Die Alte Salzstraße
Historische Verwirrungen
Bei der Neugestaltung der »Alten Salzstraße«
im Bereich des Grünauer Marktes vor einigen Jahren,
wurde mit viel Aufwand ihre Bedeutung als alte Handelstraße hervorgehoben. Ein Metallband wurde eingelassen
und Tafeln aufgestellt. Ältere Leipziger muß das wundern, denn bevor das Grünauer Neubaugebiet errichtet wurde, gab es dort
keine Straße, sondern nur ein freies Feld und einen nicht durchgängigen Trampelpfad, der auf älteren Karten mit
»Salzweg«
bezeichnet wird. In der Kirschbergsiedlung sieht man heute noch, wie dieser beschaffen war.
Wie jeder Leipziger in der Schule gelernt hat, wurde unsere Stadt am Kreuzungspunkt zweier bekannter Handelswege gegründet. Zum Ersten, in Süd-Nord-Richtung, die Via Imperii (Reichsstraße) die von Venedig, über den Brennerpass, Augsburg, Nürnberg, Plauen, Altenburg, Borna, Markkleeberg, Connewitz nach Leipzig führte, und dann über Wittenberg und Berlin zu den Hansestädten an der Ostsee. Und zum Zweiten, in West-Ost-Richtung, die Via Regia (Königsstraße), die von Frankfurt am Main über Fulda, Eisenach, Erfurt, Weißenfels nach Leipzig führte und dann über Eilenburg, Bautzen, Görlitz und Breslau nach Schlesien.
Der Streckenverlauf der »Via Regia«
ist nicht mehr genau bekannt. Die Strecke verlief u.a. von
Weissenfels mit einem Bogen über Dürrenberg und Markranstädt nach Leipzig (siehe Abbildung unten). Zwischen Dürrenberg und
Markranstädt entspricht der Verlauf, dem der heutigen Bahnstrecke zwischen beiden Orten. 1252 erstmals als »strata
regia«
erwähnt, verliert die Via Regia 1307 ihre königliche Funktion. In Leipzig heißt diese Straße heute
»Lützner Straße«
. Aber die Lützner Straße hat nichts mit der Salzstraße zu schaffen.
Die richtige »Salzstraße«
wurde im 14. Jahrhundert vom Erzbischof Otto aus Halle angelegt und
verläuft viel weiter nördlich. Sie führte von Halle über Osmünde, Schwoitsch, Beuditz, den Norden von Schkeuditz,
Lindenthal und Wiederitzsch, an Leipzig vorbei nach Wurzen. In Wiederitzsch konnte man allerdings über die Via Imperii ins
sächsische Leipzig gelangen. Den originalen Streckenverlauf kann man im Norden von Lindenthal am Tannenwald (Nähe
Porsche-Werk) sehen. Der südliche Abschluß des Tannenwaldes ist die Salzstraße. Sie heißt dort auch noch so.
Halle gehörte damals zu Preußen und Erzbischof Otto konnte natürlich nicht auf sächsischen Gebiet bauen. Später wurde
der Streckenverlauf geändert, weil Halle dann zu Sachsen gehörte. Man bezog Leipzig mit ein und kürzte den Weg über Wahren
und Möckern nach Leipzig ab (siehe Abbildung). Diese Straße wird später als Reichsstraße 6 geführt. In der DDR-Zeit heißt
sie Fernverkehrsstraße 6 oder einfach »F6«
und wird Namensgeber einer Zigarettenmarke. Heute führt die
ehemalige Salzstraße über Großkugel und Schkeuditz nach Leipzig.
Was die Stadtplaner beim Bau des Neubaugebietes Grünau getrieben haben mag, einen parallel zur Via Regia verlaufenden
Feldweg als »Alte Salzstraße«
zu deklarieren, steht in den Sternen. Der Name ist eine reine Erfindung.
Zumindest haben die DDR-Namensgeber keine Tafeln und ähnliche Peinlichkeiten aufgestellt. Nur vor dem damaligen Gasthof
»Alte Salzstraße«
wurde in den 80er eine »Postsäule«
aufgestellt.
Die Bezeichnung »Salzweg«
könnte übrigens vom größten zusammenhängenden europäischen Gradierwerk
(Saline) in Dürrenberg herrühren, daß 1763 entstand. Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen hatte Johann Gottfried
Borlach beauftragt das Salzwerk zu errichten, um von der halleschen Talsaline in Preußen unabhängig zu werden. Bis 1963
wurde dort das »Bad Dürrenberger Siede-Speisesalz«
hergestellt. Das auf dem »Salzweg«
jemals Salz von (Bad) Dürrenberg nach Leipzig transportiert wurde ist allerdings äußerst unwahrscheinlich, denn dafür gab
es ja einen kürzeren und besser ausgebauten Weg - die Via Regia, die damals noch über Dürrenberg führte und später die
Lützner Straße.