Grundschule Miltitz
Kleinod mit Geschichte
Grünau ist ein Bildungsstandort - nicht zuletzt, weil der Stadtteil mit insgesamt 16 Einrichtungen über eine hohe Dichte an Grund-, Ober-, Förder- und Berufsschulen sowie einem Gymnasium und zwei Institutionen in freier Trägerschaft verfügt.
Eine davon ist die Grundschule Miltitz, die zwar genau genommen nicht auf Grünauer Flur beheimatet ist, deren Schüler aber größtenteils aus dem angrenzenden WK 7 kommen. Für die hiesige Bildungslandschaft ist die Einrichtung etwas Besonderes.
Nicht nur, dass sie im Gegensatz
zu den meisten ihrer
»Kollegen«
wenig Anlass zur
baulichen Kritik bietet, sie ist
auch die mit Abstand älteste
Schule. In diesem Jahr begeht
sie ihr 125. Jubiläum.
Auf den Tag genau 125 Jahre
nach ihrer Einweihung am 7. November
1889 am heutigen Standort
in der Großmiltitzer Straße,
wird dieses Ereignis ohne großen
Pomp gefeiert.
Im Rahmen einer Projektwoche beschäftigen sich die insgesamt 135 Mädchen und Jungen zuvor mit Schulhistorie im Allgemeinen sowie der Geschichte ihrer eigenen Einrichtung. So besuchen sie das Schulmuseum am Dittrichring, erkunden alte Kinderspiele, die vor 100 Jahren zur Pausenbeschäftigung dienten, lernen alte Schriften kennen, basteln Klassenräume in Schuhkartons oder interviewen die uralte Kastanie, die auf dem Hof der Schule thront. Was sie wohl erzählen würde, wenn sie könnte!?
Vielleicht von wilden Kastanienschlachten unter ihrem Blätterdach oder gestrengen Schulmeistern, die nicht selten von ihrem Rohrstock Gebrauch machten, wenn ihnen einer der Lausbuben frech kam. Oder aber von Spickzetteln, heimlich in die Schulbank eingeritzten Herzen, Tadeln, Einsern und dergleichen unendlich mehr. Aus dem Alltag der einstigen Dorfschule mit anfangs gerade einmal vier Klassen, drei Klassenzimmern und einem Lehrer ist leider nichts dokumentiert. Eckdaten allenfalls - wie die Einführung der Schulküche, des Hortes und des polytechnischen Unterrichtes (siehe auch Chronik) und schließlich die Umwidmung in eine Grundschule.
Das war vor 22 Jahren und ging obendrein mit einer baulichen Erneuerung einher. Das altehrwürdige Schulgebäude wurde unter anderem um ein gläsernes Treppenhaus ergänzt. Modernisierung gab es in all den Jahren aber nicht nur in architektonischer Hinsicht. Längst hat natürlich auch der Fortschritt bei Lernmitteln und in der inhaltlichen Arbeit Einzug gehalten. Seit vergangenem Schuljahr wurden die herkömmlichen Kreidetafeln in vier Räumen gegen interaktive Whiteboards ersetzt und mit einem kompletten Klassensatz an Laptops ist man auch in dieser Hinsicht auf dem technisch neuesten Stand.
Seit sieben Jahren verfügt die kommunale Einrichtung zudem über verschiedene Ganztagsangebote (GTA), die vor allem dem Engagement des Fördervereins zu verdanken sind. Neben Hundetraining, Modelleisenbahn, Handball, Hauswirtschaft, Bücherei oder 10-Finger-Schreiben, ist die Pflege der Partnerschaft zu einer Mittelschule im tschechischen Milovice das wohl außergewöhnlichste und spannendste Projekt, dem sich momentan 13 Schüler in Miltitz widmen.
Was mit kurzen Vorstellungsbriefen, selbst gebackenen Plätzchen zu Weihnachten und Osterbasteleien im Frühjahr via Post begann, hatte dieses Jahr im Juni seinen vorläufigen Höhepunkt, als 20 Schüler und zwei Lehrer ihre Feldbetten in der Grundschule am westlichsten Zipfel Leipzigs aufschlugen. Stadtrundfahrt, Eis essen, Bootstour, Abendbrot beim Klinkenwirt am Kulki, Grillabend auf dem Schulhof - zwei Tage vergingen wie im Flug und waren in erster Linie nur durch vielseitiges Sponsoring in diesem Umfang möglich.
Nächsten Mai geht's für die gut ein Dutzend Miltitzer Projektteilnehmer in umgekehrte Richtung - die sechsmonatige Wartezeit wird mit neuerlichen Briefen und Päckchen überbrückt. Auch Plätzchen werden wieder fleißig gebacken - unter dem Dach des Hauses gibt es eine Küche, wo dies möglich ist. Daneben bietet die umfunktionierte ehemalige Hausmeisterwohnung eine liebevoll eingerichtete Bibliothek sowie einen Ruheraum.
Eng ist es - geradezu
kuschelig, wie beinah das
gesamte Schulgebäude. Das mag
auf Besucher gemütlich wirken,
birgt aber auch einige Unannehmlichkeiten.
So verfügt die Einrichtung
weder über einen hauseigenen
Hort noch einen Speiseraum.
Die Kids pilgern zum Mittagessen
ins nahe Kinderhaus »Groß und
Klein«
(GUK) in der Neuen Leipziger
Straße. Dort werden sie auch
in den Nachmittagsstunden betreut.
Die Raumnot machte schon seit jeher erfinderisch: Während des Betriebes als POS mussten beispielsweise angrenzende Gebäudeteile und sogar Baracken auf dem Schulhof für den Unterricht herhalten. In heutigen Zeiten sorgt die Enge für interessante und hilfreiche Synergien. Die fehlende Aula wird bei Anlässen wie Schulanfang oder Aufführungen der legendären Musicals zu Jahresende kurzerhand in die benachbarten Rosensäle verlegt.
Sportunterricht und Wettkämpfe finden in der Turnhalle der 91. Grundschule im WK 7 oder dem Sportplatz der Klingerschule statt. Zwar gab es vor zehn Jahren die Idee, eine einfache Einfeldhalle auf dem Gelände zu errichten. Diese konnte jedoch nicht umgesetzt werden. Noch nicht. Die Pläne sind erarbeitet und könnten irgendwann zum Einsatz kommen.
Doch das ist Zukunftsmusik. Die Miltitzer - das kleine Team von sieben Lehrern für sieben Klassen - ist im Jetzt und Hier ausgelastet. Der Schulalltag ist trotzdem das Kollegium in einer für Grünauer Verhältnisse beinah idyllischen Atmosphäre lehren, auch für sie voller Herausforderungen: Inklu - sion ohne entsprechende personelle Unterstützung, volle Klassen, hoher Krankheitsstand. Schule anno 2014.
Klaudia Naceur