»Ohne Hilfe gäbe es uns nicht mehr.«
LWB unterstützt gestrauchelte Jugendliche
Manchmal sieht man sie durch Grünau ziehen - eine Gruppe Jugendlicher mit einem Wagen voller Eimer, Werkzeuge und
anderer Utensilien, die sie am Tag benötigen. Es sind die Handwerkertrupps vom »Netz kleiner Werkstätten«
auf dem Weg zur
Arbeit. Seinen Stützpunkt hat das Projekt im Erdgeschoss eines PH 16 in der Stuttgarter Allee. Dort treffen sie sich
morgens, trinken gemeinsam noch einen Kaffee und besprechen die Tagesaufgaben, bevor es 8.30 Uhr ans Werk geht. Sechs
Stunden Arbeit liegen dann vor den 15- bis 25-Jährigen, die den Einstieg in die »normale«
Berufswelt noch nicht geschafft
haben.
»Der größte Teil unserer Jugendlichen kommt aus sozial benachteiligten Elternhäusern. Das sind
junge Menschen, die aufgrund familiärer oder sozialer Schwierigkeiten schwer zu integrieren sind, sich kaum motivieren
lassen und deshalb einer besonderen Unterstützung, beziehungsweise erhöhten Förderung bedürfen«
, erklärt
Erziehungswissenschaftlerin und Sozialpädagogin Heike Anton das Angebot. 2002
wurde das Projekt vom Berufsbildungswerk (bbw) und dem Kriminalpräventiven Rat ins Leben gerufen und ein Jahr später das
Angebot »Gebäudeassistenz«
als eine von vier Unter-Gruppen initiiert. Diese ist seit 2005 in Grünau beheimatet.
Hier wird
die Initiative in erster Linie von der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) unterstützt. Nicht nur durch die
Bereitstellung der Räumlichkeiten zu einem symbolischen Preis, sondern auch durch die Vergabe von kleinen Aufträgen an die
Handwerker-Laien. »Die Kooperation mit der LWB ist enorm wichtig«
, lobt Heike Anton das Engagement des kommunalen
Unternehmens und diverser anderer Partner. »Ohne diese Hilfe gäbe es uns schon lange nicht mehr«
, ist sich die junge Frau
sicher. »Wir vermitteln größtenteils Hilfsdienste zur Unterstützung der Hausmeister. Solche Arbeiten würden sonst liegen
bleiben. Wir stellen aber auch benötigtes Material sowie Werkzeuge und übernehmen die Aufwandsentschädigung von einem Euro
pro Stunde für die Jugendlichen«
, gibt LWB-Gruppenleiterin Barbara Zappe nähere Auskunft. So würden beispielsweise Keller
entrümpelt oder Graffiti in Treppenhäusern entfernt, aber auch die ein oder andere Wohnung gestrichen.
»Es ist wichtig,
die jungen Leute keine sinnlosen Arbeiten machen zu lassen«
, erklärt André Dämmrich. Der gelernte Grobschmied hat eine
zusätzliche Erzieherausbildung absolviert und ist einer von zwei so genannten Fachanleitern, die die Jungs und Mädchen
handwerklich betreuen, neue Aufträge an Land ziehen und die Organisation in den Händen halten. Er weiß, wie wichtig Wert
schöpfende und tatsächlich nachgefragte Arbeit für das Selbstwertgefühl der Heranwachsenden ist. Denn abgesehen von der
Möglichkeit in einen handwerklichen Beruf praktisch »hinein zu schnuppern«
, ist das primäre Ziel des Projektes die soziale
Integration. »Viele Jugendlichen müssen zu allererst einen geregelten Tagesablauf lernen«
, erzählt Heike Anton.
Das Wort
»Erfolgsquote«
, an der viele Initiativen gemessen würden, mag sie gar nicht gern hören. »Das muss man abwägen, je nachdem,
was der Jugendliche mitgebracht hat. Bei Einigen ist es schon ein Erfolg, wenn er seinen Krankenschein abgibt oder
überhaupt nur anruft, um sich zu entschuldigen. Bei Anderen ist es das Mindeste, was man voraussetzen kann«
, sagt sie und
spricht dabei von beinah sechsjähriger Erfahrung auf dem schwierigen Gebiet der Sozialarbeit. »Am Anfang, frisch von der
Uni, steckst du natürlich voller Elan und denkst: Jetzt geht's los. Dann musst du aber Stück für Stück die Erwartungen
runterschrauben. Das ist gar nicht so einfach.«
Mit der Zeit merke man aber, worum es wirklich geht: Den Jugendlichen ihr
Selbstwertgefühl zurück geben, sie fördern, unterstützen und ihnen Wege in die Selbstständigkeit aufzeigen. »Manche«
, so
meint ihr Kollege André schmunzelnd, »die sieht man auch zweimal«
. Einen Karrieresprung wie vom Tellerwäscher zum
Millionär, darf man also nicht erwarten, aber es gibt sie, die kleinen Erfolgsgeschichten. Wie jene von einem Jugendlichen,
der durch Drogenkonsum psychisch erkrankt war, vom Netzwerk lange betreut wurde und kurz vorm Rausschmiss stand. »Das war
ein echt schwieriger Fall«
, erinnert sich Heike Anton. »Der Junge hatte mehrere krankheitsbedingte Rückfälle. Das Praktikum,
was wir ihm verschafft hatten, ging völlig schief. Schließlich haben wir ihm eine letzte Frist von 14 Tagen gesetzt und
siehe da - plötzlich ging es«
, freut sich die junge Frau über den erst kürzlich errungenen kleinen Sieg. Heute ist der
junge Mann in einem festen Arbeitsverhältnis.