Eigentlich ist immer Tag der offenen Tür
Neuer CaritasLaden stellt sich vor
»Sie müssen unbedingt ein Stück elbst gebackenen Kuchen probieren«
, sagt Ute Rieger und reicht einen
Teller mit leckerem Gebäck über den Tisch. »Dazu vielleicht noch einen Kaffee?«
Die Kundin nickt, nimmt
ihr Getränk entgegen und lässt es sich erst einmal schmecken, während schon der nächste Teller ausgegeben wird. Auf der
improvisierten Kuchentheke stehen noch vier volle Bleche - der Tag ist noch lang und der Besucheransturm will kein Ende
nehmen. Es ist Anfang Februar. Tag der offenen Tür im neu eröffneten CaritasLaden im Untergeschoss der Alten Salzstraße 54.
Eigentlich, so sagt die für den Laden zuständige Mitarbeiterin Henriette Stöhr-Menze, hätte die Einrichtung ja immer eine
offene Tür. Aber man wollte einen solchen Anlass nutzen, sich den Grünauern einmal vorzustellen, Fragen zu beantworten, ins
Gespräch zu kommen. Die Idee geht auf. Zwischen Regalen voller Textilien, Kinderspielzeug, Haushaltwaren und Möbeln drängen
sich immer mehr Neugierige - nicht alle potenzielle Kunden. Denn im CaritasLaden kann nicht jeder einkaufen.
»Unser Angebot richtet sich an Menschen aus schwachen Einkommensverhältnissen«
, so Stöhr-Menze.
»Um hier etwas erwerben zu können, sollte man einen Leipzig-Pass oder die Bescheinigung über den Bezug von ALG II
dabei haben.«
Zumindest, wenn man das erste Mal in das caritative Geschäft geht. Die meisten Menschen, die sich
in der Einrichtung mit dem Allernötigsten versorgen, sind jedoch Stammkunden. Denn den CaritasLaden gibt es schon seit
geraumer Zeit. »Wir hatten Räumlichkeiten in der Liliensteinstraße und auch in Lindenau. Die Zustände waren jedoch
sehr beengt. Wir hatten kaum noch Platz, die vielen Sachspenden zu lagern - Möbel konnten wir beispielsweise gar nicht
ausstellen«
, erzählt Henriette Stöhr-Menze. Nach Umzug und Zusammenlegung der Läden, ist dies nun auf insgesamt
300 Quadratmetern möglich, die Arbeitsbedingungen wurden praktisch optimiert.
Und auch für Besucher hat die neue Lage einen entscheiden den Vorteil - sie ist zentral und mit öffentlichen
Verkehrsmitteln gut zu erreichen. 1000 Besucher aus ganz Leipzig kamen schon innerhalb der ersten drei Wochen. Aus dem
»Hinterhof«
verbannt, fühlen sich viele Bedürftige auch nicht mehr gehemmt, hier einzukaufen, weiß eine
langjährige ehrenamtliche Helferin: »Jetzt ist es eben wie ein ganz normaler Laden«
, meint die
Rentnerin. Ganz normal ist er aber trotzdem nicht. So sucht man Preisschilder etwa vergebens. Richtig bezahlt wird nämlich
nicht, sondern lediglich ein Obolus entrichtet. Bei einem Euro für Pullover oder Strickjacken - manchmal kriegt man dafür
sogar drei Teile - oder 20 Euro für eine Schrankwand, ist es auch nicht mehr als ein solcher . Hinzu kommen kostenlose
soziale Hilfsdienste wie Stromspar-Check und Wohnungssuchdienst.
Und noch etwas ist anders als im normalen Geschäftsleben: die Anzahl der Mitarbeiter . Über 30 Helfer kümmern sich
liebevoll um den Laden und dessen Kunden - davon allein 21 auf ehrenamtlicher Basis. Natürlich nicht alle auf einmal, aber
20 können es schon während der Öffnungszeiten sein. Die sind auch nötig, denn es gibt immer etwas zu tun. Zudem bindet die
kleine Möbelwerkstatt im Lager vier Arbeitskräfte. Nicht immer kommen die Spenden in einwandfreien Zustand zur Caritas.
»Manchmal müssen wir etwas ausbessern oder reparieren und dann kommt noch der Abhol- und Lieferservice
hinzu«
, gibt ein 55-jähriger ehemaliger Schlosser zu bedenken. Vor Kurzem noch selbst in einer Notsituation,
freut er sich über die Möglichkeit im CaritasLaden als ABM-Kraft arbeiten zu können und fühlt sich sichtlich wohl unter den
vielen Damen. »Das Team ist echt toll, die Stimmung ist gut. Wir verstehen uns alle super«
, sagt er .
Zunächst sei er skeptisch gewesen, hatte geglaubt, viele würden die Gelegenheit nutzen, ihren Sperrmüll kostengünstig
loszuwerden.
Das hat sich glücklicherweise nichtbestätigt: »Die Leute überlassen uns stellenweise richtig gute
Sachen«
, sagt er noch, bevor er sich umdreht und eine Kiste angeliefertes Porzellan in Empfang nimmt. Während das
Geschirr katalogisiert, einsortiert wird und auf seine Liebhaber wartet, strömen immer mehr Menschen in den Laden unter dem
Elfgeschosser in der Alten Salzstraße. Viele verlassen ihn wieder mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht und einer
Tüte in der Hand. Auch die Dame vom Kuchenbuffet ist fündig geworden. Stolz präsentiert sie sich in ein Paar Winterstiefeln
und erntet Beifall von den »Verkäuferinnen«
. Und morgen ist wieder Tag der offenen Tür.