Mehr als sinnlose Schnörkel
Wer Grünau nicht kennt, spricht gerne davon, dass der Stadtteil trist und grau sei. Dabei fehlt es den meisten Wänden wahrlich nicht an Farbe. Allerdings zieren zumeist sinnlose Tacs oder perfide Parolen die hiesigen Fassaden, verursachen jährlich Schäden in Millionenhöhe, erzürnen die Bewohner und lassen Hauseigentümer sowie kommunale Verantwortliche schier verzweifeln. Dass es auch anders geht, beweist seit März ein großflächiges Graffiti am Garagenhof in Nähe des Ratzelbogens.
Dies ist nicht nur ein wahres Kunstwerk, sondern darüber hinaus auch gewollt, legal und sogar durch kommunale Stellen
gefördert. Sebastian Drechsel vom Leipziger Graffiti-Verein erzählt, wieso: »Wir waren seit längerem auf der Suche nach
Flächen in Stadtteilen, wo Nazis gerade sehr umtriebig sind - also in Grünau, Lindenau oder Leutzsch. Es ging uns bei
diesem Projekt nämlich nicht nur darum, eine Fassade zu verschönern, sondern das Graffiti sollte eine ganz bestimmte
Botschaft beinhalten.«
Mit einer Figur wie Martin Luther King, der für Respekt, Abschaffung der Rassentrennung in den USA und Gewaltfreiheit steht, habe man dies umsetzen können, so der junge Projektorganisator. Seit über zehn Jahren engagiert sich der Graffitiverein mit vielen verschiedenen Aktionen im gesamten Stadtgebiet, so auch in Grünauer Schulen und Einrichtungen. Dies sei jedoch die erste Aktion mit einer eindeutigen politischen Intention gewesen. Die Garagengemeinschaft, die zunächst skeptisch war, zeigte sich über das Ergebnis höchst zufrieden. Ursprünglich kam der Vorstand auf die jungen Sprayer zu, weil er die langweilige Fassade ein wenig bunter haben wollte.
Geld hatten sie jedoch keines übrig und so kam man auf die Idee, das Auftragswerk mit Mitteln des Lokalen Aktionsplanes
zu finanzieren. Ginge es nach dem Willen der Graffiti-Künstler, würden sie bald wieder loslegen. Eine passende Wand hat man
sich schon ausgeguckt und steht derzeit in Verhandlungen mit deren Eigentümer, dem Sport- und Bäderamt. Wenn die Planung
steht, wird die Turnhalle An der Kotsche demnächst sehr viel schöner aussehen. »Grün-As«
bleibt dran.