Grün-As

3. Bürgerhaus mit bedürfnisorientierter Nutzer- und Funktionsvielfalt

Zum Grünauer Stammtisch (eine monatlich stattfindende Veranstaltungsreihe der Volkshochschule gemeinsam mit dem KOMM e.V., bei der die Entwicklung des Stadtteils im Mittelpunkt steht) Anfang März 2001 trafen sich rund 30 Personen, um über inhaltliche Aspekte, Funktionen, Nutzungsmöglichkeiten und potenzielle Mieter des Bürgerhauses zu diskutieren. Die wichtigsten Ergebnisse - das heißt, Vorschläge, Wünsche und Ideen, die über das bisherige Profil des KOMM-Hauses und der Volkshochschuleangebote hinaus gehen - sind in der Anlage zusammengefasst.

Um dem Hauptanliegen des Bürgerhauses - ein sozio-kulturelles Begegnungszentrum - gerecht zu werden, sollten die Mieten relativ gering sein, damit es Vereinen und nichtprofitorientierten Interessensgruppen möglich ist, Räume zu mieten und zu nutzen. Da die neuen Nutzungen einen Umbau des Hauses (unter anderem soll auf der oberen Etage ein großer Saal entstehen) notwendig machen, der enorme Kosten erfordert, hängt das Gelingen des Projektes von der Bereitstellung von Fördermitteln ab. Grundsätzlich ist die Förderfähigkeit der Errichtung einer Gemeinbedarfseinrichtung durch einen privaten Investor gegeben.

3.1. Sozial-kulturelle Gemeinbedarfseinrichtung

Als Hauptmieter des Bürgerhauses ist das Kulturamt mit dem KOMM-Haus und all seinen gegenwärtigen Angeboten vorgesehen. Hinzu kommen die bisherigen Mieter und Nutzer des KOMM- Hauses wie Volkshochschule, Zentrum für Integration, Beratungsprojekt Drahtseil, Sektion Schach des FC Sachsen, der KOMM e.V. und die Redaktion des Stadtteilmagazins Grün-As. Wie bereits unter 1.2. ausgeführt, bieten die neuen räumlichen Möglichkeiten die Chance, den Grünauern und anderen Interessenten ein qualitativ und quantitativ breiteres Veranstaltungsprogramm zu offerieren.

Weitere potenzielle Interessenten sind der Filmklub Titanic (vorgesehen für die Kellerräume) und die Mobile Jugendarbeit, die derzeit die Räume einer Erdgeschosswohnung nutzt. Bei Befragungen wurde der zunehmende Bedarf der Bevölkerung an Beratungen deutlich und damit der Wunsch, entsprechende Einrichtungen und Vereine als Mieter zu gewinnen, die vor Ort Hilfe anbieten, wie beispielsweise das Quartiersmanagement.

Der Grünauer Wohnkomplex 8 gehört zu den drei Gebieten in der Stadt Leipzig (neben dem WK 7 und Volkmarsdorf), in denen ein Stadtteilmoderator beauftragt wurde, die weitere zukunftsorientierte Entwicklung zu befördern. Träger des Quartiersmanagements WK 8 ist der Caritasverband Leipzig, und demzufolge ist der gegenwärtige Standort das Caritas Kinder-, Jugend- und Familienzentrum in der Liliensteinstraße. Das Zentrum befindet sich in randlicher Lage zwischen Grünau und Lausen, abseits häufig frequentierter Fuß-/Radwege. Dem gegenüber bietet die gute Erreichbarkeit des Bürgerhauses im WK8 dem Quartiersmoderator Vorteile für seine wichtige Arbeit im Gebiet:

  • einerseits, damit der Moderator für viele Bürger problemlos erreichbar ist, und
  • andererseits, damit er selbst in unmittelbarem Kontakt mit den gemeinwesenorientierten Hauptakteuren im Stadtteil steht.

Um der zunehmenden Politikverdrossenheit entgegen zu wirken, der Bevölkerung Politik verständlich zu machen und Bewohner zum Engagement zu bewegen, ist es notwendig, dass die Parteien und ihre gewählten Vertreter auf die Menschen zugehen, den direkten Kontakt suchen, dass sich Kommunalpolitiker den Problemen vor Ort stellen. Mit einem eigenen Büro in einem Bürgerhaus präsent zu sein, das bietet den Parteien die Chance, direkt und unmittelbar mit aktuellen Ereignissen im Stadtteil konfrontiert und einbezogen zu werden. Ein freier Wohnungsmarkt, auf dem Wohnraum in allen Lagen und zu relativ günstigen Preisen zur Verfügung steht, der nach wie vor anhaltende Drang zum Eigenheim, der Wegzug zu den Arbeitsplätzen - immer mehr Wohnungseigentümer erkennen die Notwendigkeit, neben der bloßen Wohnungsverwaltung auf sozialem Gebiet aktiv zu werden, um die Mieter an ihr Unternehmen zu binden. Verbesserungen des Wohnumfeldes und die Schaffung von attraktiven Begegnungsstätten gehören dazu. Auf Grund der Größe des Stadtteils ist es jedoch gerade für ältere Menschen - objektiv und subjektiv bedingt - problematisch, größere Distanzen zu überwinden. Daher sind Anlaufpunkte der Wohnungseigentümer im näheren Umfeld wünschenswert. Sehr gute Erfahrungen mit dem »Kümmern« um ältere Mieter wurden im Kontaktladen der Wohnungsgenossenschaft Kontakt gemacht (spezielle Veranstaltungen für "Junggeliebene", Feier runder Geburtstage oder dass einfach nur jemand da ist, mit dem man sich unterhalten kann). Entscheidend ist für die älteren Menschen die Nähe zwischen Wohnort und Begegnungsstätte.

