Vorläufiges Aus für den Arbeitsladen
Von Lücken, Erfolgen, Straßen und Stadtteilentwicklung
Wenn das Wörtchen »wenn«
nicht wär', wäre Vieles nicht so schwer. Und wenn es bei der Fördermittelvergabe von EU, Bund und Ländern nicht des Öfteren zu Finanzierungslücken käme, könnte
das ein oder andere Projekt, das auf Gelder aus öffentlicher Hand angewiesen ist, längerfristig und damit effektiver arbeiten.
So wie der Arbeitsladen, der sich nach zweieinhalb Jahren Tätigkeit am Ratzelbogen aufgrund der fehlenden Anschlussfinanzierung mit dem 1. November aus dem Stadtteil verabschiedete. Dabei war das Angebot,
welches vom Verein »Arbeit und Leben in Sachsen«
getragen wurde, eines der wenigen, die wirklich funktioniert haben. Grünau hat schon einige Projekte kommen und gehen sehen ? ist das
Viertel doch zusammen mit dem Leipziger Osten ? ein besonders förderwürdiges Wohngebiet.
Und so steckten immer mal wieder Vereine, Institutionen und Studentengruppen den Kopf durch die Tür des Stadtteils, stellten oft genug speziell auf die Fördermittelrichtlinien hingebogene Programme vor,
hielten die Hand auf, bekamen Finanzspritzen für kurzzeitige Aktionen wie »Grünau Move«
, »Von der Straße ins Leben«
oder auch die erst kürzlich verschwundene
»Bildungsagentur«
und verabschiedeten sich wieder nach dem Versiegen ihrer Geldquelle. Nachhaltigkeit? Fehlanzeige! Von manch einem Projekt erfuhr die Öffentlichkeit erst, als es schon wieder
weg war.
Dem Arbeitsladen wäre es vielleicht sogar ähnlich gegangen, wenn die Mitarbeiter nicht 30 Monate Zeit gehabt hätten, anzukommen. »Der Anfang war äußerst mühselig«
, resümiert der
scheidende Teamleiter Dr. Uwe Krüger. »Wir standen praktisch vor dem Nichts, mussten uns mit dem Stadtteil vertraut machen, mit den Gegebenheiten. Da ging viel Zeit verloren, die man hätte besser
nutzen können.«
Besser nutzen für die eigentliche Aufgabe - die Förderung der lokalen Ökonomie. Heißt übersetzt: Die in Grünau ansässigen Firmen stärken und arbeitsuchenden Bewohnern neue
Perspektiven aufzeigen - bestenfalls beides gleichzeitig, in dem man potenzielle Arbeitnehmer und -geber im selben Quartier zusammenbringt.
Letzteres ist zwar nicht ganz gelungen, was vor allem daran liegen dürfte, dass Grünau trotz immerhin 430 Klein-, Kleinst- und Einzelunternehmen in erster Linie Wohnquartier ist. Trotzdem sind die Abschlusszahlen löblich. 2.725 dokumentierte Kontaktgespräche im Arbeitsladen. 500 Beratungen und Qualifizierungsmaßnahmen mit Unternehmern. Mit Arbeitsuchenden waren es weitaus mehr. 1.766 nämlich. 150, davon ein erheblicher Anteil von Langzeitarbeits losen konnten in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden.
Dr. Krüger glaubt zu wissen, wie der Erfolg zu erklären ist: »Anfänglich dachten ja viele, wir seien der verlängerte Arm des Arbeitsamtes und waren dementsprechend zurückhaltend. Die meisten haben
jedoch schnell gemerkt, dass wir nach dem Prinzip der Freiwilligkeit agieren und - das ist ganz wichtig - ein echtes Interesse an ihrer Person und ihrer beruflichen Entwicklung besteht. Das hat sie für unser
Projekt geöffnet und ihnen letztendlich selbst geholfen.«
Klingt simpel. Ist es im Grunde auch, aber warum nicht einfache Lösungen anbieten, wenn sie Erfolg zeitigen. Ein wenig schwieriger war die
Förderung der Unternehmer.
Neben einzelnen Qualifizierungsmaßnahmen, ging es nicht selten um das große Ganze. So brachten sich mit tatkräftiger Unterstützung des Arbeitsladens Unternehmer aktiv in die Erarbeitung des
Stadtteilentwicklungskonzeptes ein. »Vielschichtig«
, nennt Uwe Krüger seine ehemaligen Aufgaben und schade, dass das gut laufende Projekt nun erst einmal auf Eis liegt. Er fürchtet unter
anderem um das gewonnene Vertrauensverhältnis. Eine Fortsetzung stellte indes Stefan Geiss, Abteilungsleiter des Amtes für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung (ASW) vorsichtig in Aussicht - wenn auch
erst in frühestens einem Dreivierteljahr.
Das Fördermittelprogramm werde Anfang 2015 neu aufgelegt, die Stadt müsse sich daraufhin bewerben und dann gilt es einen Projektpartner zu finden. Ob dies wiederum »Arbeit und Leben«
sein wird, gilt hinter vorgehaltener Hand als unwahrscheinlich. Es gab Differenzen zwischen Amt und Träger. Trotz dieser gibt Geiss zu, dass sich der Einsatz der Mittel anhand der Zahlen durchaus
rechtfertige. Ganz Stadtplaner vergleicht er die Höhe der Kosten für den Arbeitsladen mit denen einer 700 Meter langen Quartiersstraße. Die ließe sich einfacher im Kosten-Nutzen-Verhältnis darstellen. Fakt
sei jedoch, dass die durch die Aktivitäten des Arbeitsladens hinzugewonnene Kaufkraft hilft, den Stadtteil weiter zu entwickeln und zu stärken.