identitätsinsignien schon seit geraumer Zeit. Mit Nationalismus, wie einige, die immer und überall der Hut sind und mahnen, jetzt argwöhnen, haben Fahnenschau, Deutschlandtrikots, und Körperbemalungen aber sicher weniger zu tun. Wer beim Spiel Holland gegen in der Stadt verweilte, wird das zugeben müssen. Denn da war ein Fanfest zugange, Leipzig noch nie erlebt hat, da machten die Schwarz-rot-goldenen Platz für ihre orangenen Gäste, da waren sie alle Freunde und von Feindschaft keine Spur. Da war es normal, dass sich Deutsche, Niederländer und Serben in den Armen lagen, sangen, tanzten und feierten.
Diejenigen, die sich trotzdem von dieser Nationalfarben-Flut belästigt fühlen, sollen an dieser Stelle getröstet sein: Jede WM dauert nur einige Wochen und das letzte Spiel (auch wenn die Deutschen ohnehin nicht ins Finale kommen) wird sicher auch eine Fahneneinholaktion nach sich ziehen. Dann wird Grünau seinem Namen wieder gerecht und ist nur noch schön grün.
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