Grün-As

Weißdornstraße definitiv vom Tisch

Stadt beschließt neues Wohnkonzept für Asylsuchende: Grünau bekommt keinen zweiten Standort

Es war am Mittwoch, den 18. Juli, gegen 17.15 Uhr, als sich die Mitglieder des Stadtrates anschickten, über das Wohn- und Betreuungskonzept für Flüchtlinge - darunter jeden einzelnen zukünftigen Standort für Asylbewerber-Unterkünfte - abzustimmen. Vorangegangen war eine hitzige Debatte im Festsaal des Neuen Rathauses mit emotionalen Redebeiträgen, Zwischenrufen von der Empore, Ordnungsrufen vom Oberbürgermeister, Anschuldigungen, Rechtfertigungsversuchen, abschweifenden Ergüssen seitens der NPD und konfus anmutenden Abstimmungsmodalitäten.

Befürworter des Konzeptes feiern das Abstimmungsergebnis als wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Mit dem eindeutigen Votum für die Beschlussvorlage nebst Änderungen entscheidet sich die Stadt gleichsam für eine dezentrale Unterbringung beinah aller hier lebenden Asylsuchenden - verteilt auf das gesamte Stadtgebiet. Darüber, dass der Weg bis dahin keineswegs leicht war, ist viel geschrieben worden. Weit über die Leipziger Grenzen hinaus wurde über die Bürgerproteste in Wahren, Portitz und Grünau berichtet und kontrovers diskutiert. Wenngleich im hiesigen Stadtteil nach der Überarbeitung des Konzeptes durch die städtische Verwaltung und den daraus resultierenden Wegfall des Standortes Weißdornstraße ein wenig Ruhe eingekehrt war, ließen es sich viele Grünauer nicht nehmen, der erneuten Sitzung des Stadtbezirksbeirates West am 9. Juli im Jugend- und Freizeittreff Völkerfreundschaft beizuwohnen.

Knapp 250 Bürger waren erschienen, um sich in einer deutlich entspannteren Atmosphäre als einen Monat zuvor, sämtliche Änderungen zum ursprünglichen Konzept anzuhören. Diese wurden ohne große Einleitungsworte und mit dem Verweis darauf, dass Diskussionen seitens der anwesenden Besucher im Prinzip unerwünscht seien, vom SBB-Vorsitzenden Christian Walther vorgestellt. Dabei war neben der Information, dass das Flüchtlingsheim in der Liliensteinstraße in der bisherigen Form weitergeführt wird, wohl ein Satz für den Großteil der Anwesenden entscheidend: »Gehen Sie davon aus, dass in der Weißdornstraße nichts mehr passiert«, ließ Walther hörbar genervt vernehmen und beendete damit die argwöhnischen Fragen nach der Unumkehrbarkeit des einmal beschlossenen Konzeptes.

Derartige Zweifel kamen auf, als klar wurde, dass der erforderliche Bedarf durch die Reduzierung der Plätze in Wahren und Portitz sowie die deutlich geringere Aufnahmekapazität in den Häusern der Riebeckstraße, nicht gedeckt werden kann. Man müsse, so das Fazit, weiterhin nach geeigneten Standorten für Asylbewerberunterkünfte suchen. Alles beim Alten also, könnte man meinen. Doch obwohl sich auf den ersten Blick nichts für die Bewohner im Stadtteil ändert, könnte die zurückliegende Debatte um die Unterbringung von Flüchtlingen in Leipzig zumindest zwei Veränderungen für Grünau mit sich bringen.

Die Positive zuerst: Die Besichtigung des Gebäudes Weißdornstraße durch den Stadtbezirksbeirat Ende Juni ergab, dass das Objekt selbst nach vierjährigem Leerstand in einem recht ordentlichen Zustand ist und sich für diverse Nachnutzungen eignen würde. Es sei schade, so Grünen-Vertreter Jürgen Kasek, wenn dieses Haus einfach verfiele. Nun müssten Ideen entwickelt werden und er rief die Grünauer auf, Vorschläge ins Gremium einzubringen. Wie und ob das Mittelganghaus an der Parkallee wieder mit Leben erfüllt werden kann, richtet sich allerdings nicht zuletzt nach dem Geld, was für solche Zwecke zur Verfügung steht und welches zum Großteil aus diversen Fördertöpfen für den Stadtumbau stammt.

Und dort schließt sich der Kreis. Denn einem Antrag von Linken-Stadtrat Siegried Schlegel zufolge, sollten eben jene Gelder zur Sanierung des Standortes Riebeckstraße, der als Ersatz für die Weißdornstraße gilt, herangezogen werden und wären somit der Preis, den die Grünauer im wahrsten Wortsinn für den Verzicht auf ein neues Asylbewerberheim zu zahlen hätten.

K. Naceur
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