Grünau-Forum der Stadtratskandidat/innen
Öffentlicher Grünauer Stammtisch
Am 5.5.99 wollten ca. 50 Grünauer/innen »Ihre«
Kandidat/innen der Wahlkreise 8 und 9 der
Kommunalwahlen kennenlernen. Die Besucher/innen des öffentlichen Grünauer Stammtischs im KOMM-Haus staunten nicht
schlecht, als sie sich einem Podium mit 16(!) Poltiker/innen gegenüber
sahen. Alle anwesenden Kandidat/innen und Kommunalpolitker/innen erhielten die
Möglichkeit, sich mit ihren Arbeitsschwerpunkten vorzustellen. Neben den bekannten Parteien
SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, PDS, DSU und FDP kandidiert auch die Volkssolidarität für den
künftigen Stadtrat.
Im Podium waren vertreten Herr Wesser und Herr Junge (SPD), Herr Lange, Herr Plotzki, Frau Huppers und Herr Ulbricht (CDU), Herr Piasek und Herr Schlegel (Bündnis 90/Die Grünen), Herr Pellmann und Herr Ulrich (PDS), Frau Alt, Herr Obser und Herr Schröder (DSU), Herr Geißler und Herr Siegmund (Wählervereinigung Volkssolidarität). Diejenigen, die gekommen waren, erlebten eine aufregende, interessante und kurzweilige Veranstaltung, konnten sich ein Bild von ihren Kandidat/innen machen. Bei vielen Fragen herrschte weitgehend Konsens unter den Kandidat/innen, z. B. in der Befürwortung behindertengerechter Umbaustrategien in Wohnungen, Einrichtungen und im Wohnumfeld.
Genauso in der Ablehnung des Ausbaus der Verlängerung der Windsheimer Straße, die eine Zergliederung der Siedlung Grünau zur Folge hätte. Auch in der Frage, sich weiter für Grünau zu engagieren, auch wenn sie nicht gewählt werden, waren sich die Kandidat/innen einig. Ihre Arbeit in verschiedenden Gremien und Ausschüssen oder dem Stadtbezirksbeirat usw. würde selbstverständlich fortgesetzt werden. Einige der Kandidaten im Podium sind bereits durch solche Tätigkeiten bekannt, z.B. Herr Wesser und Herr Junge (SPD), Frau Huppers (CDU), Frau Alt (DSU) und Herr Pellmann und Herr Ulrich (PDS).
Der Zwischenruf aus dem Publikum: »Es sollte nur gewählt werden, wer sich bereits für Grünau
engagierte«
, konnte in diesem Zusammenhang auch als Aufforderung an die Kandidat/innen
verstanden werden. Übereinstimmend traten die Vertreter der verschiedenen Parteien und
der Volkssolidarität für ein gemeinsames Bündnis gegen rechte Gewalt ein. Eine Frau aus dem
Publikum hatte ihrer Besorgnis Ausdruck gegeben, dass Grünau aufgrund der Vorfälle am
Kirschberghaus von den Medien zu einem »Stadtteil der Angst und der Neonazis«
gemacht werden
würde.
Solchen Stigmatisierungen treten alle Politiker/innen entgegen. Gemeinsam wollen sie Kräfte
bündeln helfen (von Schulen, über Polizei, Einrichtungen, Institutionen, Jugendvereinen und -
verbänden bis hin zu Politik und Verwaltung), um Jugendlichen wieder Vertrauen in die
Demokratie zu geben. Die Öffnung von Schulen und Jugendeinrichtungen auch für
Bürger/innen ist darunter ein Aspekt. Um so mehr verwunderte es, dass die meisten Kandidat/innen
mit den Leitlinien für Grünau nichts anzufangen wussten, ja diese nicht einmal kannten (obwohl
in Kurzform im »Grün-As«
abgedruckt und im öffentlich ausliegenden Protokoll des Forums Grünau
im Stadtteilladen zugänglich).
Die Leitlinien beinhalten eine Vision von Grünau als kinder- und familienfreundlicher
Stadtteil, als das Zentrum am Stadtrand, als »Gartenstadt«
(Grün- und Freiräume sind vorhanden,
hier gehört auch das Projekt »Gartenschau im Plattenbau«
hinein), als Stadtteil, in dem
Arbeiten genauso möglich wird (durch vorhandene Räume und lokale Initiativen wie der Ideen- und
Kontaktbörse oder des Quartiertsmanagements) wie ökologische Stadterneuerung (durch die
»Ökonomie der großen Zahl«
). Grünau besitzt ein großes informelles Potential, woraus eine
Strategie der Beteiligung als »Stadterneuerungslabor«
resultiert. Diese Leitbilder wurden von
Akteuren in Grünau entwickelt. Sie nehmen bewußt die verschiedenen Potentiale Grünaus auf. Als
Orientierung für die Zukunft Grünaus als lebendiger, lebenswerter Stadtteil können sie
wesentlich zu einem Positiv-Image des Stadtteils beitragen.
Doch dazu müssen sie auch in den verschiedenen (Entscheidungs-)Gremien eine Rolle spielen, eben auch durch Grünauer Politiker/innen in Diskussionen eingebracht und weitergegeben werden. Es muß deutlich werden, dass Grünau hier bereits einen Schritt weiter ist als viele andere Stadtteile. Das Publikum erinnerte die Politiker/innen an ihre Verantwortung für die Grünauer Bürger/innen. So wurde nachgefragt, wie sie Einfluß nehmen wollten auf mehr Bürgernähe und Bürgerbeteiligung bei Entscheidungen.
Als Beispiele für diesbezügliche »Pannen«
wurden genannt:
- das zu kleine und mit Baumängeln behaftete Schwimmbad
- das Auslegen der Entwürfe für den Stadtteilpark im WK
8 ausschließlich im Stadtteilladen im WK 4 (erst auf Initiative der Bürger und des KOMM e.V.
wurden die Entwürfe
vor Ort
im WK 8 diskutiert). - Entscheidungen zu Großprojekten wie den S-Bahn-Tunnel.
Die Politiker reagierten vor allem auf letztgenanntes Beispiel. Die Vertreter/innen von SPD,
CDU und DSU votieren für den Tunnel als wichtiges Projekt, das die Entwicklung der Großstadt
Leipzig zur »Welt«
- und Touristenstadt befördere. Bündnis 90/Die Grünen und PDS lehnen den
Tunnel ab und fordern, das dafür notwendige Geld z. B. stärker für die Entwicklung der
Stadtquartiere einzusetzen (zum Beispiel Sanierung von Kindertagesstätten, Schulen, Sport- und
Kulturstätten usw.) Sie mahnten an, dass die Stadt verschiedene Varianten der Verkehrsführung
neben des Tunnelprojektes prüfen müsse.
Der Abend endete mit dem dringenden Appell aus dem Publikum an die Politiker/innen, sich über Parteigrenzen und Befindlichkeiten hinweg gemeinsam für Grünau zu engagieren.
Schließlich erhalten die neuen Stadträte ihr Mandat von den Grünauer/innen und damit auch den Auftrag, alles für die Erhaltung und Entwicklung Grünaus zu einen lebendigen und lebensfähigen Stadtteil zu tun.
KOMM e.V. Weiter>>>