Grünauer Feldhasen
tummeln sich heimlich auf Wäscheplatz und Skaterbahn
Man kann sie nur in der Dämmerung treffen - am frühen Morgen oder spät am Abend. Eine Handvoll Feldhasen zwischen Schönauer Lachen und dem S-Bahn- Gelände. Derzeit sind es fünf, alles erwachsene Tiere. Vier davon leben in der Parkallee. Ein anderer Hase, mit 6½ Jahren schon ungewöhnlich alt geworden, an der Brünner Straße, wo noch zwei weitere Hasen regelmäßig gesichtet werden. Hasen in freier Wildbahn sollten eigentlich mindestens zehn Jahre alt werden. Hier in Grünau hat das noch keiner geschafft. Der Stress ist vermutlich zu groß. Krankheit, Autos, Mähmaschinen sind des Feldhasen Feind.
Durch den Bau neuer Verkehrswege und Wohngebiete ist ihnen angestammter Wohnraum genommen. So kommen sie inzwischen mitten unter uns zum Vorschein. Ein Lebensraum, der durchaus nicht nur hasenfreundlich ist. Im Laufe der vergangenen Jahre wurden durch umfangreiche Abholzaktionen der Wohnungsgenossenschaften viele Versteckmöglichkeiten beseitigt. Es wird regelmäßig abgemäht. Das sieht alles sehr sauber und ordentlich aus. Bedeutet aber leichtes Spiel für die Katzen mit den Hasenbabys. Katzen, die frei umherstreifen, sind eine echte Gefahr für die Jungtiere. Das liegt wohl daran, dass die kleinen Langohren auch bei Bedrohung geduckt sitzen bleiben.
Feldhasen sind Nestflüchter. Kurz nach dem Wurf sucht sich in der Regel jedes Hasenbaby ein eigenes Versteck. Das kann nach einer Woche schon mal 50 Meter von der Wurfmulde entfernt sein. Gerade diese Aktivität macht die Katzen aufmerksam. Und so sind die Kleinen den ungewohnten Feinden leichte Beute.
Kaum schafft es ein kleiner Hase bis in die dritte Lebenswoche, fängt er an, putzmunter und neugierig seine Umgebung zu erkunden. Das ist eine besonders gefährliche Zeit. Hasen, ob klein oder groß, verhalten sich bei Annäherung eines vermeintlichen Feindes erst mal sehr still, ducken sich, machen sich flach. Legen die Ohren an und springen erst davon, wenn es gar nicht mehr anders geht. Falsch wäre aber, junge Feldhasen als vermeintlich verwaiste Jungtiere mitzunehmen, um sie dann künstlich aufzuziehen. Sie bedürfen im Normalfall dieser menschlichen Hilfe nicht. Bitte fassen Sie die Jungtiere nicht an.
Haben sie diese ersten unsicheren Tage gut überstanden, tummeln sich die kleinen Langohren schon mal auf dem Spielplatz der Förderschule oder den Wäschewiesen, in der Parkallee oder auf dem Skaterfeld. Auf den Spielplätzen sind vor allem die Sandkästen interessant. Im Sand wälzen sich die Hasen am liebsten.
Eigentlich sind sie Einzelgänger. Wenn das aber eine Häsin ist, kann sich dieser schon mal ein männlicher Hase zugesellen. Sie haben ein sicheres Gespür
für den »heißen«
Tag der Häsin, die sie alle 37 oder 38 Tage hat. Dann finden sich neben den beiden vor Ort lebenden männlichen Hasen
noch andere »Bewerber«
ein, die man sonst nie zu Gesicht bekommt und die nach spätestens zwei Tagen wieder weg sind. Wer sich auch mit
Interesse und Feingefühl diesen kleinen Mitbewohnern nähern möchte, braucht viel Geduld. Die scheuen Hasen lassen sich nicht so einfach herbei bitten.
Ein Umstand, von dem passionierte Tierfotografen ein Lied singen können. Wer's schon mal selbst versucht hat, ein Wildtier mit dem Fotoapparat gut abzulichten, weiß wovon ich rede. Bei den ersten Versuchen hat man sicher nur Schwanz oder verwischte Ohren. Wenn man Glück hat, ein fliehendes Tier von hinten ... Ein verschreckter Hase flüchtet im Sprunggalopp. Das kann nerven!
Wenn er nur hoppelt, hat er keine Angst. Wer Hasen fotografieren will, sollte sich völlig absichtslos geben. Wie ein normaler Fußgänger. Man sollte nicht aus der Entfernung direkt auf sie zusteuern. Sich nicht anschleichen wollen oder sich kleinmachen. Ein Hase bemerkt dieses ungewöhnliche Verhalten sofort und ordnet den heranpirschenden Hobbyfotografen automatisch als Feind ein. Einer, der diese anfänglichen Fehlversuche längst hinter sich gelassen hat, und es trotzdem weiter versuchte, hat mit der Zeit viele wunderschöne, aufrüttelnde und lustige Momente erlebt.
Nachzulesen auf seiner bezaubernden Website www.feldhasen-gruenau.de. Dort kann man neben beeindruckenden Tierfotografien auch ein Hasentagebuch entdecken, das nun schon über zehn Jahre über Feldhasen-Liebe und Feldhasen-Leid berichtet. Hier mitten unter uns. Wo sich inzwischen auch schon Füchse und Waschbären blicken lassen. Sicher kann man das nicht unkritisch betrachten. Zu einem funktionierenden Lebensraum gehören auch zahlenmäßig proportionale Populationen.
Aber das soll uns ein andermal interessieren. Hier wollen wir Sie nur ein wenig neugierig machen. Vielleicht gehen Sie beim Osterspaziergang doch ein wenig aufmerksamer durch unser Grünau. Viel Spaß dabei.
Silke Heinig