Grün-As

Ohne Polizei für mehr Sicherheit?

Was passiert mit dem Revier in Grünau? - ein Kommentar von Jürgen Kasek

Trübe hängen graue Wolken über Grünau.Und genauso trübe sieht es mit der Polizeistation in Grünau, Ratzelstraße 222, aus. Im Gespräch ist die Schließung selbiger und Zusammenführung mit der Polizeistation in Altwest. Dies würde bedeuten, dass der bevölkerungsreichste Stadtteil von Leipzig demnächst über kein eigenes Polizeirevier verfügt.

Denn die Änderung soll bereits zum 01.01.2009 Gültigkeit erlangen. Konkrete Aussagen von der Polizei dazu sind bis auf Weiteres Fehlanzeige. Konkrete Aussagen der Stadt? Fehlen auch.Was bleibt ist ein mulmiges Gefühl. Bereits Anfang des Jahres war abzusehen, dass sich eine Veränderung der Polizeistruktur in Leipzig in nächster Zeit ergeben würde. Damals jedoch mit der Aussage, dass das Polizeirevier Grünau jedenfalls erhalten bleibt.Diese Aussage wurde gegenüber dem Quartiersmanagement gemacht. Bei einer großen Leipziger Tageszeitung wurde hingegen die Aussage gemacht, dass eine Schließung zumindest nicht ausgeschlossen werden könne, aber die Ratzelstraße als Revier, gewissermaßen als Außenposten, erhalten bleibt.

Bild
Polizeirevier Grünau

Schon zu Beginn des Jahres ergab sich also ein durchaus widersprüchliches Bild. Was folgte war das bekannte Schweigen im Walde. Das Thema verlor an Brisanz und wurde zunächst ad acta gelegt. Doch mittlerweile ist angesichts des nahenden Termins Bewegung in die Angelegenheit gekommen. Bei der Sitzung des Stadtbezirksbeirates Altwest am 5. November wurden die Mitglieder darüber informiert, dass die Polizeireviere West und Altwest zusammengelegt werden und zwar in das Polizeirevier Altwest. Kurze Zeit später gelangte die Meldung auch zum Quartiersrat West. Dieser reagierte umgehend mit einem offenen Brief an den sächsischen Innenminister Albrecht Butollo. Dort heißt es:

»Die Schließung des Polizeireviers Leipzig-Grünau würde das bestehende Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger deutlich mindern. Ganz abgesehen von der Möglichkeit des persönlichen Vorsprechens auf dem Revier. Da auch dieser Stadtteil vom demografischen Wandel betroffen ist und der Anteil älterer Menschen in Grünau stetig wächst, haben vor allem diese ein wesentlich höheres Sicherheitsbedürfnis, welches nach Schließung des Reviers in keinster Weise mehr gewährleistet werden könnte. Da der Stadtteil bereits heute mit vielen Problemen zu kämpfen hat, trägt die Schließung des Reviers vor Ort und somit die verminderte Sicherheit nicht zu einer Problementschärfung bei.«

Vorher hatten schon die Grünen interveniert. Mittlerweile haben sich auch die Linke und die SPD in kurzen Stellungnahmen dem Protest angeschlossen. Dass es Protest geben würde, war dabei abzusehen. Denn Fehler sind einige gemacht worden. Ins Auge sticht zunächst die vollkommen undurchsichtige Situation. Warum wurde keiner der Akteure in Grünau frühzeitig in die Planungen einbezogen? Warum wurde der Stadtbezirksbeirat in Altwest informiert, der Beirat in West aber nicht?

Die ganze Situation hat den Anschein, als sollten heimlich, still und leise, Fakten geschaffen werden, in der Hoffnung, dass es keine große Diskussion gibt. Sollte dies der Plan der Polizeiführung gewesen sein, dann kann bereits jetzt konstatiert werden, dass er gründlich gescheitert ist. Dass es auch Sachargumente geben kann, die eine Zusammenführung durchaus rechtfertigen könnten, ist in den Hintergrund gerutscht. Die Diskussion über die Sicherheit in Leipzig ist so nicht zu führen.Damit lässt sich bereits jetzt - unabhängig vom Ausgang der Geschichte - feststellen: Das Image der Polizei hat gelitten.

Die Auseinandersetzung hat noch eine politische Dimension. Die Polizei untersteht dem Innenministerium. Oberster Dienstherr ist somit Albrecht Butollo, CDU. Genau von der CDU, die immer und immer wieder meint, dass Leipzig ein ernstliches Sicherheitsproblem hätte, was sich freilich anhand der Zahlen kaum belegen lässt. Während auf kommunaler Ebene also eine Situation der Angst beschworen wird, wird im Lande heimlich die Polizei reformiert, um Gelder zu sparen. Ergebnis: Die Zahl der Beamten hat in den letzten Jahren abgenommen, die Anzahl an Polizeirevieren auch. Das Sicherheitsempfinden der Bürger leidet.

Das alles wirft auch kein gutes Licht auf die CDU, die Sicherheit propagiert und Kameraüberwachung fordert. Denn eine Kameraüberwachung des öffentlichen Raumes, die nicht nur gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz verstößt, vermag im Ernstfall nicht, Straftaten zu verhindern. Auch wird eine Kamera im Ernstfall keine Nachbarschaftsstreitigkeit schlichten können oder ein offenes Ohr für die Probleme des Bürgers haben. Selten ist der Bürger so offenkundig hinters Licht geführt worden. Na dann gute Nacht.

Jürgen Kasek
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