Grün-As

Der Pappelwald hat Zuwachs bekommen

ImageLink Anfang November wurden in Markranstädt ca. 3 ha neuer Wald gepflanzt. Er verbindet den Pappelwald mit der neuen Siedlung an der Karlstraße. Hauptmotor war die Stiftung Wald für Sachsen. Die Stiftung ist stets auf Suche nach geeigneten Flächen und Grundstücksbesitzern, die bereit sind, Wald anzupflanzen. Anders können die Mittel nicht ausgegeben werden, über die die Stiftung verfügt.

Für den See ist diese Neuaufforstung wichtig. Er lebt vor allem von der Landschaft um das Wasser herum. Davon kann sich jeder überzeugen, der einmal an einen neu gefluteten Tagebau fährt um den noch alles kahl ist. Wald und Wasser gehören zusammen. Im Gegensatz zum Pappelwald entsteht an der Karlstraße ein Mischwald, vorwiegend aus Ahorn, Linden, Erlen und Eschen. Unter der Hochspannungsleitung wachsen nun Schlehen, wilde Rosen, Hartriegel, Weißdorn und Pfaffenhütchen, Sträucher, die nicht so hoch werden. Da es im Pappelwald mehr Rehe gibt, als im Winter gutes Futter vorhanden ist, wird der neue Wald eingezäunt. Anderenfalls würden die hungrigen Rehe im Winter die jungen Bäumchen abfressen. In einem richtigen Urwald würde so etwas nicht geschehen.

Bild Die Rinde junger Bäume, Knospen und Zweige sind für Rehe (und Hasen, aber die sind dort so selten, dass sie nicht weiter ins Gewicht fallen) kein Kraftfutter, sondern karge Notnahrung. Die Folge sind geschwächte Tiere, die in der Wildnis eine leichte Beute der Wölfe werden. Wo es Wölfe gibt, gibt es keine Waldschäden durch Wildfraß. Die Rehe und anderen Wildtiere sind aber in ihrem Bestand durch die Wölfe nicht bedroht: solange es gutes Futter gibt, sind die Wildtiere gesund und kräftig und fallen den Wölfen nur selten zum Opfer. Wölfe, Luchse und Bären, gibt es bei uns nicht mehr, zumindest beim Luchs kann man vielleicht auch sagen noch nicht wieder. Das Wild vermehrt sich und muss nun durch uns Menschen in die Schranken gewiesen werden, um den Wald zu schützen. Da die Jäger zu wenig schießen, muss der Zaun die hungrigen Rehe abhalten.

In Markranstädt waren die Offiziellen eigenartig zurückhaltend. Auf meine Frage, wann es weitergeht, sagte mir Markranstädts Vize-Bürgermeister König viel über den Flächennutzungsplan und Planungsprozeduren. Von Leidenschaft für neuen Wald und Visionen war nichts zu hören. Ein Waldfreak redet anders. An den Markranstädtern kann es nicht liegen. Von denen waren ca. 120 anwesend, deutlich mehr als eine Woche vorher Röthaer anwesend waren, als der neue Röthaer Wald mit Unterstützung des Rotary-Clubs Zuwachs bekam. Was möglich ist, wenn es in den Orten eine engagierte Waldlobby gibt, zeigt Größpösna. Dort hat sich vor allem die frühere Bürgermeisterin und jetzige Landrätin Petra Köpping stark gemacht. Als Ergebnis ist das Oberholz um mehr als 60 ha gewachsen. Aber so weit brauchten Markranstädts Stadtväter nicht zu reisen. Großlehnas neuer Wald wird in den nächsten Jahren auf 30 ha wachsen. Längs der Autobahn entsteht so gegenwärtig ein 100 m breiter und 3 km langer Waldstreifen. Der wird unter anderem den Autobahnlärm schlucken und krebserregende Autoabgase aus der Luft filtern. Auch als Deckung für Hasen, Rebhühner und andere Tiere ist er gar nicht hoch genug einzuschätzen. Großlehna wird wie Großpösna von einer Frau regiert, Carina Radon. Die war in Markranstädt beim Pflanzen übrigens dabei.

Markranstädt plant eventuell längs der Umgehungsstraße, die am Rondell nahe des Sees beginnt und nach Großlehna führt, weiter aufzuforsten. Genauere Vorstellungen gibt es aber nach Auskunft von Vize-Bürgermeister König noch nicht. Ein leidiges Problem sind teilweise noch immer ungeklärte Eigentumsverhältnisse und der Mangel an Flächen bzw. an Flächeneigentümern, die bereit sind, mit Fördermitteln unterstützt, aufzuforsten. Das wäre im Raum Markranstädt bitter nötig: So wenig Wald, Hecken oder kleinere Feldgehölze gibt es sonst im unmittelbaren Umfeld von Leipzig nicht. Nur der alte Kreis Delitzsch ist noch wald- und gehölzärmer. Um das zu ändern, müssen die Bewohner mehr Druck machen. Nicht nur Markranstädt, auch Leipzig tut sich schwer beim Aufforsten.

