Teichkäfer und Karpfen
Ist die Lagune am Kulkwitzer See von Schmutz bedroht?
Am 30. August untersuchte ich mit Grünauer Vorschulkindern den Arm des Kulkwitzer Sees östlich der Campinghalbinsel (Lagune).
Am Ufer trieben dicke Teppiche aus Fadenalgen durchsetzt mit giftigen Cyanobakterien (sogenannte Blaualgen). Der Schlamm, den die Kinder an Land beförderten, stank penetrant. In verschiedenen Schlammproben entdeckten wir nichts Lebendes. Ein sicherer Hinweis, dass es im Schlamm und am Boden an Sauerstoff mangelte. Einige sehr kleine Schalen von Teichmuscheln bestärkten den Verdacht, dass Mollusken, Würmer, Kleinkrebse und Insektenlarven erstickt waren.
Wir begutachteten die Wasserpflanzen, fast ausschließlich Hornblatt, das nährstoffreiches Wasser liebt. Nur die oberen Teile, die nahe der Oberfläche schwammen, waren noch grün. Stängel und Blätter schwarz und schmierig. Als letztes versuchten wir mit einem Netz, Plankton zu fischen - auch ohne Erfolg. Ein Kind fing nach fast ergebnisloser 1,5 stündiger Exkursion im Wasser einen winzigen kleinen Teichkäfer. Andere entdeckten im hohen Gras Schuppen und frische Eingeweide eines größeren Karpfens. Fische waren also schon wieder da.
Die Pflanzen zeigten jedoch an, dass relativ viele Nährstoffe ins Wasser gelangen, von diesen aber sofort aufgenommen und damit aus dem Verkehr gezogen wurden. Warmes Wasser kann weniger Gase, darunter Sauerstoff, lösen. Vor allem das Schilf bewährt sich als Filter. Wasserpflanzen und Algen können große Mengen an Nährstoffen aufnehmen und speichern. Wärme lässt sie schneller wachsen. Auf diese Weise bestens versorgt, begannen vor allem die Algen im warmen Oberflächenwasser des Sommers zu wuchern.
Ist die Lagune am Kulkwitzer See von Schmutz bedroht? Pflanzen produzieren tagsüber den Sauerstoff selbst, den sie zum Atmen benötigen. Nachts allerdings wurde dieser im warmen Wasser durch die große Pflanzenmasse zunächst am Boden der Lagune knapp. Pflanzen und Pflanzenteile sowie Kleintiere, begannen abzusterben. Was schwimmen oder fliegen konnte, floh in den freien See. Das Fatale ist, dass sich im sauerstoffarmen Wasser Phosphate, die in sauerstoffreichem Wasser in sehr schlecht wasserlöslichen Verbindungen vorkommen, in gut lösliche Formen umwandeln.
In der flachen Lagune verhindert auch keine Schicht warmen Wassers, das auf dem kalten Tiefenwasser schwimmt, dass diese mobil gemachten Nährstoffe bis an die Oberfläche gelangen. Das regt die Pflanzen, die die Oberfläche erreichen oder durchbrechen, noch stärker zum Wuchern an. Innerhalb weniger Tage ist auf diese Weise die Lagune gekippt und hat die Qualität eines stinkenden Dorfteiches angenommen. Möglich war das auch, weil der vorherrschende Südwestwind in die Lagune hineindrückt und damit den Wasseraustausch mit dem großen und tiefen See behindert.
Das ist ein ernstes Warnzeichen. Durch seine Tiefe kann der See Vieles wegstecken. Aber unbegrenzt ist seine Fähigkeit nicht, Schadstoffe in der Tiefe verschwinden zu lassen. Vom Grünauer Ufer ist die Lagune nur an wenigen Stellen erreichbar, sonst sind die Ufer zugewuchert. Auch Felder, deren Dünger durch Grundwasser oder den Wind in die Lagune gelangen könnten, sind nicht in der Nähe. Damit bleibt als Hauptquelle der Verschmutzungen nur Abwasser und Abfälle einiger Camper von der Halbinsel.
Die Verschmutzungen der Lagune sind nicht neu. Bereits seit 2000 wird in den verschiedensten Publikationen und vielfältig darauf aufmerksam gemacht. Wenn publiziert wird, dass die Wasserqualität des Kulkwitzer Sees in Ordnung sei, was ist dann mit diesem Teil des Sees, der ja, idyllisch gelegen, uneingeschränkt zum Kulkwitzer See dazu gehört?
Dr. Leonhard Kasek, Fotos: Dr. S. Börner/E.Göbel