Editorial
Liebe Leserinnen und Leser, wenn ich Ihnen die Frage stelle, was das geplante Einheits- und Freiheitsdenkmal in Leipzig mit den Olympischen Spielen zu
tun, werden Sie vielleicht keine Antwort finden. Ich schon. Denn die Olympischen Spiele hätten ja im August beinah in Leipzig stattgefunden und dies war
nur möglich geworden, durch die Leipziger und »Umländler«
, die im Herbst 1989 auf die Straße gegangen sind.
Erst dadurch konnte Leipzig den gesamtdeutschen Ausscheid im April 2003 gewinnen und ins internationale Bewerberrennen ziehen. Dort war das bescheidene Konzept dann allerdings chancenlos gegen die Lobby der Millionenstädte und der immer noch gewünschten, gigantischen Spiele. Das IOC vergab damit die Möglichkeit die Aufwärtsspirale zu unterbrechen. Kleine, nachhaltige Spiele, die trotzdem die Welt in ihren Bann ziehen kann - davon war ich zumindest überzeugt und hätte mich im Gegensatz zu vielen meiner Landsleute gefreut, wenn Leipzig 2012 Austragungsort geworden wäre. Gern habe ich mich darum auch im Juli als Interviewpartner eines fiktiven Radiobeitrages zur Verfügung gestellt.
Olympiade in Leipzig, am Hafen, in den Lachen und im Schönauer Park - dabei konnte man schön darüber sinnieren, was alles in Grünau passiert wäre, wenn die Spiele heute hier und nicht in London stattgefunden hätten: Im Schönauer Park wären so vielleicht neue Teiche entstanden, eine feste Bühne, diverse Sitzgelegenheiten, eine ansprechende Beleuchtung sowie endlich wieder Gastronomie. In der Weißdornstraße wäre das ehemalige Ökumenische Gästehaus mit Fördermillionen saniert und aufgepeppt und als Journalistenherberge während der Spiele genutzt worden. Meiner Fantasie waren bei derlei Überlegungen keine Grenzen gesetzt.
Der Nutzen für den Stadtteil nachdem sich Sportler und Tross wieder aus der Leipzig zurückgezogen hätten, wäre noch größer gewesen: Eben jenes Gebäude in der Weißdornstraße hätte als Bildungszentrum oder Mehrgenerationenhaus mit Unterkunftsmöglichkeit für internationale Jugendgruppen nachgenutzt werden können. Auch der Schönauer Park hätte mit etabliertem Lokal und der festen Bühne für Kultur langfristig profitiert. Leider ist dies alles nur Spinnerei und die Fördermillionen bleiben in letzter Konsequenz aus - sieht man einmal von den Geldern zur Verbesserung der Leipziger Infrastruktur ab.
Zurück zum eingangs erwähnten Einheits- und Freiheitsdenkmal. Für dieses Projekt ist Geld von Bund und Land da. Insgesamt zirka fünf Millionen Euro. Auch der Standort Leuschnerplatz wurde bereits beschlossen. Eine Jury wählte aus 39 Entwürfen drei aus, von denen einer letztlich bis Herbst 2014 verwirklicht werden soll. Alle eingereichten Beiträge kann man noch bis zum 5. August im Rathaus besichtigt werden und seine Meinung dazu äußern. Mein Favorit hat es leider nicht in die engere Auswahl geschafft. Mit einem greifbaren, realistischeren Denkmal an einer tatsächlich historischen Stelle der einstigen Demonstrationsstrecke hätten sich die Leipziger sicher besser identifizieren können.
Trotzdem freue ich mich, dass wir im Jahre 2014 anlässlich des 25-jährigen Demojubiläums ein Denkmal erhalten werden. Dies wird dann immer an die Tage im Herbst 1989 erinnern und vielleicht ist dann die Zeit noch einmal reif, sich für überschaubare Olympische Spiele in Leipzig zu bewerben.
Ihr Uwe Walther