Standpunkt:
Unterschiedlicher Anspruch und unterschiedliche Interpretation
Gefahr? Keine Gefahr? Oder doch? Hier liegt der tatsächliche Knackpunkt der Kulki-Debatte. Selbst wenn die Fakten unstrittig wären (sind sie nicht!), scheiden sich die Geister eher an der Interpretation derselben. Denn Gefahr kann in diesem Kontext ganz Verschiedenes bedeuten: Für den Tauchverein schon jetzt das Ausbleiben der anspruchsvollen Taucher, für das Gesundheitsamt erst viel später das körperliche Wohl der Badegäste.
Will das Amt für Umweltschutz seinem Namen gerecht werden, darf es dagegen nicht nur mit dem Begriff
»Badewasserqualität«
hantieren. Allerdings darf die Frage gestellt werden, was genau zu den Pflichten der
finanziell angeschlagenen Stadt gehört: Muss sie mit teuren Maßnahmen dafür sorgen, dass der See auch den höchsten
Anforderungen, nämlich denen der Taucher, gerecht wird? Das ganz sicher nicht, sagt sogar ein Seenforscher.
Aber sehenden Auges eine deutliche Verschlechterung zuzulassen, wäre spätestens mittelfristig ein Eigentor - da wären weder die Grünauer froh, noch die herangeholten Touristen an beiden Ufern. Apropos: Ein wenig pikant ist der zeitliche Zusammenhang von dramatischer Skizzierung und geplanter Bebauung schon. Ausgerechnet jetzt solch drastische Worte? Ein Schelm, wer da an Opportunität denkt. Nicht wenige wünschen sich autofahrende Luxusgäste an einen der anderen Seen, in einschlägigen Pressemeldungen wird das NAHerholungsgebiet auch im Schriftbild betont (mal sehen, ob sich der Absender irgendwann NAHbu nennt).
Dies ist aber keine Fremdenfeindlichkeit, denn dass das Prinzip »Still ruht der See«
der Umwelt
dient, dazu bedarf es keiner Beweise. Jeder Badegast ist auch ohne Urinabsonderung oder Entenfütterung eine Belastung für
den See. Dass dies am Rande einer Großstadt kaum anders geht, ist ebenfalls logisch. Aus Forscherkreisen verlautet aber,
dass ökologische Bedenken andernorts bereits erfolgreich Besiedlung gestoppt oder verlagert habe. Zu wünschen sind unserem
Kulki gleich mehrere Dinge:
Dass die Seefreunde weiterhin mit Tiefgang auf Signale hinweisen, ohne dabei mit allzu viel Polemik ihre Glaubwürdigkeit
verspielen. Dass die nunmehr alarmierten Behörden die kleinen Schritte (Bußgelder, Toiletten) schon bald gehen und die
nötigen langfristigen Untersuchungen wachsam zur Kenntnis nehmen - und vor dem (!) Notfall reagieren. Am meisten zu
wünschen wäre dem Kulki aber, dass die aktuellen Probleme doch »nur«
witterungsbedingt kurzfristiger
Natur sind. Experten erwägen bisher auch diese Möglichkeit und geben damit der Stadtverwaltung ein Beruhigungsmittel. Gut
wäre es, wenn die intensivere Prüfung nicht nur überlegt, sondern auch umgesetzt wird, sobald die Hinweise sich weiter
verdichten. Die Stadt würde dann sagen: frühzeitig, siehe Gutachten. Und die Taucher? Fast zu spät, siehe Seegrund.