Grün-As

Partnerschaft weiter vertieft

Ruth Pfau empfängt Leipziger in Pakistan

Sie ging »dorthin, wo sonst niemand hin will« und half Tausenden von Menschen: Die Ärztin und Ordensfrau Ruth Pfau baute in Pakistan ein flächendeckendes Behandlungssystem gegen die Lepra auf. Heute ist die Krankheit unter Kontrolle, besitzt das von der gebürtigen Leipzigerin gegründete Marie Adailet Leprocy Center (MALC) einen legendären Ruf.

Die »Mutter der Leprakranken« wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet. Geehrt ist auch das Berufliche Schulzentrum (BSZ) der Stadt Leipzig Gesundheit und Sozialwesen: Seit 2010 trägt die Einrichtung in der Schönauer Straße den Namen Ruth-Pfau-Schule. »Grün-As« sprach mit dem Leiter der Ausbildungsstätte, Andreas Bidmon, über die weltweit bekannte Ärztin, ihren Besuch in Leipzig, den Aufenthalt der BSZ-Delegation in Karachi, die Schulpartnerschaft und gemeinsame Aufgaben.

»Grün-As«
Wie erlebten Schüler und Lehrer Ruth Pfau? Eine Frau, die von sich sagt, sie möchte »aus Liebe zu den Menschen die Welt verändern«?
Andreas Bidmon
Ruth Pfau kennenzuleren, war ein Moment, den man nicht vergisst. Eine Person, die all das tut, was man anstrebenswert findet, die für ihre Ideale kämpft - live vor einem: Die körperlich eher kleine Frau stand im Schulfoyer und plötzlich war es mit Größe gefüllt. Unsere Schüler konnten mit ihr sprechen, sie anfassen. Sie erlebten Ruth Pfau als sehr diszipliniert, zielorientiert, warmherzig; als eine Frau, die genau weiß, was sie will. Diese besondere Ärztin bestärkte unsere Schüler weiter für ihr Berufsziel zu arbeiten. Lernen sie doch an unserer Schule, weil sie mit Menschen arbeiten, Menschen helfen möchten.
»Grün-As«
Wofür interessierte sich die Namenspatronin, als sie während eines Rundgangs das Berufliche Schulzentrum Gesundheit und Sozialwesen besuchte?
Andreas Bidmon
Zuallerst war sie natürlich angetan von dem großzügigen Gelände, der Ausstattung und von den vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten ihrer Patenschule. Das erwartete sie wohl so nicht. Doch über die Begeisterung hinaus, hatte sie mit der Schulpartnerschaft auch ein klares Ziel: Gesundheitsberufe, die in dem Krankenhaus in Karachi nicht zu den Ausbildungsinhalten gehören, sollen den pakistanischen Auszubildenden in Leipzig näher gebracht werden. Das betrifft besonders jene in der Altenpflege. Denn die klassische Altenpflegeausbildung wie bei uns, gibt es dort nicht. Man kümmert sich zwar in den Familien um alte Menschen. Doch die traditionelle Großfamilie bricht immer mehr auf. Viele Ältere sind allein, sie müssen beschäftigt und umsorgt werden.
»Grün-As«
Unlängst weilten Sie mit einer Delegation der Ruth-Pfau-Schule zum Gegenbesuch in Karachi. Wie ist das MALC aufgebaut?
Andreas Bidmon
Ruth Pfau führte unsere Delegation - zu der auch die beiden Lehrerinnen Gudrun Matschenz und Heike Darmstadt gehörten - durch sämtliche Räume des Krankenhauses. Einer der emotionalsten Momente war die Begegnung mit Lepra-Kranken. Es war komisch, Menschen zu berühren, die nur eine halbe Hand oder gar keine Füße mehr haben, die aber ohne Schmerzen und freundlich sind. Sicher war es auch für die Kranken ungewohnt: Da sind drei Europäer, die sie sich für uns interessieren, uns berühren. Denn Pakistaner selbst haben immer noch Angst vor Lepra.
Dabei ist sie nach der Einnahme von Tabletten bereits nach zwei Tagen nicht mehr ansteckend. Lepra und Tuberkulose sind Krankheiten der Armut und werden durch Mykobakterien verursacht. Menschen, deren Immunsystem durch mangelhafte Ernährung oder schlechte hygienische Umstände geschwächt sind, können mit einer Kombination aus verschiedenen Antibiotika behandelt werden. Auch wenn Lepra zunehmend unter Kontrolle ist - an Tuberkulose erkranken Menschen in Pakistan weiterhin.
Befragt, wie sie ihre Ziele erreicht habe, sagte Ruth Pfau einmal: »Anzufangen ist in der Regel einfach, aber zum Durchhalten braucht man nicht nur Mut, sondern auch eine tüchtige Portion Humor. Denn sonst würde man bei den vielen Schwierigkeiten aufgeben.« Ruth Pfau begegnet Hindernissen mit einem trockenen Humor.
Denn besonders in den Anfangsjahren muss es sehr viele Schwierigkeiten mit der pakistanischen Bürokratie gegeben haben. Darüber hinaus ist es unvorstellbar, mit welchem Einsatz sie arbeitet: Ruth Pfau ist rund um die Uhr für Patienten da - nur frühmorgens - zur Messe - hat sie eine Stunde für sich. Ihre Tür steht immer offen, egal für wen.
»Grün-As«
Wurden schon konkrete Schritte der Schulpartnerschaft besprochen?
Andreas Bidmon
Regelmäßig gehen Mails von Leipzig nach Karachi und wieder zurück: Die ersten pakistanischen Auszubildenden werden bereits von September bis Dezember 2012 verschiedene Bereiche unseres Schulzentrums kennenlernen und Praktika in Kitas und Altenheimen absolvieren. Hier fit gemacht, werden sie in ihrer Heimat als Multiplikatoren weiter wirken.
Interview: Ingrid Hildebrandt
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