Grün-As

Der lange Weg zum AJZ

Beinah auf den Tag genau zehn Jahre nach Gründung des Bunte Platte e.V. (siehe Chronik auf der nächsten Seite) konnte das gleichnamige Jugendzentrum am 1. August nach fast zweijähriger Domizilsuche wieder eröffnet werden. Höchste Zeit - denn die einst 20-köpfigen Gruppe, die zunächst am Kulkwitzer See ihr AJZ gründete, diesen Standort aber im Herbst 2007 aufgeben musste, war während ihrer Obdachlosigkeit zu einem kleinen Häufchen zusammengeschrumpft. »Viel hätte nicht mehr gefehlt und wir hätten uns aufgelöst«, sind sich die jungen Leute sicher. Nicht zuletzt darum wurde die Suche nach neuen Räumlichkeiten immer dringlicher.

»Einfach war das ganz sicher nicht«, berichtet der Vereinsvorsitzende der Bunten Platte - von allen nur Locke genannt. Einige Objekte kamen für das Projekt in Frage, aber überall fand sich der berühmte Haken. Die Sanierung der alten Gaststätte Garskestraße im WK 5.1, die durch einen Brand und langen Leerstand völlig heruntergekommen war, hätte Unsummen verschlungen - Geld, das die Jugendlichen natürlich nicht hatten und des auch seitens potenzieller Förderer nicht investiert werden konnte. Der Einzug in einen Flachbau an der Alten Salzstraße im WK 2 wurde unter anderem aufgrund massiver Anwohner-Proteste verhindert. Sie fürchteten mit Ansiedlung eines linken Jugendprojektes um ihre Ruhe. »Das ist leider typisch«, erzählt Locke.

Der gebürtige Seebenischer kennt die Argumentation vieler Grünauer: »Es ist gar nicht unbedingt so, dass sie unsere Einstellung ablehnen oder das, was wir machen. Sie haben nur einfach Angst, dass das AJZ und damit ihr Wohnumfeld zur Zielscheibe wird.« Dass diese Vermutung nicht von ungefähr kommt, ist auch den engagierten jungen Leuten bewusst, aber: »deswegen einen alternativen Treff zu verhindern, ist genau die falsche Herangehensweise«, arguemntiert Locke, der 23-jährige Altenpfleger. Denn anstatt das eigentliche Problem - das nach wie vor starke Auftreten der rechten Szene im Stadtteil - zu bekämpfen, würden nur diejenigen verdammt, die darüber aufklären und etwas an der Situation ändern wollen.

Bild Während die Bunte Platte in Grünau noch um Anerkennung rang, erhielten sie diese im November 2008 vom Land Sachsen in Form des Demokratiepreises und einem Scheck in Höhe von 15.000 Euro. Geld, das die Suche nach Räumlichkeiten stark vereinfachte und letztlich auch vorerst beendete. Anfang 2009 gab die Stadt nämlich bekannt, sich aus dem Objekt Pfaffensteinstraße 12 im WK 8.3 zurückzuziehen. Die Pläne sahen eine Zusammenlegung der Freizeittreffs »Olympic« und »Völle« am Standort Stuttgarter Allee vor. Der leer werdende Flachbau, dessen Eigentümer nach wie vor das Jugendamt ist, wurde dem AJZ angeboten. Es folgten teilweise recht zähe Verhandlungen mit dem Amt - gestritten wurde unter anderem über die Sicherungsmaßnahmen am Gebäude und die Höhe des Mietpreises. Dieser beträgt nun satte 1.300 Euro im Monat und kann derzeit nur aufgrund des Preisgeldes gestemmt werden. Es ist absehbar, wann diese Quelle erschöpft sein wird, dann bedarf es entweder eines Förderantrages beim Jugendamt, der wiederum mit gewissen Einschränkungen für die Betreiber verbunden sein könnte, oder der Betrag muss selbst erwirtschaftet werden.

Bild Dass letzteres sehr schwer ist, weiß jeder, der sich mit Kultur- und Freizeitangeboten in Grünau über Wasser halten muss. Die jungen Leute - allesamt noch Schüler oder berufstätig - ahnen, was auf sie zukommt, haben Pläne geschmiedet und hoffen, dass es so ruhig bleibt, wie bislang. Denn allen Unkenrufen seitens der Grünauer und einiger Stadtteilpolitiker zum Trotz, ist bis auf eine zerstörte Eingangsscheibe und ein paar Naziparolen noch nichts vorgefallen. Eine Welle der Gewalt, wie von SPD-Stadtrat Heiko Bär prognostiziert, ist nicht über Grünau geschwappt und auch die viel beschworenen brennenden Müllcontainer, hat man hier noch nicht beklagen müssen. »Wir wollen einfach nur in Ruhe unser Ding machen. Unser Hauptanliegen ist, mit unserem Treff die Jugend hier zu halten, ihnen hier etwas anzubieten«, resümiert Locke. Damit leistet die Gruppe, deren Zahl sich mit Aussicht auf ein neues Zuhause längst wieder auf über 20 erhöht hat, wichtige Stadtteilarbeit.

Klaudia Naceur
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