Grünau – zwischen Wohnqualität und Wohndefiziten
Ergebnisse der Einwohnerbefragung »Wohnen und Leben in Grünau 2015«
Bereits in der ersten Ausgabe des »Grün-As«
2016 berichtete das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ in Verbindung mit der Einladung zur Ergebnispräsentation im KOMM-Haus am 25.
Februar über ausgewählte Ergebnisse der Erhebung.
Nunmehr sollen weitere Ergebnisse der im Sommer 2015 durchgeführten Studie, an der sich 705 Grünauer aus allen Ortsteilen beteiligten, vorgestellt und in den Langzeitvergleich eingeordnet werden. Im Folgenden werden verschiedene Aspekte der Wohnzufriedenheit beleuchtet, wobei auch kleinräumige Unterschiede Beachtung finden.
Herauszustellen ist das insgesamt sehr positive Gesamtbild, das die Grünauer Bürgerinnen und Bürger auf ihren Stadtteil in der Befragung 2015 bestätigen. 68 Prozent aller Befragten fühlen sich uneingeschränkt in Grünau wohl, nur zwei Prozent verneinen die Frage. Allerdings verweisen auch 30 Prozent auf Einschränkungen, die sich auf Probleme im sozialen Miteinander und auf Sauberkeitsdefizite sowie Sicherheitsaspekte beziehen.
Zunächst wird die Wohnung näher betrachtet. Der Langzeitvergleich zeigt, dass sich gut zwei Drittel der Befragten uneingeschränkt in ihrer Wohnung wohlfühlen. Ein knappes Drittel macht Einschränkungen. Nur sehr wenige Befragte fühlen sich nicht in ihrer Wohnung wohl.
Der fortlaufende Anstieg des Wohlfühlens in der eigenen Wohnung seit 1995 steht mit der langen Wohndauer und den in der Zwischenzeit erfahrenen Veränderungen in und an ihrer Wohnung in enger Verbindung. Dabei spielt das Alter der Befragten eine wichtige Rolle. Je älter die Befragten sind, desto höher ist der Anteil derer, die sich wohlfühlen beziehungsweise mit der Wohnung im Allgemeinen zufrieden sind.
Ganz im Gegenteil dazu meint ein Viertel der Befragten, dass sich ihr Haus in den letzten fünf Jahren negativ entwickelt hat. Im Vergleich zur Beurteilung des Wohngebiets (13 Prozent) und Grünaus insgesamt (10 Prozent) ist dies der negativste Wert. Die unmittelbare Wohnumgebung ist stärker im Blickfeld und wird auch kritischer beobachtet. Große Unterschiede in der Bewertung des Hauses treten zwischen den jeweiligen Vermietern auf.
In den Wahrnehmungen und Beurteilungen werden Unterschiede zwischen den Wohngebieten deutlich. Um die Stärken und Schwächen des Wohngebietes beziehungsweise des WKs herauszufinden, wurden die Befragten gebeten, mit eigenen Worten ihre Meinung dazu aufzuschreiben. Die Stärken aller Ortsteile werden von der guten Verkehrsanbindung, den Einkaufsmöglichkeiten und dem Grünflächenangebot bestimmt. In Grünau-Ost, Schönau und Grünau-Nord wird zudem die ruhige Lage hervorgehoben. In Grünau-Nord und in Lausen-Grünau wird die medizinische Versorgung herausgestellt.
Die Bewohner von Lausen-Grünau (48 Prozent) in besonders hohem Maße und ebenso von Grünau-Nord (27 Prozent) heben die Nähe ihres Wohngebietes zum Kulkwitzer See hervor. Die Nähe zum Allee-Center wird von den Bewohnern in Grünau-Mitte als Stärke betont.
Dem gegenüber stehen die Schwächen. Insgesamt werden zahlenmäßig weniger Schwächen als Stärken angegeben. Es fällt auf, dass die Befragten in Grünau-Nord/WK 7 kaum Schwächen ihres Ortsteils/WKs benennen. In der vorangegangenen Erhebung von 2009 gehörte dieser Stadtteil noch zu den problematischen. Hier hat sich offensichtlich zwischenzeitlich eine starke Veränderung aufgrund baulicher Maßnahmen und Freiflächengestaltungen ergeben. Diese werden von den Befragten auch wahrgenommen.
