Wohnst du noch in Grünau oder lebst du schon woanders?
Leserbrief
Diese Frage erscheint mir berechtigt, wenn man den vielen Beiträgen in den Medien über den Abriss
in Grünau folgt. Schlagzeilen dieser Art schaffen immer mehr Unsicherheit und Unverständnis: »Erneut
544 Wohnungen vor dem Aus«
, »Stadtplaner gehen von einem dramatischen Einwohnerschwund
in dem Plattenbauviertel aus«
, so die LVZ erneut am 11.10.2006. Allein der Begriff »Plattenbauviertel«
ist
herabwürdigend. Experten würden bis 2020 einen Rückgang auf nur noch 36.400 Einwohner prophezeien.
Die Folge sei, dass weitere massive Abrisse stattfinden müssten. Welche Grundlagen hatten die Planer
bei ihren Prognosen, ist das reines Wunschdenken oder waren sie bei einer Wahrsagerin? Über
weitere Details zu einem Konzept »Stadtumbaustrategie Grünau 2020«
, zum Beispiel die WK 5.1, 7
und 8 betreffend, werde nun nicht mehr gesprochen, da von den verantwortlichen Stellen Stillschweigen
vereinbart wurde. Jedoch gibt es bereits einen Termin mit dem Stadtförster, denn das Aufforsten
eines Waldstückes ist in Grünau vorgesehen, nur der Standort stehe noch nicht fest - Wald anstatt intakte
Wohnungen? Wann werden die Anwohner in diese Planungen der Stadt einbezogen?
Meines Erachtens fehlen in den Medien eindeutig Berichte, die konkret und überzeugend etwas
über die Wohnzufriedenheit der Grünauer aussagen und die mit Sicherheit das positive Image von
Grünau verbessern würden. Es gibt Studien, die belegen, dass die Zufriedenheit eindeutig gestiegen
ist. Wann kommen die Grünauer zu Wort? Es reden immer nur die Stadtplaner, doch wohnen die auch
in Grünau? Ich erinnere mich noch gut an Kräne und Bagger, die unseren Stadtteil einst aufbauten.
Seitdem hat sich sehr viel verändert. Grünau lebt und ist attraktiv. Erfolgte und geplante Sanierungen
fördern dies und Grünau macht seinem Namen alle Ehre. Es gibt viele Vorteile, die kaum ein anderer
Stadtteil hat. Grünau ist »Grün-Lebendig-Anders «
, wie der Slogan es zu 30 Jahre Grünau zu Recht
aussagt.
Bagger bestimmen seit einiger Zeit wieder das Stadtteilbild. Doch jetzt, um abzureißen. Oft fällt es
schwer, dem massiven Abriss zuzusehen. Ich finde, es ist genug »rückgebaut«
worden und hoffe,
dass leere Flächen gepflegt und sinnvoll nachgenutzt werden. Da kann man nur hoffen, dass
Subventionen, die die Wohnungsunternehmen für den Abriss erhalten, bald nicht mehr zur Verfügung
stehen. Die Stadtplaner könnten sich jetzt anderen Stadtteilen, wie zum Beispiel Lößnig, Paunsdorf,
Mockau, Schönefeld und Thekla zuwenden.
Grünau ist seit 20 Jahren mein Zuhause. Grünau ist für mich
Heimat. Ich schätze unser Umfeld, gute Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleistungen, Kino, Bibliothek, ein
kleines gemütliches Café, ärztliche Versorgung, günstige Verkehrsanbindungen, viele kulturelle Angebote,
Naherholungsgebiet »Kulki«
- welcher Stadtteil hat das schon zu bieten? Und all das und viel mehr ist in
unmittelbarer Nähe. Der Kultursommer hatte viele Höhepunkte, über die auch die Medien hätten
ausführlichst berichten können. Viele Grünauer haben den Eindruck, dass der Stadtteil vernachlässigt
wird.
Es ist an der Zeit, dass die Stadt Leipzig ihrem größten Stadtteil endlich ebenso große
Aufmerksamkeit widmet wie der City oder anderen Stadtteilen. Sie müsste für Grünau ebenso
überzeugend, wirksam und spürbar etwas für ein wirklich verdientes positives Image tun - im Interesse und
zur Zufriedenheit der Grünauer und zum Stolz der Stadt. Das Rathaus könnte zum Beispiel eine
Werbekampagne starten, die verdeutlicht, dass es sich lohnt, in Grünau zu leben. Bisher ist das Gegenteil
der Fall. Vielleicht gibt es danach keinen »dramatischen Einwohnerschwund «
, sondern einen deutlichen
Zuwachs. Das wäre einmal eine Maßnahme, über die es sich lohnen würde, nachzudenken.
Elke Göbel, 04207 Leipzig
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