Lange Haare, heiße Beats
KOMM-Haus wird zur angesagten Kundenadresse
Neulich sah ich die größte Kundenansammlung meines bisherigen Lebens - völlig unbewusst zunächst. Nein, ich war nicht bei der Neueröffnung von Karstadt, sondern im Anker. Der Anlass - das Begräbnis von Leipzigs Beat- Legende Klaus (Renft) Jentzsch war zwar eigentlich eher traurig - die Party zu seinem Gedenken und in seinem Sinne hingegen grandios. Zum Tanz auf seinem Grab hatte Renft vor seinem Tode aufgefordert. Die über 1000 erschienenen Kunden erfüllten ihrem einstigen Idol den letzten Wunsch - ich auch.
Ich kann mir gut vorstellen, wie sich einige von Ihnen jetzt fragen: Wer oder was - um Himmels Willen - ist denn nun ein Kunde!? Ich erhielt auf die gleiche Frage folgende Antwort: Wenn ein ordentlicher Kunde eines nicht ist, dann ordentlich. Als ich etwas hilflos dreinschaute, erklärte mir mein Freund (selbst ehemaliger Kunde): Das waren halt so Typen mit langen Haaren, ausgewaschenen Jeans, Parka und Tramper- oder Jesuslatschen. Und ohne diese äußeren Erkennungsmerkmale durfte man sich keinesfalls so betiteln. Schlagartig wurde mir - der ich erst nach der Kundenära pubertierte - bewusst, warum brave DDR-Bürger diese jungen Leute gerne auch als Gammler bezeichneten. Übrigens: Eine beliebte Strafe für Kundentum war die Verschleppung zum örtlichen Frisör - damit wurden aus den Gammlern wirkliche Kunden - Frisierkunden nämlich.
So weit, so gut. Der vorangegangenen Personenbeschreibung fehlt noch ein entscheidendes Detail: Die unabdingbare Liebe zur Beatmusik und die Glorifizierung ihrer Beat-Ikonen der 60er und 70er Jahre. Letztere sangen - anders als die heutigen so genannten Super- oder Megastars - live, wenn sie vorzugsweise in kleineren Clubs oder Kulturhäusern vor ihr kundiges Publikum traten. Kleine Räume hatten dabei unter anderem den Vorteil, dass man die Drums direkt im Bauchraum spürte - auch diese Erkenntnisse habe ich meinem Freund zu verdanken. Dass er bei seinen Schilderungen glasige Augen bekommt, verrate ich Ihnen nur hinter vorgehaltener Hand.
Vibrierende Organe und Temperaturen jenseits der 40 Grad gab’s damals für wenig Geld.
Heutzutage müssen selbst Kunden normalerweise tief in die Tasche greifen, um dieses gewisse Beatgefühl
wieder aufleben zu lassen. Und da das meinen Freund und die ganze Kundschaft ärgert, hat er sich etwas
überlegt: Ein Live-Konzert mit Scirocco - der Band, die einstmals ihre unkundigen Tanten besang. Für
wenig Geld gibt’s also für alle Kunden dieser Welt am 9. Dezember, 20 Uhr im KOMMHaus
bekannte Hits der 70er in den Bauch und auf die Ohren. Erkunden lohnt sich.
Magda
Karten im Vorverkauf für 6 Euro im KOMM-Haus und im Stadtteilladen, an der Abendkasse 8 Euro.
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