Aus Liebe zu den Vögeln
»GRÜN-AS«
-PORTRÄT
Bereits mit 16 Jahren hat der heute 67-Jährige seine besondere Neigung entdeckt: die Liebe zu den Vögeln - die sein Leben bis heute bestimmen sollte.
Zu den Brutzeiten ist Dietmar Heyder in Leipzig und Umgebung unterwegs, um Kleinvögel zu beringen. Eine entsprechende Prüfung hat er 1963 bei der
»Vogelschutzwarte Neschwitz«
abgelegt. Was bei Mauerseglern, Rohrammern und Lachmöven noch relativ leicht durchgeführt werden kann -
die Jungvögel werden mit einem Netz gefangen - ist bei größeren Tieren, wie Schwänen und Störchen, schwieriger zu bewerkstelligen.
Am 12. Juli war ein solcher Einsatz. Neben anderen Interessierten nahm ich in Knauthain an der Beringung eines Weißstorches teil. Dafür hatte Dietmar
Heyder ein Fahrzeug mit einer Hebebühne organisiert, mit der er das Storchennest auf einem freistehenden Schornstein erreichte. Die Beringung erfolgte in
luftiger Höhe, wobei dem Vogel ein leichter, unschädlicher Ring angelegt wurde, auf dem eine Identitätsnummer sowie die Kontaktadresse graviert sind. Für
uns fuhr Dietmar Heyder mit dem vier Wochen alten Storch herab, wobei der Vogel ruhig auf der Decke liegen blieb. »Er fällt in
eine gewisse Schockstarre, die ihn gleichzeitig schützt«
, erklärte der Vogelkundler. Seit 1965 hat er zirka 55.000 Vögel aus über 140 Arten
beringt. Stolz zählt er 1.711 Weißstörche, 1.500 Höckerschwäne und ungefähr 10.000 Mauersegler auf. »An einem Tag gelang mir ein Stundenrekord von
75 Stück.«
Ziel der Beringung ist es, das Verhalten von Vögeln über einen größeren Zeitraum zu verfolgen, beispielsweise ihr Zugverhalten und ihre Zugwege. So
informiert mich Dietmar Heyder, dass zweimal hintereinander ein Weißstorch in Südafrika registriert werden konnte. Das heißt, die Distanz zwischen dem Ort
der Beringung und der Sichtung betrug über 9.600 km. Durch die Ringe lassen sich aber auch Auskünfte zu Orts treue, Lebenserwartung und Todesursachen der
Zugvögel treffen. Vogelfreund Heyder, dem sein Hobby oder vielmehr seine Berufung viel Kraft und Ausdauer gibt, nimmt selbstverständlich an vielen
vogel-relevanten Treffen teil. »Jährlich findet eine Naturschutzhelferschulung und eine Schulung der ehrenamtlichen Vogelberinger Sachsens statt,
alle drei Jahre eine bundesdeutsche Beringertagung. Darüber hinaus besuche ich jedes Jahr den Storchentag in Loburg/Sachsen-Anhalt, bei dem ich
Weißstorch-Freunde aus dem In- und Ausland treffe.«
Es ist eindrucksvoll, den Gründer des ehemaligen Naturschutzamtes der Stadt Leipzig bei seiner Tätigkeit zu erleben und ihm zuzuhören. Mit welcher
Begeisterung er bei »seiner Sache«
ist und mit wie viel Liebe er von Vögeln erzählt. Seine Aufopferung zeigt sich auch in der Trauer
über das Verschwinden angestammter Brut- und Nistplätze, mitverursacht durch die Unachtsamkeit von Mensch und Industrie und seine Sorge um erkrankte Vögel.
»Ich habe während meiner Tätigkeit als Naturschützer und Vogelberinger oft Vorträge gehalten, auch vor Schülerinnen und Schülern. Manche Leute
sind durch mich zum Naturschutz und zur Vogelberingung gekommen und bleiben ihnen bis heute treu. Allerdings ist es mir noch nicht gelungen, jemanden zu
finden, der einmal meine Arbeit in Zukunft fortsetzt.«
Dietmar Heyder, der als ehrenamtlicher Vogelberinger im Auftrag der Beringungszentrale Hiddensee tätig ist, verkörpert beispielgebend die Liebe zur Natur. Er hat für sich eine Bestimmung zwischen dem Ideal, die Schöpfung zu bewahren und dem realen Einsatz in Leipzig und Umgebung gefunden. Den Enthusiasmus dieses Mannes zu erleben, fasziniert.
Wolfgang Walter