Grün-As

Sonne über Grünau strahlt fürs Klima und den Investor

Arwed-Rossbach-Schule: Erste private Solaranlage auf kommunaler Dachfläche eingeweiht

Bare Münze aus dem Sonnenschein herauszuholen und dabei aktiven Klimaschutz betreiben - das ist wahrlich keine neue Erfindung. Dass die Stadt Leipzig ihre Dächer für diesen Zweck an private Investoren hergibt, dagegen schon. Ende Februar wurde die erste Photovoltaik-Anlage dieser Art in luftiger Höhe offiziell eingeweiht. Dafür stiegen Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht, die Investoren Rolf und Lysann Döring und Vertreter der Arwed-Rossbach-Schule aufs Dach.

Mehr als 500 Module auf 1600 Quadratmetern sind es, die seit November des vergangenen Jahres die Sonne über Grünau in Energie umwandeln. Vor Kurzem wurde das Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt. »Der Standort war unser Favorit«, sagt Rolf Döring, der zusammen mit seiner Tochter etwa 200.000 Euro in die Photovoltaik-Anlage auf dem Schuldach im Wohnkomplex 8 investiert hat. Es handle sich um ein »gutes Dach«, sagt Döring und meint damit nicht die Bausubstanz: Vielmehr kann die Sonne ungestört und mit gutem Einfallswinkel auf die neue Anlage prasseln. Ist das Jahr nicht allzu wolkenverhangen, speisen die Dörings mittels der ersten Bürgersolaranlage auf einer Immobilie der Stadt Leipzig ungefähr 85.000 Kilowattstunden ins Netz ein. »Das entspricht dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 25 Haushalten« , sagt der Investor.

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Rolf Döring (Investor) und Roland Bahr, Energieberater der ausführenden Firma Montagebau Schober.

Für jede Kilowattstunde bekommt er eine gesetzlich festgelegte Vergütung, hier etwa 32 Cent. Knallharte Renditeorientierung sei das nicht, meint Döring, der sich eher als »Freizeit-Unternehmer« bezeichnet, aber auch hauptberuflich in der Branche Umweltschutz tätig ist. »Mein Hauptanliegen ist tatsächlich der Klimaschutz. Aber den kann man nur umsetzen, wenn es auch profitabel ist - die Überzeugung allein reicht da natürlich nicht.« Wichtig ist: Die einst hohen Zahlungen für privat erzeugten Sonnenstrom werden per Gesetz stufenweise kleiner. Je später also ein solches Projekt beginnt, desto schlechter ist die Vergütung. Genau deshalb wäre ein früherer Einstieg für die Sächsische Naturenergie GbR - so heißt das im März 2010 gegründete Unternehmen der Dörings - erstrebenswert gewesen.

»Die Idee reifte schon 2008, mit den Ämtern reden wir seit 2009«, beschreibt Rolf Döring die Startschwierigkeiten. Auch für Fördergelder des Freistaats habe es nicht gereicht, weil die Anlage eben erst im November 2010 in Betrieb ging. Weitere Investoren seien ebenfalls wegen der langen Startphase abgesprungen, sodass die Dörings das Projekt nun alleine stemmen. Dennoch gibt sich der Unternehmer insgesamt zufrieden: »Wir haben zwar viel Geld verloren. Trotzdem sind wir froh, dass wir die Ausschreibung gewonnen haben und planen für 2011 noch eine weitere derartige Investition.« Für Sonnenstrom habe man sich ganz bewusst entschieden, weil es besonders viel Kohlenstoffdioxid einspare. Für die Firma ist es bereits das zweite Engagement nach einer kurz zuvor installierten Anlage auf dem Dach des Eilenburger Finanzamtes.

Alle Werte lassen sich unter www.naturenergie-sachsen.de tagesaktuell abrufen. Wer sich bevorzugt für den Klimaschutz interessiert, erfährt die Höhe der vermiedenen CO2-Emission. Wer hingegen am rollenden Rubel interessiert ist, erfährt: Am Tag, als es in Leipzig zum Totalausfall der Straßenbahnen kam (8. Dezember), hat das vermietete Schuldach nur 4 Euro eingebracht, am sonnigen Weltfrauentag (8. März) dagegen stolze 156 Euro. Die Rendite liege Döring zufolge nicht mehr im zweistelligen Bereich. Weil das trotzdem mehr ist als die durchschnittliche Bankanlage, und weil das Ziel Umweltschutz ein ehrbares ist, rät der engagierte Unternehmer unbedingt zur Nachahmung. Die Möglichkeit zur gemeinsam finanzierten Bürgersolaranlage könne Leute zusammenbringen, die sich gemeinsam für das Klima stark machen, aber alleine keine ausreichenden Mittel hätten.

Der Stadt kommt das Ansinnen gerade recht. Sie positioniert sich mit etlichen Klimaschutzmaßnahmen, Bürgermeister Uwe Albrecht bezeichnet Leipzig gar als »Energiemetropole« und steigt höchstselbst öffentlichkeitwirksam auf das Grünauer Schuldach: Die Photovoltaik-Anlage im WK 8 sei »ein weiterer Schritt, das Engagement der Bürger für die erneuerbaren Energien zu fördern.« Dafür kommt die Stadt privaten Investoren wie Döring ein gehöriges Stück entgegen: Gerade einmal 10 Cent pro Quadratmeter seien jährlich ins Stadtsäckel einzuzahlen, wenn es sich um eine Bürgersolaranlage handele, heißt es aus dem Schulverwaltungsamt mit Verweis auf Stadtratsbeschluss und Mustergestattungsvertrag. Heißt: Mit einem ordentlichen Sommertag hat Döring die Jahresmiete wieder rein. Allerdings muss in der Kalkulation berücksichtigt werden, dass auch der jährliche Betrieb und der spätere Abbau der Anlage weitere Kosten verursachen.

Indes werde auch die Arwed-Rossbach-Schule von ihrer neuen Dachbebauung und dem Großdisplay im Eingangsbereich profitieren, meint der stellvertretende Schulleiter Andreas Schuster: »Wir planen, die Anlage insbesondere in den naturwissenschaftlichen Unterricht einzubeziehen. Aber auch während der Projektwoche könnte sie uns nutzen.«

Während ebenerdig angebrachte Module mitunter sehr gut vor Diebstahl geschützt werden müssen, hat Unternehmer Döring hier wenig Sorge. Gegen Wetterkapriolen müsse man aber gut versichert sein. Was jedoch am wichtigsten erscheint: Der Standort selbst muss langfristig sicher sein - grünautypischer Rückbau ist tabu. Denn profitabel ist die Anlage erst nach etlichen Betriebsjahren, wenn die Anschaffungskosten wieder eingespielt sind. Thomas Lingk vom Amt für Wirtschaftsförderung gibt diesbezüglich Entwarnung: »Das wird vorher genau geprüft. Da gibt es keinerlei Bedenken.« Einzig das Wetter ist nun die entscheidende Variable. Mit Blick aufs Klima und den eigenen Geldbeutel wünschen sich die Betreiber daher vor allem eins: Sonnenschein über Grünau.

Reinhard Franke
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