Grünau dank Gusche
»Grün-As«
-Porträt: Peter Niemann, ehemaliger Grünauer Revierleiter (4)
Mit 40 Jahren wurde er zum Leiter der Schutzpolizei und blieb es bis 1991. In dieser Zeit kam es jedoch zu einem
Vorfall, den er als schlimmsten seines Berufslebens bezeichnet. »Das war am 3. November 1990«
. Niemann
muss gar nicht lange überlegen und meint damit den schwärzesten Tag in der Leipziger Fußballgeschichte. Dessen traurige
Bilanz: Mehrere Verletzte auf Seiten von Polizei und mitgereisten BFC-Fans sowie der Tod eines jungen Berliners, der von
Einsatzkräften versehentlich erschossen wurde.
Die vorausgegangene beispiellose Gewalt, wird der eher gemütliche Ordnungshüter sein Lebtag nicht vergessen können. Was
empfindet man, wenn ein 200-köpfiger Mob mit Steinen, Flaschen und Holzlatten einfach auf einen zu rennt. Wenn man nicht
mehr aus seinem Auto kommt und Verstärkung auf sich warten lässt? Peter Niemann sucht nach Worten, die das Geschehene vor
knapp 20 Jahren beschreiben könnten. Er findet sie nicht. »Es war einfach nur schrecklich«
, sagt er
während er sehr nachdenklich wird und sich aufrecht hinsetzt, so als ob er in diesem Moment noch die Steine spürt, die ihn
damals in den Rücken trafen.
Revier geht - Peter Niemann bleibt
Nach 1991 blieben ihm solche Einsätze glücklicherweise erspart. Er kehrte zurück nach Grünau und wurde Revierleiter - zunächst noch in der Alten Salzstraße, ab 1996 am neuen Standort im Ratzelbogen und er fühlte sich wohl. Von seiner anfänglichen Abneigung war nichts mehr übrig und der heutige Hauptkommissar wird nicht müde, immer wieder zu betonen, dass der viel gescholtene Stadtteil bedeutend besser ist als sein Ruf - zumindest kriminalstatistisch gesehen. Von jährlich etwa sechseinhalbtausend Straftaten zwischen 1998 und 2000 verbesserte sich Grünau auf vorzeigbare dreitausend.
»Das«
, so ist sich Peter Niemann sicher, »war auch ein Grund dafür, dass es zur
Zusammenlegung mit dem Revier West kam.«
Gern hätte er die beiden Jahre bis zu seiner Pensionierung noch im
Revier Grünau verbracht. So aber erinnern ihn auf seiner neuen Dienststelle in der Hans-Driesch-Straße nur noch ein
Luftbild und ein Messingschild an seine ehemalige Arbeitsstätte. Letzteres hat er einfach mitgenommen, als er ging.
Der Abschied vom einst ungeliebten Grünau ist Niemann nicht leicht gefallen. Beinah logisch ist es darum, dass er und
seine Frau Doris sich privat nicht vom Stadtteil lossagen konnten und vor kurzem eine Wohnung in der Ringstraße bezogen.Mit
dabei: Eine 90-teilige Flaschenöffnersammlung - das ungewöhnliche Hobby des Polizisten mit »der
großen Gusche«
, der sich für seine nähre und spätere Zukunft nur eines wünscht - gesund bleiben.