In Lausen-Grünau und in Grünau-Mitte wird in besonderem Maße das soziale Umfeld beklagt. Zu viel Abfall und Hundekot wird außer in Schönau in allen Ortsteilen registriert. Dies hängt zusammen mit der wahrgenommenen steigenden Anzahl an Hundehaltern. 72 Prozent aller Befragten bestätigen deren Zunahme in den letzten fünf Jahren.
Die Befragten in Schönau bemängeln vorrangig fehlende gastronomische Einrichtungen. Die Qualität der Spielplätze wird besonders in Schönau als Schwäche angesehen. Auffällig ist die in den Ortsteilen Lausen-Grünau und Grünau-Mitte häufig geäußerte Meinung, dass der Ausländeranteil zu hoch ist und dies als Schwäche des Wohngebietes/WKs gesehen wird.
Hinsichtlich der Frage, wie die Grünauerinnen und Grünauer die künftige Entwicklung Grünaus einschätzen, sehen 60 Prozent der Befragten der Zukunft positiv entgegegen. 30 Prozent meinen, dass sich nicht viel ändern wird. Nur zehn Prozent der Befragten sehen die Zukunft Grünaus negativ. Es dominiert insgesamt eine durchaus optimistisch-positive Gesamterwartung hinsichtlich der Zukunft des Stadtteils.
Diese tritt zunehmend auf, je älter die Befragten sind. Die positivste Zukunftsperspektive hat die Altersgruppe über 65 Jahre, in der zwei Drittel der Überzeugung sind, dass sich Grünau überwiegend beziehungsweise generell positiv entwickeln wird. Am Ende des Fragebogens beschreiben die Befragten ein Bild von Grünau in zehn Jahren. Etwa die Hälfte aller Befragten äußert sich zu dem Thema. Die Vorausschau ist sehr vielfältig und ambivalent, somit ohne eine eindeutige Tendenz.
Manche Befragte meinen, dass die Entwicklung Grünaus vorwiegend von der Beachtung durch die Politik abhängt. Auch das Bevöl - kerungswachstum der gesamten Stadt und (Verdrängungs-) Prozesse in anderen Leipziger Stadtteilen spielen für die Zukunft Grünaus eine Rolle.
In anderen Einschätzungen ist die Durchmischung verschiedener Bevölkerungsgruppen Kern der Zukunftsaussichten. In vielen Nennungen wird ein Anstieg des Anteils der Migranten damit verknüpft. Mehr Migranten
können aber auch eine Chance für den Stadtteil sein. Ein Befragter stellt sich die Entwicklung folgendermaßen vor: »gute Entwicklung, Multikulti-Stadtteil, weil alle Kinder von allen Ausländern
zusammen hier groß werden und zusammen eine neue 'Identität' entwickeln.«
Die Mehrheit der Befragten skizziert eine positive Zukunft Grünaus. Viele Befragten erwarten weitere bauliche Veränderungen wie Abriss, Um- und Neubauten sowie neue Grünflächen. »Es wohnen wieder
mehr Menschen in Grünau. Es wird wieder mehr neu gebaut. Die letzten unsanierten Häuser sind saniert oder abgerissen.«
»[Grünau wird] eine der besten Gegenden Leipzigs, eine der beliebtesten«
ist eine Befragte überzeugt. Zwei Befragte beschreiben die Zukunft Grünaus als »grün und
bunt«
.
Die Antworten variieren bis hin zur Polarisierung. Je nach baulichen Veränderungen und der Zusammensetzung der Bewohnerschaft, die von den Strategien der Stadt Leipzig und den Wohnungsunternehmen abhängen, entwickele sich Grünau zu einem Problemgebiet oder einem aufstrebenden Stadtteil – so die Sicht der Bewohnerinnen und Bewohner Grünaus auf die Zukunft ihres Stadtteils.
Sigrun Kabisch, Maximilian Ueberham, Max Söding / UFZ