Ist das Kunst - oder muss das weg?
Schnelle Eingreifgruppe SEG der Stadt kämpft tapfer gegen Graffiti
2000
Der Inline-Hockey-Verein »von der Rolle«
und der »EHC Leipziger Eislöwen«
gaben mit ihrer Suche nach geeigneten Flächen für den Rollsport einst den Anstoß für einen
öffentlichen Hockeypark.
2003
Das Projekt kommt ins Rollen. Auf dem Prinzip einer öffentlich-privaten Partnerschaft. Mit Unterstützung des Amtes für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung (ASW) wurde eine Gestattungsvereinbarung zwischen der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) und dem Verein abgeschlossen. Da für das entsprechende Gelände bis auf Weiteres kein Investitionsdruck erwartet wird, hat man sich auf eine ungewöhnlich lange Laufzeit von über 20 Jahren geeinigt. Als Gegenleistung für die kostenlose Nutzung der Hockeyfelder als Trainingsfläche verpflichtet sich der Verein, die Pflege der Grünflächen zu übernehmen.
2005
Das Sport- und Spielfeld im Park 5.1, Leipzig-Grünau, Garskestraße 5 wird mit dem Architekturpreis 2005 gewürdigt: Die Architekten Susanne Schnorbusch, Nancy Couling mit Studio UC. K. Overmeyer, Berlin.
»Eine neue Identität des Ortes«
sollte mit dem Sportpark geschaffen werden. Feiner Plan. Am schnellsten identifizierten sich die Sprayer.
Die in der hüfthohen Bande beidseitig Sprayfläche noch und nöcher sahen. Interessierte Freizeitsportler, die sich zum Outdoor-Hockey auf der Bahn treffen, haben stets das Nötigste dabei: Besen, Kehrzeug, Mülltüten. Die unmittelbare Nähe zu Lidl, zum Biergarten und zu den Wohnblocks des betreuten Wohnens macht die Beschaffungswege kurz. An verbrauchten, zerschlagenen Flaschen gibt's keinen Mangel. Der Weidenzaun ist in zwischen zweimal umgestürzt. Einmal abgebrannt. Eine nachhaltige Erneuerung nicht zu erkennen. Bänke sind zerstört. Papierkörbe herausgerissen. Holzverkleidungen entfernt. Herbeigeredet. Ausgezeichnet. Ungepflegt. - Nicht angenommen?
2013
Der kleine Sportpark ist im Internetportal »urban streets«
gerade Projekt der Woche. Vor Ort allerdings nur noch ein Ärgernis. Die vereinbarte pflegende Hand des Inline-Hockey-Verein
»von der Rolle«
und der »EHC Leipziger Eislöwen«
ist schwer zu erkennen. Und die Stadt - als Bauherr? Kontrolle. Präsenz. Sanktionen. Aber sicher: Laut Gesetz sind die
Sprayer - wenn man ihrer denn mal habhaft würde - nicht für Reinigungsarbeiten heranzuziehen. Sie könnten, wenn überhaupt, zum Ableisten gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden. Das müssten sie dann aber
auch tun...
Ein Großteil der 2239 Delikte des letzten Jahres allein in Leipzig waren für Außenstehende unverständliche Schriftzüge oder Symbole. Großflächige, kunstvoll gestaltete Graffiti waren nicht darunter. Zwei Millionen Euro Schaden macht das Gekritzel 2012 aus. Dahinter stecken nach Schätzungen von Stadt und Polizei etwa 200 bis 250 illegale Sprayer - überwiegend männliche Jugendliche im Alter von 13 bis 25 Jahren. Schwerpunkt sind der Leipziger Westen und Südwesten. In der letzten Oktoberwoche griff nun die Schnelle Eingreifgruppe SEG der Stadt Leipzig ein.
Aus der Stadtkasse mussten allein letz- tes Jahr mehr als 275.000 Euro aufgewendet werden, um den Schaden an kommunalem Eigentum zu beseitigen. Ein Großteil der Reinigungen seien durch die beiden Teams der
Schnellen Eingreifgruppe Graffitibeseitigung (SEG »Graffiti«
) durchgeführt worden, die insgesamt mehr als 20.000 Quadratmeter im Stadtbild von der ungewollten Farbe befreien. 510 Aufträge
waren das. Handarbeit, mit Lösungsmitteln, Pinsel und Spachtel. Männer und Frauen, rekrutiert aus dem Kommunalen Eigenbetrieb Engelsdorf.
14 Tage Arbeit allein am Park 5.1. Bemüht umweltverträglich. Durchaus mit Umsicht, um die umlaufenden originalen Schriftzüge im Wesentlichen zu erhalten. Aber auch mit Unmut im Bauch. Sind sie ja nicht diejenigen, die eigentlich hier schwitzen sollten. Das Zinkblech auf der Oberkante der umlaufenden Bande soll jetzt länger halten als das ursprüngliche Holz. Die Innenseiten wurden überstrichen. In der letzten Oktobersonne des Jahres 2013 ein schöner Anblick...
Silke Heinig