Grün-As

Wall of Fame

Es war einmal die »Wall of Fame« (1993-2003)

Ein einzigartige farbenfrohe Ära ist in Leipzig unverhofft und schnell beendet worden. Der als »Wall of Fame« bekannt gewordenen Rückwand des AMZ Opelautohauses am Karl-Heine-Kanal wurde ein einheitlicher weißer Anstrich verpasst. Am 20. Oktober 2003 besiegelten der Bürgermeister Tschense, das Aktionsbündnis »STATTbild«, der Verein »Sauberes Umfeld Leipzig«, der neue Autohausbesitzer u.a. das Endgültige. Mit dieser Maßnahme wurde den Leipziger Graffitikünstlern nun die letzte Möglichkeit genommen, sich legal und außerhalb von Aufträgen künstlerisch zu entfalten.

Bild Mit einem friedlichen Trauerzug bekundeten letzten Sonntag, dem internationalen Tag der Toleranz, ca. 200 Leipziger gemeinsam, wie sehr ihnen dieses Stück Leipzig am Herzen lag! An der »Wall of Fame« legten sie Trauerkränze nieder, stellten Holzkreuze auf und zündeten Kerzen an.

Eine kleine Delegation der Sprayerszene besuchte außerdem am vergangenen Dienstag die Bürgersprechstunde mit dem Leipziger OBM Tiefensee. Er wurde mit dem Sachverhalt der Schließung, sowie mit dem Gesuch einer neuen »Wall of Fame« konfrontiert. Die vor versammeltem Publikum verkündete Schaffung von Alternativwänden ist abzuwarten, sicher steht unser Anliegen in Zeiten von Olympia nicht auf Punkt 1 der Tagesordnung!

Für uns Sprüher ist es nicht leicht die alte Wand so schnell zu vergessen und sofort an ein neues »Baby« zu denken, besonders wenn man sich vor Augen hält wie unverhofft und unbürokratisch sie verschwand. Dennoch müssen wir der Realität ins Auge sehen und froh sein, wenn man uns ein winziges, klitzekleines Mäuerchen in irgendeinem delegationsfreien Hinterhof anbietet! Wir hoffen trotzdem auf einen würdigen Ersatz!

Bild Manch Mitbürger hat nicht selten ein verzerrtes Bild vom typischen Graffitikünstler: zwischen 13 und 19 Jahren, Schule schwänzend oder arbeitslos, drogenabhängig oder mindestens Raucher, aus niedrigen sozialen Verhältnissen, faul und nicht sonderlich künstlerisch begabt (»…das gann ich och!… «)! Diese Vorurteile dienen letztlich nur zur vorschnellen Degradierung einer äußerst energiegeladenen, kreativen und frischen Kunstbewegung, die von Jugendlichen und einer großen Anzahl junger Erwachsener gelebt wird und zwar als Hobby nach Schulschluss und getaner Arbeit!

Im Internet ist zu diesem Thema unter www.profame.de eine Website geschaltet, die sich intensiv und kritisch mit diesem Thema beschäftigt. Dort kann man auch an einer Unterschriftenaktion teilnehmen oder sich einfach nur über den Stand der Dinge informieren!
Michael Kogel

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