Schließungen in Grünau
Teil 2
Apropos Ladenzeile: Von jener im WK 8 ist in dieser Zeitschrift schon mehrfach berichtet worden. Sie war die letzte, die noch gemäß ihrem Ursprungsgedanken funktionierte - bis der Elfgeschosser Brackestraße abgebrochen wurde. Ganz anders sieht es im WK 2, Alte Salzstraße aus: Ein Gebäude, das erhalten werden soll, aber keine Mieter in der Ladenzeile. Die trostlos verhangenen Fenster neben dem Service-Kiosk LWB sind da fast noch das einzig belebende Element. Gleich gegenüber soll nun für viel Geld die Spielstätte des Theatriums entstehen. Sollte sich diesen Maßnahmen keine Gesamtsanierung des Areals anschließen, kommen die Macher des Grünauer Kinder- und Jugendtheaters sprichwörtlich vom Regen in die Traufe. Denn ein solch bedauerliches Umfeld hatten und haben sie bereits in der Miltitzer Allee und beklagen sich verständlicherweise darüber.
Dabei war die Alte Salzstraße in diesem Bereich mal ein echtes Schmuckstück. Das Leben pulsierte an
dieser Stelle geradezu. Erinnern wir uns: Flanierende Spaziergänger vor den Geschäften, spielende
Kinder am Fischbrunnen (funktioniert schon seit Jahren nicht mehr) und eine Traube von Hungrigen vor
dem Grünauer Krug, die auf ihre Platzierung warten. Letzteres hat sicher keiner vermisst, als im Laufe
der Zeit merklich weniger Menschen in die ehemalige Wohngebietsgaststätte kamen. Ob dies der Grund für
die vorübergehende Schließung des Traditionslokals war, wurde zwar nicht bestätigt. Fest steht jedoch,
dass der KONSUM als Objekteigner eine neue Vermietung unter dem guten alten Namen »Grünauer
Krug«
vorzuweisen hat. Totgesagte leben eben oftmals länger.
Weniger Durchhaltevermögen hatte die Betreiberin des »Seeblicks«
am Kulkwitzer
See, die Ende vergangenen Jahres Insolvenz anmelden musste. Die Seen GmbH sucht nun nach einem
Nachfolger und hofft dabei auf ein ausländisches Restaurant. Damit zumindest würde man zwei Fliegen mit
einer Klappe schlagen. Denn das Klientel, das zuletzt den »Seeblick«
am Kulki rege
nutzte, war dem Image des Naherholungsgebietes eher abträglich. Bei einem guten Griechen oder
Thailänder wäre die Gefahr des Treffpunkts für rechte Gesinnungsgenossen wahrscheinlich nicht so
gegeben. Manch einer dürfte sich demnach sogar über diese Schließung freuen.
Genauso freut es sicher einige Bewohner in Nähe der Garskestraße, dass noch in diesem Jahr in die
einst dem Verfall preisgegebene KONSUM-Kaufhalle, (von der ganz zu Beginn die Rede war), neues Leben
einkehrt. LIDL hatte bereits vor zwei Jahren zugegriffen, als Grund und Gebäude zum Verkauf standen und
schickt sich an, die dritte Filiale in Grünau zu eröffnen. Die Leipziger Verwaltung is not amused, denn
der Discounter breitet sich mit seinen zweifelhaften Arbeitsbedingungen sowie Geschäftsmethoden und der
unverwechselbar hässlichen Architektur, die ihm zu Eigen ist, in rasanter Geschwindigkeit über das
ganze Stadtgebiet aus. Ein Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes, der an dieser Stelle fairer Weise nicht
namentlich genannt werden soll, drückt es mit viel Ironie folgendermaßen aus: »LIDL möchte
halt restlos alle Grünauer mit seinen Produkten beglücken.«
Der Teufelskreis lässt grüßen.
Denn je mehr große Billigmärkte in Grünau entstehen, desto öfter werden andere Anbieter schließen
müssen und desto ärmer wird die Vielfalt.
Klaudia Naceur
Nachtrag: Manchmal sind es aber weder »die bösen Discounter«
noch die
»kurzatmigen«
Nahversorger, die den Leerstand gewisser Objekte in Grünau befördern. Im
Falle des Bäckermeisters Kleinert, die in unmittelbarer Nachbarschaft der ehemaligen REWE-Filiale
Karlsruher Straße seine Brotfabrik eröffnen möchte und sowohl Arbeitsplätze schaffen als auch die
Versorgung mit frischem Backwerk für die Anwohner sichern würde, sorgten bürokratische Behördenvorgänge
für eine beinahe einjährige Handlungspause.
Als Jürgen Kleinert nunmehr vor drei Jahren den Flachbau in der Alten Salzstraße kaufte, hatte er
sich wohl nicht vorstellen können, wie viele Steine seinen Weg zur Brotfabrik in Grünau säumen würden.
Die Baugenehmigung wurde nun endlich im Dezember 2007 erteilt. Es könnte eigentlich losgehen, aber:
»Die lange Wartezeit hat uns richtig viel Geld gekostet. Jetzt heißt es kleine Schritte
gehen«
, sagt Kleinert ein wenig resigniert. Bis Ende des Jahres möchte er zumindest mit dem
Innenausbau fertig werden. An Einzug sei jedoch in keinem Fall zu denken...