Dabei gäbe es gerade um Grünau herum reichlich geeignete Flächen, die sich zumindest teilweise im Besitz der Stadt befinden. Das betrifft zum Beispiel Gebiete am Hafen, den Nordrand von Grünau und auch den Südrand. Die Hauptursache für das schwache Engagement von Verwaltung und Stadtrat in Sachen Wald sind wohl einfach allgemeines Desinteresse an Umweltfragen, Angst die Bevölkerung in Sachen Wald zu mobilisieren, weil das den Widerstand gegen weitere Angriffe auf den Auwald natürlich verstärken würde. So sind Pläne im Süden eine neue Straße durch den Auwald zu ziehen noch immer nicht endgültig passé, auch wenn sie im Moment nicht aktiv verfolgt werden, weil es dazu an Geld mangelt. Einige Flächen werden auch freigehalten, um sie für eventuelle Olympiabauten zur Verfügung zu haben. Dieses Warten auf Olympia kann sich über Jahrzehnte hinziehen und die Stadtentwicklung stark behindern, weil es Geld verbraucht und Flächen blockiert, die dann doch nicht gebraucht werden, falls die Spiele irgendwann in ferner Zukunft doch nach Leipzig kommen sollten. Da 2004 die Spiele in Athen, also Europa, stattfinden, halte ich sowohl 2012 als auch 2016 ein Votum des IOC für Europa oder gar Deutschland für unwahrscheinlich. Südafrika und Amerika sind da wohl vor uns dran und Europa besteht nicht nur aus Deutschland.

Bild Der neue Wald am See ist ein Projekt des grünen Ringes. Grüner Ring, das ist ein Verbund von Leipzig und den Umlandkommunen zur gemeinsamen Entwicklung der Landschaft um Leipzig. Die Ziele, die bis 2005 erreicht werden sollen, sind anspruchsvoll. So sollen insgesamt 200 ha neuer Wald gepflanzt, 200 km Hecken angelegt, sowie 100 km neue, autofreie Rad- und Wanderwege gebaut werden. Die Landwirtschaft soll zu 100% umweltgerecht betrieben werden, was auch immer das heißen mag. Denn im Moment hat die Landwirtschaft um Leipzig mit Umweltschutz kaum etwas zu tun: Viel zu große Felder ohne Raine und Hecken, viel zu enge Fruchtfolge, die einen massiven Einsatz von Dünger und Schädlingsbekämpfung erzwingen, lassen vielen Tieren, darunter die einst um Leipzig häufigen Hasen und Rebhühner, kaum noch Raum zum Überleben. Um diese anspruchsvollen Ziele zu erreichen, bedarf es Unterstützung und Druck durch die Bevölkerung. Nur wenn die Leipziger das energisch fordern, werden wir in Zukunft um Leipzig wieder eine naturnahe Landschaft haben, die zur Naherholung, zum Wandern und Radfahren einlädt.

Schon erwähnt wurde die Stiftung Wald für Sachsen. Sie ist der eigentliche Motor der Waldmehrungsprojekte rund um Leipzig und darüber hinaus in ganz Sachsen. Gegründet wurde sie 1996, um zu helfen das Ziel der sächsischen Regierung zu erreichen, den Waldanteil in Sachsen von 27% auf 30% (das ist der Durchschnitt Deutschlands) zu erhöhen. Bisher hat sie 334 ha neuen Wald in Sachsen mit auf den Weg gebracht. Das ist wenig, obwohl eine enorme Lobbyarbeit dahinter steht. Seit 1993 sind Sachsens Wälder um 3380 ha gewachsen. Um das Ziel der Staatsregierung zu erreichen, fehlen noch über 40000 ha. Wächst der Wald im bisherigen Tempo weiter, dauert es noch 90 Jahre, bis das erreicht ist.

Die Fördermittel sind an Bedingungen geknüpft. So muss eine hohe Dichte von Bäumen erreicht werden. Schon in wenigen Jahren wird dann ausgelichtet werden. Außerdem sind die Bäumchen in Nestern gleicher Art gepflanzt worden, um zu sichern, dass alle Arten gleiche Chancen haben. Anderenfalls würden schnellwüchsige Arten die langsameren überwachsen und verdrängen. Es wird einige Jahrzehnte dauern bis aus dem gut sortierten Forstacker ein richtiger bunter Wald geworden ist.

Einer, der unermüdlich auch in seiner Freizeit für ein schnelleres Tempo bei der Aufforstung kämpft, ist der Projektleiter der Stiftung Gerhard Tümmler. Sein unermüdliches Eintreten für den Wald hat ihm in seinem Wohnort Zwenkau den heftigen Zorn des Bürgermeisters eingetragen. Der hat sich dafür stark gemacht, ca. 25 ha Wald am Südufer des Cospudener Sees zu roden, um Platz für einen Eventpark zu schaffen. Nötig gewesen wäre das nicht: es gibt im Süden Leipzigs genügend geeignete freie Flächen, auch wenn die Tagebaue dort erst in den nächsten Jahren mit Wasser gefüllt sein werden. Klar ist, dass Waldpioniere wie Tümmler ihre Ziele nur erreichen werden, wenn sie von möglichst vielen engagierten Bürgern gegen kurzsichtige Politiker und Wirtschaftslobbyisten unterstützt werden.

Eine spannende Frage ist: Wie geht es mit dem Pappelwald weiter? Ich habe dazu mit dem Herrn Sommer von der Forstverwaltung gesprochen. Das letzte Wort haben dazu der Zweckverband Kulkwitzer See und die Stadt Markranstädt. Ich werde versuchen, darüber mehr zu erfahren und im nächsten Heft des Grün As darüber zu berichten.

Dr. Leonhard Kasek
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