Mehr Gelassenheit
Ordnung und Sicherheit - ein Reizthema, das seines gleichen sucht. Sieht man mal von einigen wenigen Zeitgenossen ab, mag es eigentlich jeder gern ordentlich. Aber wie steht es mit der eigenen zivilisatorischen Disziplin? Wer hat nicht schon mal aus lauter Bequemlichkeit falsch geparkt oder ist mit dem Rad auf dem Fußweg gefahren, hat eine leere Flasche der Einfachheit wegen an die Straßenlaterne gestellt oder die Musik bei der Feier zu laut gedreht?
Fehler, die man bei anderen schnell kritisiert, übersieht man bei sich selbst gern einmal. Zugegeben: Summiert man menschliche Defizite und würde man immer wegschauen, herrschte das blanke Chaos in den Grünauer Straßen. Dazu soll es natürlich nicht kommen, aber ein bisschen mehr Gelassenheit könnte man sich schon wünschen. Beispielsweise im Umgang mit Kindern. Gerade die Leute, die sich heut am meisten über lärmende Kinder beschweren, empfanden die Hofatmosphäre der Grünauer Gründerzeit sicherlich als Tugend einer kinderreichen Gesellschaft - wohl auch weil sie vor 30 Jahren selbst Eltern waren, das heute aber geflissentlich vergessen.
Dass es dem Stadtteil mittlerweile an Nachwuchs fehlt, sollte kein Grund für einen Wald von Verbotsschildern sein - im Gegenteil. Was aber tun mit der weitaus größeren Problematik - mit Alkoholkranken, die ihre Sucht auf öffentlichen Plätzen ausleben und unweigerlich Ärger hervorrufen? Ein Verbot alkoholischer Getränke liegt zwar nahe, verdrängt die Problematik aber lediglich an andere Orte oder in die eigenen vier Wände dieser Menschen. Gut so, werden einige denken. Dort stören sie nicht, wenn sie trinken bis zum Umfallen, neben die Toilette urinieren oder lautstark diskutieren. Hauptsache die sind nicht im Blickfeld der ordentlichen Bewohner!?
Eine Lösung ist das sicher nicht. Bei diesem stadt-, ja man kann schon fast sagen bundesweiten Problem sind ganz andere Mechanismen gefragt - gesellschaftliche nämlich. Doch bis die irgendwann mal greifen gilt auch hier: ein bisschen mehr Gelassenheit - auch wenn es manchmal schwer fällt!
Klaudia Naceur>