Zeigen, was möglich ist
Wenn von Stadtumbau in Grünau die Rede ist, darf eine mögliche Variante der Veränderung auf gar keinen Fall fehlen: Das Terrassenhaus. Es war und ist praktisch der Inbegriff eines umgebauten Plattenbaublocks und der Entwurf aus dem Stadtentwicklungsplan des Jahres 2000 begeisterte verständlicherweise die Grünauer, die sich nach ein bisschen mehr Innovation im Umgang mit ihrem Stadtteil sehnten. Bislang jedoch blieb es eine Vision. Denn obwohl sich einige Wohnungseigentümer dem Modell der abgetreppten Häuser angenommen haben, konnte es mangels finanzieller Förderung in Leipzig noch nie verwirklicht werden.
Dass fehlende Fördermittel jedoch kein Hinderungsgrund sein müssen, stellt die Wohnungsgenossenschaft
KONTAKT ab Mai in der Uranusstraße 35 bis 39 und 41 bis 47 unter Beweis. Aus Eigenmitteln will sie bis
Novemberdieses Jahres das erste Terrassenhaus im viel gescholtenen WK VII entstehen lassen. Dies
wiederum dürfte auch dem ASW gefallen, denn schon lange träumt Amtsleiter Karsten Gerkens von kleinen
Clustern, die positiv auf ihr Umfeld ausstrahlen. Bei der Umsetzung des Terrassenhauses baut die
Genossenschaft auf alt bewährtes Know How: »Wir arbeiten mit einer Firma zusammen, die schon
in Thüringen ihre Erfahrungen auf dem Gebiet gesammelt hat. Die wissen, wie das geht«
, ist sich
KONTAKT-Vorstandschef Rainer Löhnert sicher.
Trotzdem. Der teilweise Rückbau, bei dem die unteren Etagen ganz normal bewohnt sein werden, wird nicht nur zur Nervenprobe der verbleibenden Mieter, sondern ist darüber hinaus auch kein ganz leichtes Unterfangen...
Eine schwierige Phase wäre beispielsweise die Entfernung des so genannten
Kassettendachs und der damit verbundene Rückbau der Medien. Für die Arbeiten an einem Eingang hat man
sich ein Limit von gerade einmal zwei Tagen gesetzt. Löhnert ist dennoch optimistisch: »Wir
haben das Projekt gemeinsam mit der Montagefirma entwickelt. Eigentlich kann nichts schief
gehen.«
Viel größere Sorgen machte sich die KONTAKT im Vorfeld über eventuelle Probleme mit ihren Mietern.
Denn durch den Rückbau der sechsten, fünften und teilweise vierten Etagen werden zukünftig 43 Wohnungen
weniger zur Verfügung stehen - Wohnungen, von denen noch 15 vermietet waren und deren Bewohner
umgelenkt werden mussten. Die Sorge stellte sich glücklicherweise als unbegründet heraus. »Es
gab keinen, der sich irgendwie gesträubt hätte, in ein anderes Quartier zu ziehen. Wir konnten alle
adäquat unterbringen «
, freut sich Rainer Löhnert über die gelungene Umzugsaktion.
Dass 28 Quartiere in den oberen beiden Stockwerken des Sanierungsblocks bereits leer standen, zeigt,
warum dieser Teilrückbau so sinnvoll ist: Von dort hat man zwar einen schönen Ausblick, aber die
Quartiere zählen trotzdem nicht zu den beliebtesten - es sei denn das Haus verfügt über eine
Aufzugsanlage. »Aufzüge haben wir schon an mehrere unserer Häuser angebaut - zuletzt im
Ostseeviertel im WK VIII. Dieses Mal wollten wir einfach etwas Neues ausprobieren und der Umbau peppt
sein Umfeld visuell enorm auf. Außerdem ist er die finanziell günstigere Variante«
, erklärt
Löhnert die Entscheidung für das Terrassenhaus. Nun ist die Investitionssumme von einer Million Euro
zwar nicht gerade unerheblich, rentiert sich aber auf Dauer. Denn dem entgegen stünden Anschaffungs-,
vor allem aber Betriebskosten, einer Aufzugsanlage und die seien erheblich teurer.
Auch in einem anderen Bereich setzt die Genossenschaft auf Kostenersparnis für ihre Mieter. Eine elektronisch gesteuerte
Holzpellets-Heizanlage wird darum zukünftig für nötige Wärme im Terrassenhaus sorgen. Rainer Löhnert schwärmt von dieser
Lösung: »Wir bauen die Anlage selbst ein - es ist bereits unsere siebente und die größte ihrer Art in Sachsen.
Damit sparen wir bis zu einem Drittel der bisherigen Warmwasser- und Heizungskosten und übrig bleibt eine Hand voll
Asche.«
Für den umgebauten Block mit der reduzierten Anzahl der Wohnungen bietet dich diese Heizung, mit der man
sich natürlich auch unabhängig von städtischer Fernwärme und etwaigen Preiserhöhungen macht, an.
Doch damit nicht genug: Zu Teilrückbau, dem entsprechend komplett neuen Dach und der innovativen Heizanlage kommen noch
weitere Sanierungsarbeiten hinzu. So wird das Haus um 68 Balkone und zusätzliche Türen sowie Treppenaufgänge an den Seiten
erweitert und auch die Fassade bekommt einen neuen Anstrich. So dürfte im »Problemviertel«
nördlich des
Jupiterzentrums ein echtes Schmuckstück entstehen, das - wenn alles gut klappt - Modellcharakter bekommen könnte. Nämlich
dann, wenn sich andere Wohnungseigentümer für die Technologie der KONTAKT interessieren. »Mit dem Projekt wollen
wir einfach auch mal zeigen, was alles möglich ist. Und natürlich würden wir unser Wissen und unsere Erfahrungen anderen
zur Verfügung stellen«
, so Löhnert mit einem Augenzwinkern.
Die enorme Nachfrage nach den wenigen Terrassenwohnungen, die in der Uranusstraße entstehen, macht Mut für viele Nachahmer. Denn bereits vor Baubeginn hat die KONTAKT so viele Bewerbungen, dass sie jede davon doppelt und dreifach vermieten könnte.