Die Wanne ist voll...
Bootsverleih und Teile des Campingplatzes stehen seit Wochen unter Wasser
Seit Wochen richten Peter Nevermann und Reinhard Ihle nun schon sorgenvoll ihre Blicke gen Himmel. Alles, nur bitte
keinen Regen mehr, hoffen die beiden Männer. Der eine ist Bootsverleiher am Kulkwitzer See, Mitarbeiter des Betreibers
LeipzigSeen GmbH und damit unter anderem für den Campingplatz zuständig. Nevermann und Ihle macht der hohe Wasserstand der
»Grünauer Badewanne«
zu schaffen. Diese ist übervoll und schwappte hier und da über die Ufer. Was am
normalen Strand oder dem Hochufer nicht weiter ins Gewicht fällt, ist am Campingplatz, vor allem aber auf dem Grundstück
des Bootsverleihs ein Problem.
»Dass das Wasser steigt, habe ich das erste Mal im April 2010 bemerkt«
, erinnert sich Peter
Nevermann. »Damals habe ich sofort reagiert und auf dem kleinen Freisitz am Ufer fünf Kubikmeter Kies
aufgeschüttet.«
Im August war das Wasser bereits nachgelaufen. Einen Monat später konnte er noch trockenen Fußes
in seine Hütte - seit Wochen geht das nur noch über provisorisch verlegte Holzbretter. Der Bootsteg, der sich normalerweise
30 Zentimeter über der Wasseroberfläche befand, ist nun teilweise überschwemmt.
Unter gewöhnlichen Umständen würde Nevermann derzeit seine Saisonvorbereitungen treffen, die Anlage vorrichten, den
Winterdreck beräumen, die Boote rausbringen, die ersten Frühblüher pflanzen. Doch der gelernte Schlosser sieht im wahrsten
Sinne des Wortes kein Land. »Den Bootsverleih hat es tatsächlich am schlimmsten getroffen«
, bestätigt
Reinhard Ihle die Schilderungen.
Zwar haben auch einige Stellplätze der Dauercamper unter Wasser gestanden, aber die würden mit der Zeit abtrocknen und
wenn sich dies nicht allzu lange hinauszögert, dürfte das Hochwasser keine nennenswerten Auswirkungen auf die zu
erwartenden Besucherzahlen haben. Auch wenn der Pegel des Sees erst einmal nicht mehr steigt, der für Tourismus Zuständige
ist irritiert: »ein 35 Zentimeter höherer Wasserstand - das ist für den Kulki absoluter Rekord und für uns somit
ein Novum. Ich habe den Pegel regelmäßig gemessen, beim Höchststand schwappte mir beinah das Wasser in die Stiefel und ich
habe schon überlegt, mir eine Watthose zuzulegen«
, erzählt Ihle scherzend.
Zum Lachen ist ihm eigentlich gar nicht zumute. Denn schon wird Kritik an der Freispiegelleitung laut, deren
Funktionstüchtigkeit dem Seebetreiber unterliegt. Nicht zum ersten Mal wird gemutmaßt, dass die 2007 installierte Anlage,
die überschüssiges Wasser in den Zschampert leiten soll, nicht richtig arbeite. Die Leitung sei zugesetzt - lediglich der
sogenannte Einlaufrechen würde beräumt. Einer, der diese Vorwürfe erhebt, ist Peter Nevermann. »Seit Oktober, als
das Wasser so stark stieg, habe ich allen Verantwortlichen mein Problem erläutert. Alle sagten 'Wir unternehmen was'.
Bisher ist nichts passiert«
, erzählt Nevermann und wirkt resigniert.
Mit »alle«
meint er die Bürgermeisterin von Markranstädt Corinna Radon, das Grünflächenamt, den
Zweckverband und sämtliche Fraktionen im Stadtrat. Die Grünen griffen das Thema letztlich auf und stellten zur letzten
Ratssitzung eine entsprechende Anfrage an den Oberbürgermeister. Leipzigs Grundwasser liegt demnach teilweise bis zu
eineinhalb Metern über dem langjährigen Mittelwert und hätte damit den Höchststand seit über 70 Jahren. Dies läge unter
anderem an der überdurchschnittlich hohen Niederschlagsmenge im Sommer 2010 und hätte auch Auswirkungen auf die Seen.
Auch die Freispiegelleitung wurde unter die Lupe genommen und festgestellt, dass die Ablaufmenge derzeit tatsächlich geringer ist. Dies sei jedoch eine Folge des Hochwassers zu Jahresbeginn. Luppe, Elster, Parthe und diverse Kanäle waren im Januar nach plötzlicher Schneeschmelze tagelang randvoll und haben bis heute ihre normalen Pegel noch nicht wieder erreicht. Der Zschampert, der in die Luppe mündet, wird sein Wasser nicht los und staut sich auf, sodass sich die Einleitung aus dem Kulkwitzer See erschwert.
Für Peter Nevermann ist das zwar keine ausreichende Erklärung. Schließlich sei das Wasser im See bereits gestiegen, als
die Luppe noch kein Hochwasser führte. Doch für ihn heißt es jetzt »anpacken«
. »Kopf in den
Sand stecken ist bei mir nicht«
, sagt er und gibt einen kleinen Ausblick auf seine Vorhaben. Perspektivisch wird
sich der Bootsverleiher und Selfmademan mit einem erhöhten Grundwasser- und Seestand abfinden müssen, habe ihn Angelika
Freifrau von Fritzsch, Leiterin des Umweltamtes wissen lassen.
Seine Hütte will Nevermann nun abreißen und weiter oben wieder aufbauen, der Bootssteg wird um weitere 30 bis 40
Zentimeter angehoben und verlängert sowie der Boden mit 15 Kubikmetern Kies aufgeschüttet. An die Kosten mag er dabei noch
gar nicht denken, nur an eins: »Ich will auf jeden Fall im April starten.«