Editorial
Liebe Leserinnen und Leser, die Bundestagswahl 2013 ist Geschichte. Selbst wenn die Entscheidung der Regierungsbildung noch aussteht ist eines sicher:
Große Veränderungen waren anscheinend nicht gewollt und darf man angesichts der Ergebnisse auch nicht erwarten. Dies stützt die These von Berthold Brecht,
der einst wissen ließ: »Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie schon längst verboten.«
Nun, so weit würde ich zwar nicht gehen, aber
in der Tat stellt sich seit geraumer Zeit für viele Menschen die Frage nach dem Sinn einer Wahl, wenn sie doch vermeintlich nichts an ihren Lebensumständen
ändert.
Nichtwählen scheint für knapp 37 Prozent der Grünauer eine Alternative zur bemängelten Alternativlosigkeit darzustellen. Sowohl die Androhung von
Bundespräsident Joachim Gauck, »Nichtwählern im Traum zu erscheinen«
als auch der erhoffte Coup, pro 7-Fernseh-Konsumenten mit Polit-
Talk- Neueinsteiger Stefan Raab niederschwellig ans Thema Wahlen heranzuführen, verfehlten ihre Wirkung. Abgesehen von der schon immer starken
Wählergemeinschaft in Grünaus Siedlungen, rangiert der Stadtteil einmal mehr auf einer Liste mit der schlechtesten Wahlbeteiligung in ganz Leipzig ziemlich
weit oben.
Woher kommt das? Liegt es vielleicht daran, dass Grünau für viele Parteien »kein Schwerpunkt«
(so wortwörtlich einer Partei
abgelauscht) darstellt und sie darum hier nicht so powern, wie an anderer Stelle? Vielleicht ein kleines Beispiel, das diese Annahme stützen könnte:
»Grün-As«
wollte wie gewohnt im Vorfeld über die zur Wahl stehenden Kandidaten berichten und schrieb sowohl Parteibüros als auch
Direktkandidaten an. Reaktionen bekamen wir nur eine und wurden dafür der fehlenden Neutralität bezichtigt.
Zugegeben: An kleineren Wahlständen, via Plakaten und auf dem Parkfest haben sich alle präsentiert - sogar die Alternative für Deutschland (AfD). Sie hätte entgegen dem Bundestrend in Grünau wie übrigens in ganz Leipzig den Sprung über die 5-Prozent-Hürde geschafft. Reiner Protest? Wohl kaum. Dafür sind andere Parteien und deren Gesinnung deutlich besser geeignet. Umso erfreulicher ist es, dass die NPD beispielsweise beinah ein Prozent ihrer Stimmen im Vergleich zu 2009 abgeben musste - auch in Grünau. Ein Trend, der sich gern fortsetzen darf.
Doch zurück zur großen Politik, deren Fortgang auf Bundesebene trotz des haushohen Sieges der CDU noch immer unklar ist. Für Spannung sorgte weniger die zögerliche Aufholjagd der SPD oder die Möglichkeit einer Rot-Rot-Grünen Koalition. Sie ist eher dem nicht ganz unerwarteten Ausscheiden der FDP geschuldet. Wie geht es weiter? Große Koalition, schwarz-grünes Neuland, Minderheitsregierung mit starker Opposition oder gar Neuwahlen? Bald sind wir alle schlauer...
Ihre Klaudia Naceur