Kampf um Ausbildungsplätze per Rad
Vor fünf Jahren kam Andreas Lademann, zum damaligen Zeitpunkt Schulclubleiter an der Schule Grünau, selbst aktiver Triathlet, beim Joggen auf die Idee mit der Radtour von Sachsen, über Sachsen-Anhalt, Brandenburg bis hin nach Mecklenburg- Vorpommern zu radeln. Aber warum? Ehemalige Schüler, welche im Jahr zuvor die Schule verlassen hatten, berichteten ihm in Gesprächen, dass sie trotz des hohen Engagements von Lehrern, Eltern und Schülern kaum eine Chance erhielten, nach dem Schulabschluss eine Lehrstelle zu ergattern.
»Dabei können auch unsere Schüler ihrem Mann stehen. Aufgrund ihrer
Lernbehinderung steckt hinter ihrem Schulabschluss ungeheurer Fleiß und großes Durchhaltevermögen. Das sind Tugenden, die
es verdienen, am Arbeitsmarkt erprobt zu werden«
, so der Vorsitzender des Fördervereins. Da Lademann täglich mit den
Jugendlichen zu tun hatte, wusste er auch ganz genau, was er ihnen zumuten konnte. So war die Idee der Radtour geboren und
fand in diesem Jahr nun mittlerweile zum 5. Mal statt. Die Tour hat sich unter den Lernförderschulen in Sachsen so weit
herum gesprochen, dass diesmal Schulen aus Leipzig, Dresden und Chemnitz am 11. Mai gemeinsam in Saalfeld an den Start
gingen.
Auch wenn es in Strömen regnete, gut gelaunt machte sich die Gruppe auf den Weg zu ihrem ersten Ziel - Rudolstadt!
Im Regen fuhren sie los, im Regen kamen sie an. Dafür wurden sie dann besonders herzlich vom Schulleiter des Förderzentrums
»Pestalozzi«
in Rudolstadt, empfangen. Schüler dieser Schule zeigten den Radlern ihre Stadt. Auch der stellvertretende
Bürgermeister nahm sich die Zeit und empfing sie im Rathaus. Abends waren wir für das Essen zuständig. Der Grill wurde
angeheizt und leckere Würstchen gegrillt. Am nächsten Tag ging es Richtung Jena. Die Tagesstrecke betrug 53 km und die
Fahrzeit 10 Stunden. Kleine Pannen sorgten für zusätzliche Pausen. In Jena angekommen, gab der Bürgermeister der Stadt für
uns einen Empfang mit gegrillten Thüringer Würstchen. Dann gab es eine Stunde Freizeit, anschließend fuhren wir zum
christlichen Gymnasium, wo wir unser Nachtlager aufschlagen durften. Zum Abendbrot kochten die Engelsdorfer Chili con
Carne.
Am Tag darauf ging es 50 km weiter nach Naumburg. Eigentlich sollte ganz gemütlich an der Saale entlang geradelt werden, aber auch für Radfahrer gibt es Umleitungen. So mussten wahnsinnige Steigungen überwunden werden. Entlang an Rapsfeldern, Weinbergen, Burgen und Schlössern haben unsere Schüler auch diese Etappe ohne Murren gemeistert. Auf dem Zeltplatz durfte diesmal in Tipis geschlafen werden. Am Abend hat die Chemnitzer Schule für das leibliche Wohl gesorgt: leckere Spirelli mit noch leckerer Tomatensoße. Am Donnerstag mussten dann wieder 50 Kilometer bis nach Merseburg gestrampelt werden und das bei Sonnenschein und blauem Himmel. Bei kleinen Pausen am Wehr und Feldern wurde wieder Kraft getankt. Die Etappe zeichnete sich aus durch die wunderschöne Natur und ein flaches Gelände.
In Merseburg musste gleich erst einmal das Nachtlager aufgeschlagen werden. Nicht jeder war das Aufbauen eines Zeltes gewohnt. Abends versorgte uns die zweite Chemnitzer Schule mit Kartoffelsuppe. Am Freitag ging die letzte Etappe zum Kulkwitzer See. Eltern, der Förderverein der Schule Grünau und der Landesverband standen zum Empfang bereit. Der Elternrat der Schule Grünau grillte leckere Würstchen (schon wieder!!!) und versorgte die Radler mit Getränken. Alle Teilnehmer erhielten ihre Urkunden und jede Schule eine Erinnerungsmappe. Die Dresdener und Chemnitzer hatten noch einen weiten Heimweg, kamen aber auch gesund und munter zu Hause an. Trotz einer schönen Woche freuten sich alle Teilnehmer auf ihr eigenes, flauschiges, weiches, warmes, naturfernes und turnhallenfreies Bett. Das Feedback zeigt, dass auch diese Tour wieder ein voller Erfolg war und kaum vom Rad gestiegen, die Rufe nach einer neuen Tour für 2010 laut wurden.
Birgitt Franzelius, Leiterin Schulclub Schule Grünau