Im neuen Bürgerhaus können mehrere Eigentümer gemeinsam einen Raum mieten, ihn für eigene Veranstaltungen - Mieterberatung - nutzen oder beispielsweise der Volkssolidarität (die sich um ältere Bewohner kümmert) bei Bedarf zur Verfügung stellen. Auch für die Tätigkeit von Wohlfahrtsverbänden (Caritas, AWO, die bisher Räumlichkeiten im Keller des Ärztehauses nutzte) sollte das Haus offen stehen, denn Betreuungsfunktionen werden in zunehmenden Maße im Stadtteil benötigt: Der Altersdurchschnitt der Bevölkerung steigt; Pflege kann oftmals nicht im Familienverbund realisiert werden; viele ältere Bewohner möchten aber auch ihr gewohntes Umfeld nicht verlassen.

Einen großen Gewinn für das Bürgerhaus ist es, wenn das Theatrium - neben professionellen Schauspielern agieren hier Kinder und Jugendliche - in das Gebäude zieht. Theateraufführungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sprechen ein breites Publikum an. Neben Abendveranstaltungen stehen tagsüber Aufführungen für Kindergruppen und Schulklassen auf dem Plan. Dazu sind eigene Räumlichkeiten notwendig, einschließlich Theaterbühne/-saal.

Für die Einrichtung eines Internetcafés hat der Kabelnetzbetreiber Primacom bereits entsprechende Anschlüsse zugesagt. Dadurch ließen sich Projekte wie »Senioren ans Netz«, Internetschulungen (durch VHS oder andere) realisieren, oder Grünauer installieren sich hier ihre eigenen elektronischen Briefkästen.
Die Einrichtung eines speziellen Grünau-Archivs (eine umfangreiche Literatur- und Dokumentensammlung liegt bereits vor), ergänzt durch interessante Ausstellungsstücke aus Vergangenheit und Gegenwart des Stadtteils erfüllt Bildungsaufgaben und wirkt gleichzeitig identitätsstiftend.

Auf Grund der räumlichen Bedingungen in den Grünauer Wohnungen, wo wenig Platz zum Werkeln ist, kann davon ausgegangen werden, dass ein Bedarf an einer Selbsthilfewerkstatt vorliegt - unter Verwaltung des Trägervereins, mit einem handwerklich versierten Ansprechpartner, der beispielsweise Kindern und Jugendlichen auch mal zeigen kann, wie man einen defekten Fahrradschlauch repariert. Dafür bieten sich die Kellerräume des Bürgerhauses an.

3.2. Kommunale Funktionen

Im Stadtteil Grünau gibt es zwei Bürgerämter (im Zentrum in der Stuttgarter Allee und im Ratzelbogen, der jedoch eine ungünstige Lage aufweist, aber durch einen langfristigen Mietvertrag bleibt dieser Standort noch mehrere Jahre bestehen). Durch die Eingemeindungen von Lausen und Miltitz hat Leipzig viele neue Einwohner am westlichen Stadtrand gewonnen, die städtische Dienstleistungen in Anspruch nehmen müssen. Diese Tatsache und die hohe Einwohnerdichte der Wohnkomplexe 7 und 8 sprechen für eine städtische Anlaufstelle im Bürgerhaus, wo der Bürger dann notwendige Angelegenheiten erledigen kann. Günstige Lage und Erreichbarkeit sprechen für diesen Standort. Andererseits erhöht sich durch diese Funktion die Frequentierung des Bürgerhauses, und wer auf dem Amt etwas zu erledigen hat, wird auch gleich noch mit anderen Angeboten des Hauses konfrontiert. Das trifft auf alteingesessene Grünauer zu, aber besonders auch für Neubürger, die oftmals nur hören »Hier ist ja nichts los«. Durch das Zusammenwirken Bürgeramt/-büro und Bürgerhaus werden Bewohner ganz direkt auf spezifische Stadtteilaktivitäten und -möglichkeiten aufmerksam gemacht, die sie sonst nicht wahrnehmen und nutzen würden.

Die Symbiose Bürgeramt-Bürgerhaus entspricht den Forderungen der Leipziger Agenda 21: Stadt der kurzen Wege und Ausbau des Netzes von örtlichen Bürgerämtern, Stadtteilläden, u. ä. Dienstleistungseinrichtungen, dabei Verknüpfung ihrer Funktionen. Auf der anderen Seite stellen hohe Besucher-/Teilnehmer-/Nutzerzahlen im Bürgerhaus eine notwendige Voraussetzung dar, um das Haus subventionsfrei betreiben zu können. Denkbar ist auch die Einrichtung einer Außenstelle der Bürgerämter Ratzelbogen und Stuttgarter Allee ähnlich dem Modell Engelsdorf/Mölkau.

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