Rechts und Links
und in der Mitte Grünau...
Erst neulich rollte eine Demo nach der anderen durch das sonst so beschauliche Grünau. Begleitet von einem riesigen
Polizeiaufgebot. Am Straßenrand standen verunsicherte Bürger, die sich fragten, worum es eigentlich ginge. Wer macht da so
einen großen Aufwand? Die »Rechten«
sind zurück! Doch man erkennt sie nicht mehr sofort: Keine Glatze, keine
Springerstiefel, keine Bomberjacke. Ihre Ziele jedoch sind gleich geblieben - zurück ins Reich und alles Fremde,
Andersartige »wegradikalisieren«
. Dabei sind sie aktiver und politischer als je zuvor.
Die »andere neue Rechte«
Nationales Denken und extreme Positionen sind keine Erfindung der Neuzeit. Bevor es den Begriff der »Nation«
gab, wurde
dafür »Patriotismus «
oder »Heimatliebe«
verwendet. Sie bezeichnen sich selbst als national (dem Deutschen zuerst!), sozial
(alles dem Volke und durch das Volk) und frei/autonom/unabhängig von etablierten Autoritäten (»Freie Kräfte«
, »Autonome
Nationalisten«
, »nationale Sozialisten«
). Sie denken anders über den Weg zu ihrem Ziel als etablierte rechte Parteien wie
zum Beispiel die NPD. (Obwohl es in jüngerer Vergangenheit einen Schulterschluss zwischen NPD und Freien Kräften gab, um
Wählerstimmen zu binden. Anm. der Red.)
Deshalb sind ihnen auch die Mittel ihrer eigentlichen politischen Gegner (der
Antifa) recht. Den sogenannten »schwarzen Block«
, welcher seine Botschaften auf ziemlich laute und drastische Weise in die
Städte und Gemeinden trägt, stellen diese »Nationalen«
nun auch auf. Für ungeübte Beobachter sind die beiden »schwarzen
Blocks«
(rechts und links) nicht zu unterscheiden. Es gibt auch kaum noch tragfähige Verbindungen dieser »Freien Kräfte«
zu
Parteien oder anderen Dachorganisationen. Denn Parteien seien Teil des »Systems«
(welches sich als »Kontra«
zu ihren
Zielen definiert, das heißt antideutsch-faschistisch) und mitschuldig an der »Knechtschaft«
des deutschen Volkes, außerdem
stellen sie deren Autorität massiv in Frage und fordern eine »Revolution«
von unten, welche »keiner Autorität als der des
eigenen Gewissens«
folgt.
Was ist nun neu?
- Das Outfit
aus allen Jugendkulturen werden Leute eingebunden (Hip-Hop, Techno, Gothic, Metal, Punk, Fanszene) deshalb erkennt man sie NICHT mehr sofort äußerlich - Die Methoden
intellektuelle Debatten in Schrift und Rede; innovative, kreative Mittel (auch Parolen an Wänden und in die Hauspost), einmischen in Bürgerarbeit etc. - Der Weg
mit neuem Outfit und»neuen«
Methoden die Bürger, die politische Mitte»erobern«
und überzeugen, um durch das»Volk«
Druck zu ermöglichen... - Was sind ihre Themen?
Wertedebatte (Gehorsam, Todesstrafe für Kinderschänder, Geschlechterrollen und Familie)
Heimat (Kultur, Religion, Territorium)
Kulturelle Identität (Volk und Nation, Sprache)
Systemkritik (Sozialismus, Marxismus, Faschismus, Demokratiekritik)
Historische Verantwortung (andere Opferdefinition, Geschichtsverfälschunguminterpretation)
Europa und Amerika (Antisemitismus, Verschwörungstheorien, Antiamerikanismus)
In Grünau schätzt man zirka 30 aktive Mitglieder, die viel Zeit und Kraft in den »politischen Kampf«
investieren.
Überall findet man ihre Aufkleber und gesprühten Sprüche (siehe Fotos). Sie sind sachsenweit mit anderen Gruppen verknüpft
und können sehr schnell 300 bis 400 Kameraden aktivieren. Ihre »Arbeit«
ist nicht begrenzt auf einen Stadtteil oder eine
Stadt, ihre Struktur ermöglicht es, sehr flexibel zu sein und schnell zu reagieren. So gab es auch schon die skurrile
Situation, dass sich eben jene »Nationalen«
zur Gründung der Bürgerinitiative in Grünau einfanden. Außerdem brüsten sie
sich gern in ihren Internet-Foren mit ihrem angeblichen Zuspruch beim Volk. Zitat: »Durch die vielen anderen politischen
Aktionen in Grünau kannten die Anwohner zahlreiche Kameraden schon und freuten sich mal wieder etwas von ihnen zu hören und
hatten somit auch keine Scheu sich den Demonstrationsteilnehmern zu nähern. (...) Ein voller Erfolg für den nationalen
Freiheitskampf in Leipzig.«
Das (unser aller) Dilemma
Wie oft hören wir, dass sowieso Niemand etwas ändern kann an Regierungen, Gesetzen oder der Politik im Allgemeinen. Die
meisten Bürger nutzen die wenigen Möglichkeiten der Einflussnahme auf politische Entscheidungen nicht, weil der Glaube an
Veränderungsmöglichkeiten verloren gegangen ist. Auch Jugendliche sehen kaum noch Möglichkeiten, ihre Welt selbst zu
gestalten, wenn ihnen die Teilhabe versagt bleibt. Ausbildung, Job und ein Leben in Unabhängigkeit von staatlicher
Alimentation sind fast nicht realisierbar. Doch wohin mit der Unzufriedenheit, dem Frust und der Wut darüber? »Nationales«
Denken fällt in solchen Zeiten auf besonders fruchtbaren Boden. Es stellt eine einfache Lösung für komplexe Probleme dar
und ist für viele eine geeignete Protestplattform. Die Organisationsform heutiger »Nationaler Sozialisten«
bietet darüber
hinaus jungen Menschen auch eine Gruppe Gleichgesinnter, in der sie sich aufgehoben und verstanden fühlen - »Kameraden in
der Not, Freunde im Kampf?«
.
Wer in einer Demokratie schläft, wacht in einer Diktatur auf! Besonders wir Deutschen mit Geschichtsbewusstsein haben
das schmerzhaft erfahren müssen. Noch heute tragen wir als Nation schwer an der »Schläfrigkeit«
, welche es ermöglichte,
dass schon einmal eine »Nationalsozialistische«
Lösung aller Fragen die Übermacht hatte.
Was kann jeder einzelne tun?
- Gemeinschaft leben in der Familie, mit den Nachbarn, mit Nachbars Kindern
- sich politisch informieren, auch Alternativen erforschen
- sich für Jugendliche und ihre Bedürfnisse interessieren
- Demokratie und gemeinsame Entscheidungsfindungen auch im kleinen Bereich leben
- Versuch die Kritikpunkte des Systems/der Gesellschaft zu beseitigen statt sie zu verwalten
»Autonome Nationalisten«
nicht herunterspielen, verbieten oder als dumm abstempeln, sondern sich mit ihnen und ihren Ideen, Bedürfnissen auseinandersetzen.