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Jazz ist anders

CD von Die Ärzte

Die Doppel-CD Geräusch war für Die Ärzte ein künstlerischer Befreiungsschlag voller Experimente und musikalischer Grenzgänge. Auf Jazz ist anders präsentiert man sich wieder etwas kompakter, hat aber erneut einige originelle Ohrwürmer in der Hinterhand.

Nach der aufwändigen Geräusch-Produktion rudern Bela, Farin und Rod zurück und machen wieder alles selbst. Zum ersten Mal seit ihrem Debütalbum Debil fungieren sie wieder als Produzenten (was ihnen vorzüglich gelingt), auf Gastmusiker wird verzichtet, und sogar die Fotos im Booklet hat man selbst geschossen. Musikalisch blickt das Trio allerdings nicht zurück, sondern wie immer nur nach vorn. Die 16 neuen Songs (plus drei auf der Bonus-EP) haben Tiefgang, sind facettenreich, stilistisch enorm breit gefächert und niemals Kopien alter Ärzte-Hits. Die beste Band der Welt (aus Berlin) pendelt zwischen rabiatem Punk (»Junge«, »Breit«, »Heulerei«), komplexem Avantgarde-Rock (»Tu das nicht«), Funk (»Deine Freundin (wäre mir zu anstrengend)«), fast schon schmerzhaft öligen Balladen (»Niedliches Liebeslied«, »Nur einen Kuss«) und gut gelauntem Sonnenschein-Rock (»Lasse redn«, »Perfekt«). Auch textlich tanzt man gewohnt souverän und clever auf diversen Hochzeiten - mit Jazz ist anders stellen Die Ärzte einmal mehr eindrucksvoll ihren Sonderstatus in der deutschen Musikszene unter Beweis.

Michael Rensen
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Drachenläufer

Taschenbuch

Amir, Sohn eines wohlhabenden Paschtunen, verbindet eine enge Freundschaft mit Hassan, dem Sohn des Hausdieners. Die Jungen verbringen ihre Kindheit wie Brüder, und zu ihren Lieblingsbeschäftigungen gehört es, Drachen steigen zu lassen. Doch eines Tages begeht Amir auf furchtbare Weise Verrat an Hassan, ihre Freundschaft zerbricht. Jahrzehnte später sieht Amir dann die Gelegenheit, seinen schlimmen Fehler wiedergutzumachen. Doch gleichzeitig zweifelt er daran, die große Schuld, die er als Kind auf sich geladen hat, so viele Jahre später sühnen zu können.

Ob man es nun als die bewegende Geschichte einer Freundschaft oder als Parabel auf Afghanistan und die Möglichkeiten eines Neubeginns liest: Literarisch ist dieses Buch ein Glücksfall. Die stilistische Eleganz, die wunderbar lebendige Sprache, die kunstvoll konstruierte Handlung - für einen Roman- Erstling ist Drachenläufer unglaublich gut erzählt. Und beinahe en passant gewährt der Autor Einblick in die Geschichte und den Alltag des Landes. Wenn der Leser Amir in das friedliche Kabul der 70er Jahre folgt, vergisst er die Bilder von russischen Panzern und Taliban-Kämpfern. Der Drachenläufer gibt Hoffnung - und zwar auf eine Weise, wie es nur die Literatur vermag. Übrigens hat man sie in den letzten Jahren wieder gesichtet: die Drachen am Himmel Afghanistans.

Roland Große Holtforth
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