Gedanken zum Fest
Matthias Möbius
»Den Heiligen Abend lasse ich mir nicht nehmen«
hat ein marxistischer Freund mir einmal gestanden.
»Was feierst du da eigentlich?«
habe ich ihn gefragt. Nun denken Sie ja nicht, dass wir es als
Christfestprofis damit leichter haben, nur weil wir für Andere jedes Jahr diese Stunden mitgestalten. Ihnen in Erinnerung
zu rufen, was wir da feiern und Jemandem womöglich eine Freude zu bereiten, ist das Eine; für sich selbst zur Besinnung zu
kommen, sich selbst beschenken zu lassen und ein Gespür für Verdanktes zu entwickeln, ist schon deutlich schwerer!
Etwas weiterzugeben ist mit Sicherheit im Sinne des Geburtstagskindes. Um aber selbst etwas empfangen zu können,
empfehle ich die ganz simplen Bräuche der Alten: Den Besuch einer Christvesper, Musik, Abendessen und danach die
»Bescherung«
mit Zeit für Menschen, die einem wichtig sind. Was feiern wir eigentlich? Dass es Dinge gibt,
die wir uns nicht selbst sagen oder schenken müssen. Gott sei Dank! Das will ich mir nicht nehmen lassen.
Karl-Heinz Obser
Alle Jahre wieder, wenn das Weihnachtsfest vor der Tür steht, nimmt auch unsereiner sich stets vor, in der Adventszeit die ganze Familie auf den festlichen Höhepunkt dieser Wochen und Tage geeignet einzustimmen. Eine mehr oder weniger konsequente Absage an den kommerziellen Trubel draußen ist damit freilich verbunden.
Und man überlegt, wie hatten es die Eltern und Großeltern damals angestellt, den Kindern und Enkeln diese wunderbare Atmosphäre der Vorweihnachtszeit zu vermitteln?
Mit einfachsten Mitteln und schmalem Geldbeutel, versteht sich. Neben dem vorweihnachtlichen Duft von Gebäck und Kerzen
erschien zum Beispiel meiner Mutter damals das Vorlesen eines Grimmschen Märchens für meinen Bruder und mich tageweise vor
Schulbeginn am vorweihnachtlich geschmückten Tisch als eine gute Idee, eine solche Stimmung zu verbreiten. Die Kerzen
leuchteten in der dunklen »Guten«
Stube auf dem festlich weiß gedeckten Tisch und auch unsere Großmutter
von nebenan fehlte nicht. Die Frage in heutiger, ungesund hektischer Zeit lautet ja, wie wurde so etwas eigentlich in den
50er Jahren geschafft? Klar, der Vater und Familienernährer war früh zeitig schon auf Arbeit.
In der Vorweihnachtszeit wurden von uns Kindern die elterlichen und vielsagend angekündigten »Gänge zum
Weihnachtsmann«
in die Stadt sehr aufmerksam verfolgt. Und es war »Brauch«
von uns beiden, die
Ergebnisse heimlich im oberen Fach des Kleiderschrankes im elterlichen Schlafzimmer in Augenschein zu nehmen, so dass wir
schon wussten, wie die Bescherung zum Fest ausfallen wird.
Wir verrieten uns aber nicht und entfalteten am Weihnachtsabend nach pflichtgemäßen Vortrag eines Gedichtes einen großen Begeisterungssturm am Gabentisch. Einmal wurde am Weihnachtsabend von uns beiden sogar ein Rollenspiel auf Englisch eingeübt und vorgetragen, was große Verwunderung und Anerkennung unserer Eltern zur Folge hatte.