30 Jahre Grünau - ein Stadtteil im Wandel
Teil 3
Foto: Elke Göbel
- Zwischen den Blocks gibt es keinen Durchgangsverkehr und der Abstand der meisten Blocks von den wenigen verkehrsreichen Straßen ist so groß, dass die Belastungen der Bewohner durch Verkehrslärm und Feinstaub in Grünau erheblich geringer ist als in den gepriesenen Gründerzeitvierteln in der Innenstadt.
- Grünau macht seinem Namen alle Ehre. Es gibt hier viel Grün zwischen den Blocks und da die Blocks die inneren Gebiete von den verkehrsreichen Straßen abschirmen, gibt es hier reichlich Platz, wo auch kleinere Kinder spielen können, ohne dass sie riskieren, unter einem Auto zu enden oder von ruhebedürftigen Kinderfeinden vertrieben zu werden. Grünau ist heute schon Leipzigs kinderfreundlichster Stadtteil und der unvermeidliche Abriss kann genutzt werden, das durch kleine Wohngebietparks, Mietergärten und Tobeplätze für Kinder und Jugendliche weiter auszubauen.
- Die am Rand wachsenden Eigenheimsiedlungen helfen zu sichern, dass in Grünau auch in Zukunft alle sozialen Schichten gut vertreten sind. Zumindest in der Schule sind die verschiedenen sozialen Schichten wie früher wieder beisammen. Das ist gut für bürgerschaftliches Engagement, für Freizeitangebote und Kultur. Hier liegt noch ein Schwachpunkt von Grünau. Es gibt eine kleine Gruppe sehr engagierter Grünauer, aber es müssen mehr werden.
Foto: Elke Göbel
Gelingt es, mehr Bürger zu mobilisieren, zur Entwicklung ihres Wohngebietes beizutragen, die
Interessen der Grünauer energisch gegenüber der Stadtverwaltung zu vertretenden und noch mehr Möglichkeiten
für Laien zu schaffen, selbst etwas zu produzieren und mitzumachen, könnte Grünau einer der für junge Leute
interessantesten Leipziger Stadtteile werden. Voraussetzung ist natürlich, dass möglichst viele Grünauer
solche Angebote annehmen oder darauf drängen, dass etwas für sie dabei ist. Noch gilt Grünau bei vielen
jungen Leuten als tot und langweilig.
Foto: Elke Göbel
Aber das kann geändert werden und das muss es auch, wenn Grünau
langfristig überleben will. Kultur zum Mitmachen und zum Selbermachen könnte der Wettbewerbsvorteil Grünaus
werden.
Eine Chance, dass Grünau seine Möglichkeiten gegenüber den Altbaugebieten in der Innenstadt wirksam nutzen kann, besteht darin, dass die meisten der großen Vermieter Grünaus vorwiegend Plattenbauten besitzen. Es ist für sie eine Existenzfrage, sich für den Erhalt Grünaus einzusetzen und interessante Initiativen auch finanziell zu unterstützen.
Foto: Elke Göbel
Die neue Strategie, nach der die Vermieter selbst entscheiden
können, was sie erhalten und was nicht, ohne Rücksicht auf Planer und Stadtverwaltung, schafft hierfür neue
Freiräume, auch für die Mieter. Wenn die zusammenstehen und auch helfen, neue Bewohner für leere Wohnungen
zu gewinnen, können sie sich wirksam vor Abriss schützen. Kein Eigentümer wird ein Haus abreißen, dessen
Wohnungen zum größten Teil vermietet sind. Er riskiert, dass die für den Abriss herausgedrängten Bewohner
zur Konkurrenz umziehen.
Foto: Elke Göbel
Statt auf Vermieterentscheidungen zu warten und über diese zu jammern, ist mehr
Eigeninitiative und mehr selbstbewusstes Auftreten der Grünauer gegenüber ihren Vermietern gefragt. Solange
Mieter und nicht Wohnungen knapp sind, sitzen die Mieter am längeren Hebel, wenn sie zusammenstehen. Sicher
sind die Häuser Grünaus durch ihre Monotonie langweilig und für Architekten, die sich einen Namen machen
wollen, völlig reizlos. Aber am Ende zählt nicht Monotonie des ersten Blickes, sondern die Lebensqualität
und da ist trotz der Miesmacherei der Architekten und Denkmalsschützer das letzte Wort noch lange nicht
gesprochen.
Dr. L. Kasek, Fotos: Sandmann, Göbel, Müller